Schiwas feuriger Atem
Augen schloß, bekam sie Gleichgewichtsstörungen und geriet ins Schwanken. »Das ist ja eine schöne Sorte Gas…«
»Ohne diese Granaten geht es nicht. Der Mob wird jeden Tag schlimmer. Besonders hier in der Nähe vom Cape und in Vandenberg. Washington auch.« Er zuckte die Achseln. »Chuck mußte alle Basen dichtmachen. Jetzt kommt keiner mehr so leicht rein oder raus.«
»Die ganze Zeit?« fragte sie und sah ihn von der Seite an.
Er nickte achselzuckend. »Ging nicht anders. Sind Sie jetzt okay?«
Sie nickte mühsam und hielt sich die Schläfe. »Lassen Sie mich zu Diego.«
»Gewiß doch. Hier lang.«
Sie gingen in den nächsten Behandlungsraum, wo Diego sie müde, aber lächelnd begrüßte: »Hei! Bist du all right?«
»Schwach, aber willig. Hast du dir was gebrochen?«
»Nee. Paar Kratzer und Beulen.« Er deutete mit dem Daumen auf Jack Barrow, den PR-Assistenten. »Der da erzählt mir grade, daß alle NASA-Anlagen abgeriegelt sind. Schade, Baby, ich wollte morgen noch mal mit dir fein essen gehen.«
Sie umarmte ihn. »Von jetzt an nur noch die Cafeteria in der Kaserne, Liebling.«
»Wir veröffentlichen nichts darüber«, bemerkte Jack mit einem Blick auf seinen Boss.
»Stimmt«, bestätigte Orr, »also reden Sie bitte nicht davon. Die Leute sollen nicht den Eindruck haben, daß wir so verletzlich sind. Ein Glück, daß der Offizier Sie beide erkannt hat, als der ganze Haufen in den Knast transportiert wurde.«
Lisa verzog das Gesicht. Es hätte verdammt gefährlich werden können, dachte sie, wenn wir in einer Zelle von Gabriels unsere Personalien hätten angeben müssen. »Ich komme mir so blöd vor«, sagte sie.
Orr zuckte die Achseln. »Blöd sind die Gabriels. Wie sie sich einbilden können, daß Schiwa die Erde reinigen wird, ist mir schleierhaft. Das ist ja nicht so wie bei denen, die in die Rocky Mountains oder in den Himalaja gehen und Kolonien für eine neue Gesellschaft säen wollen. Die stecken mit den Köpfen in philosophischen Löchern.« Knurrend schickte er sich zum Gehen an. »Seht euch von jetzt ab ein bißchen vor, ja?«
»Hier unten gewiß«, grinste Diego.
11. Januar: Kollision minus 4 Monate, 15 Tage
Wieder beherrschte Carl Jagens die Szene, sowohl durch seine ganze Art, als auch dadurch, daß er jeden Astronauten und jedes Mitglied der Bodenteams mit kurzen Worten zur einen oder anderen Seite des Konferenzsaals dirigierte. Die meisten gehorchten schweigend, oder mit einem kleinen resignierten Seufzer. Da Carl willens schien, die Verantwortung der Führerschaft samt der damit verbundenen Mühe zu übernehmen, taten sie, was er ihnen sagte, ohne groß zu murren. Mit einem Blick verabschiedete sich Diego Calderon von Lisa und ging zur anderen Seite hinüber, wo diejenigen saßen, die für das Alpha-Team ausgewählt waren.
Nur drei Personen saßen noch abseits, und zwei von ihnen erkannte Lisa sofort: Zaborowskij und die Nissen, zwei russische Top-Kosmonauten. Zaborowskij kannte sie bereits von früher her – ein untersetzter, bärenhafter Mann, der ewig unrasiert wirkte. Doch Olga Nissen kannte sie nur vom Hörensagen. Die Russin warf ihr einen undurchdringlichen Blick zu und sah dann zu dem nächsten Astronauten hinüber, der in den Saal kam.
Carl Jagens sah noch etwas auf seinem Steckbrett nach und legte es dann entschlossen weg. »So, Leute, macht’s euch bequem. Zunächst will ich unsere russischen Kollegen vorstellen, die uns bei unserer Mission helfen werden.«
Zaborowskij zog bei diesen Worten die Brauen zusammen und blickte Jagens finster an; doch der blonden Kosmonautin war nicht anzumerken, ob sie die leichte Abwertung empfand, die in Jagens’ Worten lag.
»Zuerst stelle ich Ihnen Olga Nissen vor.« Königliches Kopfneigen von Seiten der dunkelblonden Olga Nissen und ein schmetternder, aber rasch ersterbender Applaus.
»Alexei Zaborowskij kennen Sie alle schon, glaube ich.«
Einige Astronauten winkten ihm lässig zu, und der Russe nickte höflich.
»Und, last, not least, Dimitri Ewgenowitsch Menschow.«
»Das ist also Menschow«, flüsterte Lisa, und mehrere in ihrer Nähe nickten, den berühmten, aber in der Öffentlichkeit wenig bekannten Kosmonauten neugierig musternd. Selbst für einen Raumfahrer war er klein; und er hatte ein ganz gewöhnliches Gesicht, blaß und unauffällig. Ein Bauerngesicht, dachte Lisa, ganz anders als Zaborowskijs Bärenschnauze oder die leicht patrizierhafte Fassade der Nissen. Und doch war er der große Weltraumheld
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