Schlachtfeld der Verfluchten
aus. Er ist sehr ernst gewesen. So ernst, dass ich davon ausgehe, dass er ebenfalls über diese Wesen informiert war. Er hat davon gesprochen, dass es unter den Amazonen Frauen gab, die man als weibliche Schamanen bezeichnen könnte. Als Zauberinnen, die alles taten, damit sie einen Weg fanden, um den Tod zu überwinden. Die Königin hat sich darum wenig gekümmert, so konnten die Schamaninnen ohne Störung forschen.«
»Haben Sie denn etwas erreicht?«
Karina lächelte leicht gequält. »Ob sie etwas erreicht haben, kann ich dir nicht sagen. Aber bei Juri fiel immer wieder der Name Atema. Sie muss eine sehr mächtige Person bei den Amazonen gewesen sein. Auf sie hat man gehört, weil sie in Kontakt mit den Geistern der Verstorbenen stand, die ihr Auskunft und auch Kraft gaben. In den weit zerteilten Dörfern in der Steppe kennt man den Namen noch heute. Er wird immer nur flüsternd ausgesprochen, man hütete sich auch davor, damit an die Öffentlichkeit zu treten. So bleibt alles innerhalb eines Zirkels und sehr geheim. Doch es gibt Menschen – dazu gehörte auch Juri –, die fest daran glauben, dass die Amazonen nicht für alle Zeiten vernichtet sind, sondern darauf warten, wiederzukommen.«
»Müssen sie noch warten?«, fragte Suko. »Wir haben sie doch gesehen, und sie haben es sogar bis London geschafft, wobei mir das ein Rätsel ist.«
»Auch darüber sprach ich mit Juri.« Karina senkte den Blick. »Er war der Meinung, dass es eine Gruppe von Frauen gibt, die heute noch so leben wie die Amazonen, die aber streng darauf achten, dass ihre Existenz geheim bleibt, und die angeblich einen Pakt mit den Geistern ihrer Ahnen geschlossen haben.«
»Wie sähe der aus?«
»Es ist die Verbindung zwischen dem Tod und dem Leben. Die Lebenden werden durch die Geister geführt. Jede heutige Amazone besitzt so einen Geistführer, der in ihr steckt, wie Juri meinte, und sie alle sind dem Schlachtfeld der Verfluchten entwichen, das laut Juri eine magische Zone ist. Davon ließ er sich nicht abbringen. Und ebenfalls nicht von dieser neuen Anführerin namens Atema.«
»Hat er sie schon mal gesehen?«
»Anscheinend schon, John. Er sprach von einer schwer bewaffneten Frau mit roten Haaren. In der Dunkelheit soll sie hin und wieder durch die Dörfer reiten, um neue Mitglieder zu rekrutieren. Sie nehmen nicht jede junge Frau, nur solche, die sie als reinrassig ansehen, bei denen sich noch die alte Erbmasse gehalten hat. Hin und wieder verschwinden welche. Und so stirbt das Volk nie aus, sagte Juri.«
Suko und ich schauten uns an. Was wir gehört hatten, das hätte für einen normalen Menschen zu fantastisch geklungen, aber wir waren andere Dinge gewohnt, und so gingen wir zunächst davon aus, dass wir den Aussagen glauben durften.
Ich dachte an die Amazone in London. Sie war kein Zombie gewesen, aber auch keine normale Frau. Ich ging davon aus, dass diese Person als Festkörper gedient hatte, und zwar für den Geist einer Amazone, die vor langer Zeit auf dem Schlachtfeld der Verfluchten gefallen war.
Hörte sich kompliziert an, war aber in der Wirklichkeit recht einfach.
Suko sagte nichts. Aber Karina Grischin lächelte, weil sie gespannt auf unsere Antwort wartete.
»Jetzt wissen wir schon einiges«, sagte ich, »nur noch nicht, wie es weitergeht.«
Karina setzte ihr Glas ab, aus dem sie getrunken hatte. »Natürlich habe ich mir schon etwas überlegt.«
»Wir hören.«
»Juri hat mir genau erzählt, woher er kam. Es ist ein kleiner Ort in der Steppe, und Juri war davon überzeugt, dass er am Rande des alten Schlachtfelds liegt. Deshalb schlage ich vor, dass wir unsere Nachforschungen dort weiterführen.«
Suko und ich schauten uns an. Beide hatten wir keinen besseren Vorschlag, und so stimmten wir zu.
»Okay, dann geht es morgen früh los. Was zu besorgen ist, darum kümmere ich mich.«
»Weißt du ungefähr, wie lange wir so unterwegs sein werden? Die Steppe hat ja keine Autobahn.«
»Rechne mit mindestens drei Stunden.«
»Das lässt sich ertragen.«
»Meine ich auch. Ich denke auch, dass es das für heute gewesen ist, denn die beiden Amazonen finden wir nicht mehr. Die haben sich längst in die Steppe zurückgezogen.«
»Aber sie werden auch nichts vergessen haben«, sagte ich.
»Wie meinst du das, John?«
»Sie werden ihren Freundinnen von uns berichten. Deshalb könnte es durchaus sein, dass man uns erwartet.«
»Ja«, gab Karina zu. »Ganz ausschließen können wir das natürlich nicht. Aber man
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