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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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mir auf der Zunge lag.
    »Ja, das kann man wohl sagen. Ich nehme an, sie hat Sie über die schmutzige Familiengeschichte ins Bild gesetzt.«
    »Sie hat mir erzählt, dass Sie geschieden sind.«
    »Ihre Schilderung war bestimmt ungleich farbenfroher.«
    »Nun, etwas vielleicht.« Ich trank einen weiteren Schluck von meinem Eiswasser. Ich war so vernünftig gewesen, Joshs
Einladung zu einem Glas Wein auszuschlagen. Es war wichtig, einen klaren Kopf und die Kontrolle zu behalten. Außerdem musste ich in knapp einer Stunde wieder bei der Arbeit sein. Ich lehnte mich auf dem unbequemen Stuhl zurück, lauschte den sich am Strand brechenden Wellen, die wie ein Echo des Tumultes klangen, der in mir wogte. Mein Gott, was war bloß mit mir los? So hingerissen, so verknallt, so verdammt teenagerhaft hatte ich mich nicht mehr gefühlt, seit ich vierzehn war.
    Am liebsten hätte ich den Kragen von Josh Wylies weißem Leinenhemd gepackt und ihn über den Tisch gezerrt. Ich habe seit fünf Jahren nicht mehr mit einem Mann geschlafen , wollte ich schreien. Können wir das ganze verbale Vorspiel nicht einfach weglassen und zur Sache kommen ?
    Aber das tat ich natürlich nicht. Ich saß bloß da und lächelte ihn an. Meine Mutter wäre stolz auf mich gewesen.
    »Sie hat mir erzählt, dass Sie nie verheiratet waren«, sagte Josh und schnitt seine Krabbenpastete auf, ohne etwas von dem weit interessanteren Gespräch zu ahnen, das in meinem Kopf vor sich ging.
    »Das stimmt.«
    »Kaum zu glauben.«
    »Wirklich? Wieso?«
    »Sie sind eine schöne, intelligente Frau. Ich hätte gedacht, irgendein Kerl müsste Sie sich längst geschnappt haben.«
    »Hätte man meinen sollen«, stimmte ich ihm lachend zu.
    »Haben Sie etwas gegen die Ehe?«
    »Überhaupt nicht.« Ich fragte mich, warum ich scheinbar ständig meinen Single-Status erklären musste »Wie ich schon zu Alison sagte, war es kein Vorsatz meinerseits.«
    »Wer ist Alison?«
    »Was? Oh, meine neue Mieterin.«
    »Und gibt es etwas zu bereuen?«
    »Zu bereuen? Bezüglich Alison?«

    Josh lächelte. »Im Leben ganz allgemein.«
    Ich atmete tief aus. »Das eine oder andere. Und bei Ihnen?«
    »Das eine oder andere.«
    Unbeschwert plaudernd und lachend beendeten wir unser Mahl, während die Wellen all unser unausgesprochenes Bereuen an der Flutkante entlangspülten.
     
    Nach dem Essen zog Josh Schuhe und Socken aus und krempelte seine schwarze Leinenhose bis über die Knie hoch. Ich zog meine Sandalen aus, und wir gingen gemeinsam am Strand entlang. Immer wieder brandeten die Wogen auf uns zu und wichen erst im letzten Moment zurück wie ein übereifriger Liebhaber, der plötzlich von Zweifeln gepackt wurde, erst stürmisch, dann zögerlich. Erst verführte der Ozean mit seiner ungeheuren Schönheit, um einen dann verlassen, atemlos und allein an seinem Strand zurückzulassen. Ein ewiger Tanz, dachte ich, als das kalte Wasser an meinen Zehen leckte.
    »Sind wir nicht die glücklichsten Menschen überhaupt?«, fragte Josh mit einem dankbaren Lachen.
    »Doch, das sind wir.« Ich wandte mein Gesicht himmelwärts und blinzelte in die Sonne.
    »Ich weiß noch, als ich ein kleiner Junge war«, fuhr er fort. »bin ich mit meinem Vater jeden Samstagnachmittag an den Strand gefahren, während meine Mutter beim Frisör war.«
    »Stammen Sie ursprünglich aus Florida?« Ich weiß nicht, warum ich das fragte, weil ich längst alles wusste, was es über Joshs Hintergrund zu wissen gab: Er war als stämmiger Säugling von 4440 Gramm in Boynton Beach geboren; seine Eltern hatten sein Leben lang im Hibiscus Drive 212 gewohnt, und seine Mutter war auch dort wohnen geblieben, als ihr Mann vor zehn Jahren gestorben war; sie hatte das Angebot ihres Sohnes abgelehnt, nach Miami zu ziehen, um
ihren Enkeln näher zu sein, und weiter in dem kleinen Haus gelebt, das sie so sehr liebte, bis sie zu krank wurde, um den Haushalt alleine zu führen. Sie hatte sich die Mission-Care-Klinik persönlich ausgesucht und sie schickeren Einrichtungen in Miami vorgezogen, weil sie laut eigenem Bekunden weiter südlich als Delray immer Nasenbluten bekam. Ihr Sohn kam mindestens einmal pro Woche zu Besuch; er litt immer noch unter den Folgen der Scheidung von seiner Studentenliebe nach siebzehnjähriger Ehe, war allein erziehender Vater von zwei reizenden, aber verstörten Kindern. Er war einsam und verdiente eine zweite Chance, glücklich zu werden. Und ich war mehr als bereit, ihm diese Chance zu gewähren.
    Ich dachte, dass

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