Schläft das Personal auch an Bord?
Poolhandtücher mit großen, grafischschön gestalteten Nummern zu versehen. Diese nummerierten Stücke kann man beim Decksteward gegen eine Pfandgebühr leihen, wobei auch der Name des leihenden Passagiers notiert wird. Wer sich also schon am frühen Morgen den Wecker stellt, um sich schlaftrunken aufs Pooldeck zu schleppen, qua Handtuch zwei Liegen zu reservieren, und sich dann noch mal in seiner Kabine für eine zweite Runde aufs Ohr legen will (was häufiger passiert, als man glauben mag) , ist mit dieser Methode leicht zu identifizieren. Einerseits.
Andererseits ist damit aber auch klar zu erkennen, wenn ein besetzter Stuhl in der Tat »besetzt« ist. Wie lange? Das entscheidet der Decksteward. Denn liegt das Handtuch zu lange auf dem Stuhl, ohne dass sich sein Besitzer hin und wieder auf es wälzt, wird es abgeräumt. Das fördert die Disziplin – und hat noch einen weiteren Vorteil: Der Handtuchverbrauch bleibt in realistischen Dimensionen. Stehen nämlich die Handtücher am Pool einfach so zur Verfügung, verbraucht der auf Großzügigkeit eingestellte Schiffsgast bis zu neun (!) Badehandtücher am Tag. Pro Person! Das erzeugt nicht nur sehr viel Arbeit und Kosten, sondern steht auch nicht im Verdacht, die Umwelt besonders zu schonen. Die Handtuchnutzung gegen Pfand reduziert diesen verschwenderischen Verbrauch beträchtlich. Sollten Sie auf Ihrer nächsten Schiffsreise also dieser Handtuch-Regelung begegnen, sehen Sie sie als das, was sie ist: eine Strategie, die der Umwelt dient – ebenso wieIhrem ungestörten Zugang zur maritimen Grillstation, genannt »Sonnendeck«.
Was macht man aber als sonnenhungriger, doch friedliebender Passagier auf einem Schiff ohne nummerierte Handtücher? Man will ja schließlich niemanden vertreiben. Und wie kann man unterscheiden, ob der Liegestuhl-»Inhaber« nicht nur gerade in den Pool gehüpft ist, sondern »auf Vorrat« reserviert hat?
Ein Tipp: Liegt auf der Liege ein Bestseller samt Handtuch, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um einen »Pool-Hüpfer« handelt. Denn wer läuft schon Gefahr, seinen Schmöker zu verlieren, wo es doch gerade so spannend ist. Überhaupt weist alles wirklich Persönliche wie Handtaschen, Lesebrillen, iPods auf einen kurzen Abstecher ins kühle Nass. Banales und Wertloses hingegen auf einen Dauerreservierer.
Übrigens gehen inzwischen verschiedene Schiffe dazu über, die auf den Liegestühlen liegenden Gegenstände im Halbstundentakt durch Deckstewards einsammeln zu lassen und als Fundsachen zu behandeln, die sie an der Rezeption auf einem gesonderten Tisch »zur Abholung« auslegen. Da muss sie der Besitzer dann in Empfang nehmen – vor aller Augen. Interessanterweise ist an diesen Tischen immer spätabends viel Betrieb. Wenn die anderen schon im Bett sind, treffen sich dort wie von Geisterhand die »Gleichgesinnten«. Und nicht selten setzen sie dort ihre atavistischen Territorialkämpfe auch gleich weiter fort.
Höchst erfolgreich ist folgende Anti-Reservierungs-Kampagne auf einem der großen Schiffe: So steht dort regelmäßig auf dem täglich wechselnden Tagesprogramm (das ja jeder an Bord gründlich liest, um nichts zu verpassen), dass man bitte vom Reservieren der Liegen am Pool Abstand nehmen möge (was auf allen Kreuzfahrtschiffen dieser Welt vollkommen folgenlos täglich geschrieben wird) – und dass die Schiffsleitung zur besseren Einhaltung dieser Bitte die ohnehin aus Sicherheitsgründen auf das Pooldeck gerichteten Kameras so eingestellt habe, dass sie Verstöße dagegen aufzeichnen würde! Diese Bilder würden ab sofort – Achtung, jetzt kommt’s – abends in der Lounge vor dem Hauptabendprogramm auf der großen Leinwand gezeigt. Das Resultat ließ nicht lange auf sich warten: Alle Liegen blieben unreserviert.
Eine höchst wertvolle pädagogische Maßnahme, die auf allen Passagierschiffen dieser Welt regelmäßig wiederholt werden sollte. Nicht als Drohung, sondern als fester Bestandteil des abendlichen Entertainmentprogramms. Von Beginn der Reise an.
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Lotsen
»Jede Schiffsreise endet in einem Hafen«, sagte der weise Lot-Se 15 000 v. Chr. im fernen »Reich der Mitte«. Sein Ausspruch zeugt zwar von enormer Reiseerfahrung, lässt den weisen Lot–Se aber völlig zu Unrecht als geistigen Vater der modernen Schifffahrt erscheinen. Denn der deutsche Name »Lotse« kommt vom englischen »loadsman«, was so viel wie »Geleitsmann« heißt. Dabei handelt es sich um einen Mann – seltener um
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