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Schlachthof 5

Schlachthof 5

Titel: Schlachthof 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Vonnegut
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achthundert Pfund Milchpulver und zwei Tonnen Orangenmarmelade verfügten.
    Sie hielten alles das in einem fensterlosen Raum aufbewahrt. Sie hatten ihn gegen Ratten abgesichert, indem sie ihn mit flach geklopften Konservendosen auskleideten.

    Sie wurden von den Deutschen restlos bewundert, weil diese der Ansicht waren, sie seien genau so, wie Engländer sein sollten. Sie ließen den Krieg als stilvoll, vernünftig und als eine heitere Angelegenheit erscheinen. Daher überließen ihnen die Deutschen vier Baracken, obwohl sie alle in einer Platz gehabt hätten. Und gegen Kaffee, Schokolade oder Tabak tauschten die Deutschen mit ihnen Farben, Holz, Nägel und Stoff, um die Dinge einigermaßen in Ordnung zu bringen.
    Schon seit zwölf Stunden hatten die Engländer gewußt, daß amerikanische Gäste unterwegs waren.  Sie hatten nie zuvor Gäste gehabt und machten sich jetzt an die Arbeit wie Heinzelmännchen, fegten, wischten, kochten, backten — fertigten Matratzen aus Stroh und Sackleinwand an, deckten Tische mit einem Festgeschenk an jedem Platz.
    Nun sangen sie ihren Gästen in der Winternacht ihren Willkommensgruß. Ihre Kleider dufteten nach dem Fest, das sie vorbereitet hatten. Sie waren halb zum Kampf, halb für Tennis und Krocket gekleidet.
    Sie waren so freudig erregt durch ihre eigene Gastfreundschaft und alle die Naschereien, die drinnen warteten, daß sie sich ihre Gäste nicht genau ansahen, während sie sangen. Und sie stellten sich vor, daß sie für frisch aus der Schlacht kommende Offizierskameraden sangen.
    Sie drängten die Amerikaner liebevoll zu der Barackentür, wobei sie die Nacht mit viel männlichem Geschwätz und brüderlichen Großsprechereien erfüllten.
    Sie nannten sie »Yank « , sagten ihnen, sie hätten »eine gute Figur gemacht « , versprachen ihnen, »Jerry sei am Davonlaufen « , und so fort.
    Billy Pilgrim fragte sich, ein wenig schwer von Begriff, wer Jerry war.

    Jetzt war er in der Baracke, neben einem kirschrot glühenden eisernen Kochherd.
    Dutzende von Teekannen kochten dort. Manche hatten Pfeifvorrichtungen. Und da stand ein Hexenkessel voll goldgelber Suppe. Die Suppe war dick. Urzeitliche Blasen stiegen mit lethargischer Würde an die Oberfläche, während Billy Pilgrim starrte.
    Lange Tische waren für ein Festmahl aufgestellt.  An jedem Platz stand ein Eßnapf, der aus einer Konservenbüchse gemacht war — sie hatte einmal Milchpulver enthalten. Eine kleinere Büchse war eine Tasse. Eine größere, schmalere diente als Trinkglas. Jedes Glas war mit warmer Milch gefüllt.
    An jedem Platz lagen ein Rasierapparat, ein Seiflappen, ein Päckchen Rasierklingen, ein Riegel Schokolade, zwei Zigarren, ein Stück Seife, zehn Zigaretten, ein Streichholzbüchlein, ein Bleistift und eine Kerze.
    Nur die Kerzen und die Seife waren deutschen Ursprungs. Sie hatten eine gespenstische, opalisierende Ähnlichkeit. Die Briten hatten keine Möglichkeit, es zu wissen, aber Kerzen und Seife waren aus dem ausgelassenen Fett von Juden, Zigeunern, Homos, Kommunisten und anderen Staatsfeinden hergestellt. So geht das.
     
    Der Festsaal war von Kerzenlicht beleuchtet. Es standen Berge von frisch gebackenem Weißbrot, Klumpen von Butter und Töpfe voll Marmelade auf den Tischen. Da gab es Platten von Rindfleischscheiben aus Dosen. Suppe, Rühreier und mit Marmelade gefüllte heiße Pasteten sollten danach kommen.
    Und am weit entfernten Ende der Baracke sah Billy rosa Dachbalken, zwischen denen himmelblaue Vorhänge hingen, und eine riesige Uhr, und zwei goldene Throne, und einen Eimer mit einem Scheuerlappen.
    Vor diesem Hintergrund fand die Abendvorstellung statt, eine musikalische Version von Aschenbrödel, der beliebtesten jemals erzählten Geschichte.

    Billy Pilgrim war zu nahe an den glühenden Ofen gekommen. Der Saum seines kleinen Mantels fing zu brennen an. Es war eine ruhige, geduldige Art von Feuer — wie das Glimmen von Zunder.
    Billx fragte sich, ob es hier irgendwo ein Telefon gab. Er wollte seine Mütter anrufen und ihr sagen, daß er am Leben und wohlauf war.

    Stille war jetzt eingetreten, als die Engländer erstaunt die ungepflegten Gestalten betrachteten, die so fröhlich hereingetanzt waren. Einer der Engländer sah, daß Billys Mantel brannte. »Sie sind zu nahe an den Ofen gekommen, mein Junge! « sagte er und zog Billy vom Ofen weg und löschte mit seinen Händen die Funken aus.
    Als Billy daraufhin keine Bemerkung machte, fragte ihn der Engländer: »Können Sie

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