Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
Duncan-Hines-Backmischung, ein kleines Päckchen Instant-Schokoladenpudding, Öl, ein Paket gehackter Walnüsse, eine Hand voll Schokoraspel, vier Eier und einen Becher saure Sahne aus dem Kühlschrank. Terrys legendärer Schokoladenkuchen, der Lieblingskuchen meiner Mutter. Ich hatte ihn seit Jahren nicht gebacken.
Nicht seit dem Abend, an dem sie gestorben war.
Terry , hörte ich sie immer noch von oben mit kräftiger Stimme rufen, obwohl ihr Schlaganfall sie ansonsten längst hilflos gemacht hatte.
Ich komme gleich, Mutter.
Sofort!
Ich komme.
Warum brauchst du so lange?
Ich bin gleich oben .
Ich rührte die Zutaten in einer großen Schüssel zusammen, gab die Eier auf die Backmischung, den Instant-Pudding, das Öl und die saure Sahne und knetete den Teig mit der Hand, um keinen Lärm zu machen. Alison konnte sich jederzeit von mir unbemerkt aus ihrem Häuschen schleichen, den elektrischen Mixer hören und mich stören, bevor ich fertig war. Dieses Risiko durfte ich nicht eingehen. Eigelb und Eiweiß trennten sich in der Schüssel und sickerten über den hellbraunen Pudding, als ich beim Rühren in den Zutaten mit meinem Kochlöffel kräftige gelbe Strudel wie Pinselstriche
auf einer Leinwand hinterließ und mein persönliches Meisterwerk schuf.
Ein Stillleben.
Terry, was um Himmels willen machst du da unten?
Ich bin fast fertig.
Ich brauche den Nachttopf. Ich kann es nicht mehr länger zurückhalten.
Ich komme sofort .
Ich gab Nüsse und Schokoraspel zu der übrigen Mischung, fuhr mit dem Zeigefinger am Rand der Schüssel entlang und leckte gierig den großen Klecks Teig ab, bevor ich das Ganze mit zwei Fingern wiederholte. Als ich die Finger langsam in den Mund schob und wieder herauszog, drang unwillkürlich ein Stöhnen über meine Lippen.
Was machst du da unten , rief meine Mutter.
Als kleines Mädchen habe ich meiner Mutter immer in der Küche zugesehen. Ständig hat sie irgendetwas gebacken, und ich habe sie oft gefragt, ob ich helfen dürfe. Natürlich hat sie jedes Mal abgelehnt und mir erklärt, ich würde nur alles durcheinander bringen. Doch eines Nachmittags war sie unterwegs, und ich beschloss, sie mit einem selbst gebackenen Kuchen zu überraschen. Ich suchte die benötigten Zutaten zusammen und knetete sie so lange zu einem Teig, bis keine Klümpchen mehr übrig waren, so wie ich es sie Woche für Woche hatte tun sehen. Dann backte ich das Ganze bei 180 Grad.
Als meine Mutter nach Hause kam, präsentierte ich ihr meinen wunderschönen Schokoladenkuchen. Sie musterte den sauberen Tresen und inspizierte den Küchenfußboden auf Flecken, bevor sie wortlos am Tisch Platz nahm, um sich bedienen zu lassen. Voller Stolz schnitt ich ein perfektes Stück ab und beobachtete gespannt, wie meine Mutter die Gabel zum Mund führte. Ich wartete auf ihr Lob oder auch nur ein Tätscheln des Hinterkopfes, das mir ihre Zufriedenheit
zeigen würde. Man kann sich meinen Schock vorstellen, als sie stattdessen das Gesicht verzog, die Wangen einsaugte, den Kuchen ausspuckte und schrie: Was hast du getan, du dummes Mädchen? Was hast du getan ?
Ich hatte statt süßer bittere Schokolade verwendet, zweifelsohne eine Achtlosigkeit, doch ich war damals erst neun oder zehn, und der Gesichtsausdruck meiner Mutter, das Wissen, dass sie, was mich betraf, die ganze Zeit Recht gehabt hatte, hätten gewiss Strafe genug sein müssen.
Doch das war es nicht. Und ich wusste es. Es war nie genug.
Noch heute spüre ich, wie sich mein ganzer Körper in Erwartung des Schlages anspannte, der Ohrfeige, die meine Augen verschwimmen und meine Ohren klingeln lassen würde. Doch sie schlug mich nicht, sondern schenkte mir ein geradezu unheimlich ruhiges, seltsam deplatziertes Lächeln. Sie wies einfach auf den Stuhl neben sich und befahl mir, mich hinzusetzen. Dann schnitt sie ein Stück von dem Kuchen ab, das ebenso perfekt aussah wie ihres, schob es mir hin und wartete, dass ich probierte.
Bis heute spüre ich, wie meine Hände zitterten, als ich den ersten Bissen in den Mund schob. Sofort legte sich der bittere Geschmack auf meine Zunge und verband sich mit dem bitteren Salz meiner Tränen, die meine Wangen hinunter in meinen Mund kullerten.
Sie hat mich gezwungen, den ganzen Kuchen zu essen.
Erst als ich mich auf den Küchenfußboden erbrach, ließ sie ab, aber nur, um mich stattdessen zu zwingen, den Boden zu wischen.
Terry, Herrgott noch mal, was machst du da unten?
Ich komme Mutter .
Ich warf einen Blick zu dem
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