Schlaf, Kindlein, schlaf
Echo.
Sie stieß einen heiseren Schrei aus. Er hatte dieses abscheuliche Arschloch im Schlepptau. Sie machten gemeinsame Sache! Und er hatte ihr doch etwas ins Wasserglas gekippt und sie an diesen gottverlassenen Ort geschleppt. Deshalb fühlte sie sich auch so seltsam. Jetzt würden die beiden sie vergewaltigen … oder etwas viel Schlimmeres tun …
Sie spürte, wie ihr Adrenalinspiegel stieg, ließ ihre Hand rasch in ihre kleine perlenbesetzte Tasche gleiten, ohne die beiden Männer aus den Augen zu lassen, und suchte hektisch nach ihrem Pfefferspray. Dann fiel ihr ein, dass die kleine Flasche in ihrer Alltagstasche war (die im Augenblick bei ihr zu Hause auf dem Esszimmertisch lag). Sie fand ein Einwegfeuerzeug und schloss ihre Faust um die armselige Waffe. Vielleicht würde sie ihr nutzen, wenn die Männer ihr zu nahe kamen: Sie könnte ihnen die Haare anzünden, um Zeit zu gewinnen, und fliehen.
»Pass auf, dass du damit nichts anrichtest!« Marlon grinste boshaft und leckte sich die Lippen.
Chelsea versuchte, die Fassung zu bewahren, um nicht von Panik übermannt zu werden. »Was hast du mir ins Glas getan?«
Der widerwärtige Kerl antwortete: »Etwas, damit du die Dinge mal im rechten Licht siehst!« Er zog lautlos ein großes Messer aus seinem Gürtel, kam näher und klopfte Marlon mit der Bierflasche auf die Schulter, die er in der anderen Hand hielt. »Na, alter Junge! Es ist verdammt lange her! … Ich dachte schon, dir hat irgendwer Abführmittel in dein Red Stripe geschüttet und dich im Klo runtergespült.«
»Leck mich am Arsch!« Marlon räusperte sich, nahm einen Schluck aus der Flasche und rülpste.
Sein Komplize brach in dröhnendes Gelächter aus. Offenbar litten die beiden an der gleichen eigenartigen Krankheit.
Mit der freien Hand zog er seinen Penis hervor. »Gib’s doch zu, gib’s zu, dass du Lust auf den hier hast.« Er sah an sich herunter, berührte sich und lächelte wie ein böser Onkel, der mit einem Lutscher lockt.
Schlotternd vor Angst trat Chelsea zurück … schlüpfte aus ihren Sandalen, darauf vorbereitet, dass sie die Verfolgung aufnehmen würden, wenn sie losrannte. Sie waren sicher ungeheuer schnell.
Sie machte noch einen Schritt zurück.
Noch einen.
Dann stolperte sie, schrie unfreiwillig auf und stürzte. Wie eine Flutwelle schlug ihr der Geruch von frischem Blut entgegen. Chelsea sah zu Boden und schnappte nach Luft. »Oh, Gott!«
Jasmin lag zusammengesunken in einer Blutlache im Gras, die Beine gespreizt und den zerrissenen Rock über die Hüften geschoben, sodass ihr Unterleib zu sehen war. Die aufgerissenen, blutunterlaufenen Augen schimmerten wie matte Silbermünzen im blassen Mondschein. Ein Schlüsselbein ragte aus der Haut wie das Gabelbein bei einem Hühnchen. Der Kopf saß in unnatürlichem Winkel auf dem Hals, als wäre ihr die Kehle durchtrennt und der Kopf falsch herum aufgepfropft worden.
Chelsea streckte eine zitternde Hand aus, um ihre Freundin zu berühren. Die Berührung der kühlen Haut des toten Mädchens übertrug sich in ihren gesamten Arm, und sie fühlte sich wie gelähmt. Chelseas Beine wurden steif, ihre Arme so schwer, als hingen Bleilote daran. Vor ihren Augen tanzten rote Lichtpunkte, und sie spürte, wie ein Schluchzer gegen ihren Brustkorb drückte. Sie rang wieder nach Luft, ihr wurde schwindelig und übel. Sie zwinkerte unablässig, um die Tränen wegzublinzeln, unterdrückte den Brechreiz … und das Bedürfnis zu schreien – zu schreien und zu heulen, sich wie ein Fötus gekrümmt auf die Erde zu legen und nach ihrer Mutter zu rufen. Sie musste einen klaren Kopf behalten, wenn sie auf ein Überleben hoffen wollte.
»Das war nur eine Runde zum Aufwärmen! Das war nicht persönlich gemeint, aber die Hündin wollte einfach nicht stillhalten. Sie hat gejault und gejammert wie eine Katze, die sich im Stacheldraht verfangen hat.« Marlon warf einen Blick auf Jasmins Leiche.
»Ja, vielleicht stellt sich die Yankeebraut besser an. Sie will’s mit einem Rasiermesser treiben«, grölte der andere und machte eine onanierende Bewegung mit der Hand um sein Glied. »Das hat sie mir vorhin schon verraten.«
Chelsea schlug die Augen nieder. Wenn es so etwas wie Barmherzigkeit gab, dann hatte Jasmin sich den Hals gebrochen, bevor sie über sie hergefallen waren. Aber Chelsea bezweifelte das, und Trauer wallte in ihr auf, finster und kalt. Solche sadistischen Psychopathen erfreuten sich an der Unterlegenheit ihrer Opfer. Sie geilten sich
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