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Schlachthof 5

Schlachthof 5

Titel: Schlachthof 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Vonnegut
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«
    »Ich will eine Diät einhalten. Ich will schön für dich werden. «
    »Ich hab dich gern — gerade so wie du bist. «
    »Stimmt das wirklich ? «
    »Wirklich « , sagte Billy Pilgrim. Dank seiner Reisen in der Zeit hatte er bereits viel von ihrer Ehe gesehen, und er wußte, daß sie wenigstens durchaus erträglich sein würde.
     
    Die Scheherezade, eine große Motorjacht, glitt nun am Ehebett vorbei. Der Gesang ihrer Motoren war ein sehr tiefer Orgelton. Alle ihre Lichter brannten.
    Zwei schöne Menschen, ein junger Mann und eine junge Frau in Abendkleidung, standen an der Reling des Hecks, liebten einander und ihre Träume und das Kielwasser. Auch sie verlebten ihre Flitterwochen.
    Es waren Lance Rumfoord aus Newport, Rhode Island, und seine Braut, die ehemalige Cynthia Landry, die eine Jugendfreundin von John F. Kennedy in Hyannis Port, Massachusetts, gewesen war.
    Hier kam ein kleiner Zufall ins Spiel. Billy Pilgrim sollte später im Krankenhaus ein Zimmer mit Rumfoords Onkel, Professor Bertram Copeland Rumfoord von der Harvarduniversität, dem ofiziellen Historiker der US-Luftwaffe, teilen.

    Als die beiden schönen Menschen vorbeigefahren waren, fragte Valencia ihren komisch aussehenden Mann über den Krieg aus. Für eine Erdenbürgerin war es eine ganz arglose Sache, Sex und zauberischen Glanz mit dem Krieg zu verbinden.
    »Denkst du jemals an den Krieg? « fragte sie und legte die Hand auf seinen Schenkel.
    »Manchmal « , sagte Billy Pilgrim.
    »Ich sehe dich manchmal an « , sagte Valencia, »und habe das komische Gefühl, daß du ganz einfach voller Geheimnisse bist. «
    »Das bin ich nicht « , sagte Billy. Das war natürlich eine Lüge. Er hatte niemandem von all seinen Reisen in die Zeit, die er unternommen hatte, von Tralfamadore und so weiter erzählt.
    »Du mußt Geheimnisse über den Krieg haben. Oder nicht Geheimnisse, meine ich, sondern Dinge, über die du nicht sprechen möchtest. «
    »Nein. «
    »Ich bin stolz darauf, daß du Soldat warst. Weißt du das? «
    »Lieb von dir. «
    »War es schrecklich? «
    »Mitunter. « Ein verrückter Gedanke ging Billy nun durch den Kopf. Alles war schön, und nichts tat weh.
    Die Wahrheit davon bestürzte ihn. Das würde eine gute Grabschrift für Billy Pilgrim — und auch für mich — abgeben.
    »Würdest du jetzt über den Krieg sprechen, wenn ich es von dir wollte! « fragte Valencia. In einer kleinen Höhlung in ihrem großen Leib baute sie das Material für einen »Green Beret « zusammen.
    »Es würde wie ein Traum klingen « , meinte Billy.
    »Anderer Leute Träume sind gewöhnlich nicht sehr interessant. «
    »Ich hörte einmal, wie du Vater von einem deutschen Erschießungstrupp erzählt hast. «
    Sie meinte die Erschießung des armen, alten Edgar Derby.
    »Hum. «
    »Ihr mußtet ihn begraben? «
    »Ja. «
    »Hat er euch mit euren Schaufeln gesehen, bevor er erschossen wurde? «
    »Ja. «
    »Hat er irgend etwas gesagt! «
     
    Alles war schön, und nichts tat weh
     
    »Nein. «
    »Hatte er Angst ? «
    »Sie hatten ihn unter Drogen gesetzt. Seine Augen waren glasig. «
    »Und sie befestigten eine Zielscheibe an ihm? «
    »Ein Stück Papier « , erklärte Billy. Er stieg aus dem Bett, sagte: »Entschuldige! « und ging in die Dunkelheit des Badezimmers, um Wasser zu lassen. Er tastete nach dem Licht, merkte, als er die rauhe Wand fühlte, daß er wieder zurück ins Jahr 1944 in das Gefangenenlazarett gereist war.
     
    Die Kerze im Lazarett war erloschen. Der arme, alte Edgar Derby war auf dem Feldbett neben Billy eingeschlafen. Billy stand auf und tastete sich an einer Wand entlang beim Versuch, einen Ausgang zu finden, denn er mußte so nötig pinkeln.
    Plötzlich fand er eine Tür, die sich öffnen und ihn in die Gefängnisnacht hinaustaumeln ließ. Billy war von dem Reisen in der Zeit und dem Morphium völlig benommen. Er lieferte sich einem Stacheldrahtzaun aus, wo er an einem Dutzend Stellen festhakte. Billy versuchte loszukommen, aber die Stacheln wollten ihn nicht freigeben. Also vollführte Billy einen dummen kleinen Tanz mit dem Zaun, machte einen Schritt dahin, dann dorthin und kehrte schließlich wieder zu seiner Anfangsstellung zurück.
    Ein Russe, selbst draußen in der Nacht, um auszutreten, sah — von der anderen Seite des Zaunes — Billy tanzen. Er trat an die wunderliche Vogelscheuche heran, versuchte freundlich mit ihr zu sprechen, fragte sie, aus welchem Land sie war. Die Vogelscheuche achtete nicht darauf, sondern tanzte

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