Schlaf in himmlischer Ruh
dazu. Sie schalt mich immer, weil ich soviel Zeit damit
verbrachte, im Haus herumzuwursteln, wo so viele Dinge draußen passierten. Aber
ich bin nie jemand für Komitees und so etwas gewesen. Man muß ein Haus spüren
lassen, daß man es liebt, dann liebt es einen auch, meinen Sie nicht?«
»Ich glaube schon«, sagte Helen. »Ich
habe nie ein eigenes Haus gehabt.«
»Ah, aber im Herzen sind Sie eine
Nestbauerin wie ich«, sagte Mrs. Enderble. »Ich erkenne es daran, wie Sie einen
Teppich ausklopfen. John, wir haben Gäste. Hier, lassen Sie mich Ihnen diese
Bündel abnehmen. Was für ein hübscher Mantel, Miss Marsh! Trägt man das jetzt
in Kalifornien? Ich dachte immer, man trägt dort überhaupt nicht viel, nach
dem, was man in den Zeitungen sieht. Kommen Sie ins Arbeitszimmer, wenn Sie die
Unordnung ertragen können.«
Die Unordnung bestand aus einem Wust
von Papieren auf einem Schreibtisch aus heller Eiche und einem Korb mit
Tannenzapfen, die auf dem Ofen verstreut waren. Zwei getigerte Kätzchen jagten
die Tannenzapfen umher, während die Katzenmutter, ein großer Hund von unbestimmbarer
Rasse, ein gewaltiger belgischer Rammler und ein Mann, nicht viel größer als
der Hase, ihre Sprünge mit wohlwollender Nachsicht betrachteten.
»Peter, mein Junge, wie schön, Sie zu
sehen. Was halten Sie von diesen kleinen Teufeln?«
Ein Kätzchen ließ seinen Tannenzapfen
im Stich und kletterte Shandys Hosenbein hinauf. Er griff hinab und löste
vorsichtig die nadelspitzen Klauen aus seinem linken Schienbein.
»Das reicht, junger Herr oder junge
Dame. Ich bin kein Baum. Ich bin sicher, John, daß der Irrtum eher im
jugendlichen Unwissen als in einer Verirrung der Natur liegt. Nein, Pussy,
meinen Schlips ißt du nicht!«
»Die Tiere gehen immer sofort zu
Peter«, erklärte Mary Enderble Helen. »Sie mögen sogar, wie er schmeckt. Ach,
John, das ist Helen Marsh aus Kalifornien. Peter sagt, sie ist ein Fan von
dir.«
»Freut mich zu hören.« Enderble gab ihr
nicht ohne Mühe die Hand, da er mittlerweile des anderen Kätzchens habhaft
geworden war. »Mary, haben wir irgend etwas, was wir diesen netten Leuten
anbieten können?«
»Keine Umstände unseretwegen«, sagte
Shandy, der versuchte, die Schnurrbarthaare des ersten Kätzchens zu zählen,
während es an seiner Krawatte nuckelte. »Ihr besorgt besser ein Fläschchen für
dieses irrende Baby. Es denkt wohl, ich wäre seine Mutter.«
»Oh je, es macht diese wunderbare Seide
ganz naß. Geh zu Mami, Eugene.«
Mrs. Enderble setzte das winzige
Geschöpf seiner Mutter unter den Bauch und wartete, bis es wonnig schnurrte,
bevor sie nickte und sich in die Küche begab.
»Ihr beide setzt euch und wärmt euch
auf. Die Dysarts haben irgendein feines Likörchen herübergebracht, und wir
haben uns gefragt, wie es wohl schmeckt, aber es schien nicht recht, die
Flasche nur für uns zu öffnen.«
Sie war mit Lichtgeschwindigkeit zurück
und brachte fingerhutgroße Gläser, einen kleinen Krug und einen Teller
Zuckergebäck mit. »Ouzo nennt man das. Riecht für mich wie Rizinus.«
»Gut,« meinte Helen. »Ich bin mit
Rizinus aufgewachsen.«
»Ich auch, meine Liebe. Jetzt kann man
keines mehr ohne Rezept kaufen. Ich weiß nicht, wo das noch hinführen soll. Naja,
fröhliche Tage, obwohl ich nicht glaube, daß das nett ist, wenn man bedenkt,
was Sie hergeführt hat.«
»Was hat sie hergeführt?« fragte Dr.
Enderble.
»Na, sie ist doch diese Verwandte der
Ames, die gekommen ist, um Tim das Haus zu verwahren.«
»Wie kann sie Tim das Haus verwahren,
wenn er zu Jemmy gefahren ist?«
»Ach, John, du wirst ein Zänker bleiben
bis zu deinem letzten Tag. Du weißt, was ich meine. Ich nehme an, das muß ein
schrecklicher Schock für Sie gewesen sein, Helen. Es macht Ihnen doch nichts,
daß ich Sie Helen nenne? Ich bin selbst noch nicht darüber hinweg — an einem
Tag war sie noch da und am nächsten verschwunden, und keiner wußte Bescheid.
Das war das Furchtbare daran, daß sie so lange niemand vermißt hat. Wir waren
so daran gewöhnt, daß sie hier und da und überall war, daß alle dachten, sie
müßte irgendwo anders sein. Versuchen Sie doch eins von diesen Plätzchen, meine
Liebe, obwohl ich fürchte, daß eine Prise zuviel Vanille darin ist.«
»Kein bißchen. Sie sind perfekt. Ich
hätte es sehr gern, wenn Sie mich Helen nennen, aber ich verdiene Ihre
Sympathie nicht. Ich bin nur eine Cousine der Mutter von Jemmys Mann, und ich
habe noch keinen der Ames
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