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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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irgendwo zwischen einem Lachen und einem Schluchzen drang über meine Lippen. »Wie konnten Sie mich das tun lassen?«
    »Es tut mir Leid, Liebes. Ich hatte keine Ahnung. Bitte verzeihen Sie mir.«
    Lächelnd strich ich ihr mehrere feine Haarsträhnen aus der Stirn. »Ich verzeihe Ihnen.«
    Dann drückte ich das Kissen in meiner Hand auf ihre Nase und ihren Mund, bis sie aufhörte zu atmen.

25
     
     
    Es ist ein wirklich eigenartiges Gefühl, einen anderen Menschen zu töten.
    Für eine derart gebrechliche Person war Myra Wylie überraschend kräftig. Sie wehrte sich mit einer erstaunlich grimmigen Entschlossenheit, ihre langen, skelettartigen Arme schlugen blind nach mir, knochige starre Finger tasteten hilflos nach meinem Hals, ihre Halsmuskeln kämpften gegen das Kissen in meinen Händen, während ihre verzweifelte Lunge stumm nach Luft schrie. Auf diese zähe Sturheit, auf diesen Überlebensinstinkt angesichts des sicheren und sogar herbeigesehnten Todes war ich nicht vorbereitet, sodass ich meinen Griff beinahe gelockert hätte. Myra warf sich mit aller ihr verbliebenen Kraft in dieses kurze Zögern, wand den Kopf wild hin und her und strampelte panisch unter ihrem Laken.
    Doch ich hatte mich rasch wieder gefasst, presste das Kissen fester auf ihr Gesicht und wartete, bis ihre zuckenden Füße unter dem straffen Laken des schmalen Krankenhausbettes ihren Tanz beinahe anmutig beendeten. Ich lauschte auf ihren letzten verzweifelten Atemzug, roch den durchdringenden Uringestank, zählte langsam bis hundert und wartete, dass die unverkennbare Stille des Todes sie überwältigte. Erst dann hob ich das Kissen, klopfte es aus und schob es wieder unter ihren Kopf, wobei ich ihr Haar so arrangierte, wie sie es gerne mochte. Es war von der Anstrengung schweißnass, und ich blies sanft gegen die verklebten Strähnen auf ihrer Stirn, um sie zu trocknen. Dabei flatterten
Myras Lider in meinem warmen Atem mädchenhaft, als wollte sie mit mir flirten.
    Wasserblaue Augen stierten mich ungläubig erstarrt an, bis ich sie mit meinen Lippen schloss und mit zitternden Fingern nach ihrem offenen Mund tastete, der verzerrt war, als würde sie immer noch versuchen, Luft in ihren ausgemergelten, welken Körper zu saugen. Ich zog ihre Lippen zu einem angenehmeren Ausdruck zurecht wie ein Künstler, der mit schnell trocknendem Ton arbeitet, und trat dann einen Schritt zurück, um mein Werk zu betrachten. Sie erinnerte mich an eine Luftmatratze, wie sie sich manche Menschen für ihren Swimmingpool kaufen, ausgebreitet in der Erwartung, aufgeblasen zu werden. Trotzdem stellte ich befriedigt fest, dass Myra alles in allem friedlich, ja sogar glücklich aussah, als wäre sie mitten in einem schönen Traum aus dem Leben geglitten »Auf Wiedersehen, Myra«, sagte ich an der Tür. »Schlafen Sie gut.«
    Ich ging eilig den Flur hinunter Richtung Treppenhaus, sicher, dass mich niemand bemerken würde. Ich lächelte sogar einen jungen Mann an, der seinen Vater besuchen wollte, und sein leerer Blick sagte mir, dass ich weiterhin unsichtbar war – ein Gespenst, dass durch die leeren Korridore der Klinik spukte, körperlos und flüchtig wie ein Flüstern im Wind.
    Wie fühlte ich mich?
    Belebt, erleichtert und vielleicht auch ein wenig traurig. Ich hatte Myra Wylie stets gemocht und bewundert, sie für eine Freundin gehalten. Bis sie mich verraten und meine zahlreichen freundlichen Aufmerksamkeiten ausgenutzt hatte. Bis ich erkannt hatte, dass sie nicht besser war als all die anderen, die mich im Laufe der Jahre ausgenutzt und verraten hatten, und dass sie wie all die anderen ihr Unglück selbst heraufbeschworen hatte, selbst dafür verantwortlich war und ihr Schicksal verdient hatte.

    Es bereitete mir keineswegs Freude, Werkzeug dieses Schicksals zu sein. Offen gestanden habe ich Menschen nie gern sterben sehen und mich auch nie daran gewöhnt, egal wie häufig ich Zeuge gewesen war. Vielleicht bin ich deswegen eine so gute Krankenschwester, weil mir die Menschen ehrlich am Herzen liegen und ich nur das Beste für jeden will. Die Vorstellung, jemandem das Leben zu nehmen, ist mir wirklich ein Gräuel. Als Krankenschwester habe ich gelernt, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um Leben zu erhalten. Obwohl manche kritisch fragen mögen, warum man ein nutzloses Leben verlängern soll, ein Leben, dass zunehmend parasitär und immer weniger menschlich wird?
    Und wem wollte ich etwas vormachen? Krankenschwestern sind ohnmächtig. Sogar Ärzte, deren

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