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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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schwärmte sie, als sie ihren Schwertfisch probiert hatte. »Wie ist deins?«
    »Superlecker.« Ich musste lachen.
    »Und hast du diese Woche deinen Freund getroffen?«, fragte Alison plötzlich.
    »Meinen Freund?«
    »Josh Wylie.« Alison sah sich verstohlen in dem gut besuchten Restaurant um, als ob er hier sein und sie ihn in diesem Fall auch erkennen könnte.
    Der Lachs blieb mir im Hals stecken. »Woher weißt du von Josh Wylie?«
    Alison nahm erst einen, dann noch einen Bissen Schwertfisch. »Du hast mir von ihm erzählt.«
    »Tatsächlich?«
    »Als ich bei dir zum Abendessen war. Ich habe dich gefragt, ob du dich für irgendwen besonders interessierst, und du hast gesagt, es gäbe da diesen Mann« – sie senkte die Stimme und ließ ihren Blick ein weiteres Mal durch den Raum wandern -, »Josh Wylie, dessen Mutter eine deiner Patientinnen ist. Richtig?« Sie stopfte sich zwei kleine Kartoffeln in den Mund und spießte ein weiteres Stück Schwertfisch auf.
    »Stimmt.«
    »Und, hast du ihn getroffen?«
    »Ja, habe ich. Genau genommen hat er mich am nächsten Freitag zum Mittagessen eingeladen.«
    Alison riss begeistert die Augen auf. »Na, ist doch super, Terry!«

    Ich lachte. »Es ist keine große Sache«, ermahnte ich Alison ebenso wie mich selbst zur Zurückhaltung. »Wahrscheinlich will er bloß über seine Mutter reden.«
    »Wenn er über seine Mutter reden wollte, würde er das im Wartezimmer tun. Glaub mir, er ist interessiert.«
    Ich zuckte mit den Schultern und hoffte, dass sie Recht hatte. »Abwarten.«
    Alison tat meine Zögerlichkeit mit einer Handbewegung ab. »Du musst mir alles erzählen.« Sie klatschte in die Hände, als wollte sie mir zu einer erfolgreich abgeschlossenen Arbeit gratulieren, bevor sie den Rest ihres Schwertfischs in drei raschen Bissen verputzte. »Das ist echt aufregend. Ich kann den nächsten Freitag kaum erwarten.«
    An weitere Details des Essens kann ich mich nicht mehr erinnern, ich weiß nur noch, dass Alison darauf bestand, Nachtisch zu bestellen, und dass ich mehr gegessen habe, als mir gut tat.
    »Komm schon«, sagte sie, als sie mir das große Stück Bananencreme-Torte herüberschob. »Man lebt nur einmal.«
    Nach dem Essen wollte sie mir unbedingt die Galerie Lorelli zeigen. Sie fasste meine Hand und zog mich über die verkehrsreiche Straße. Ich hörte ein Auto hinter mir vorbeisausen und spürte die Abgasdämpfe an meinen nackten Waden. »Passen Sie doch auf, Lady«, rief der Fahrer.
    »Vorsichtig«, ermahnte Alison mich, als hätte ich die Straße allein überquert.
    An Wochenenden war die Galerie in der Hoffnung, Touristen und Passanten anzulocken, bis zehn Uhr geöffnet. Einschließlich der jungen Frau mit der Punkfrisur hinter dem Ladentisch hielten sich genau vier Personen in dem gut ausgeleuchteten Laden auf. An den Wänden hingen bunte Bilder von Künstlern, von denen ich fast ausnahmslos noch nie gehört hatte. Ich entdeckte allerdings ein typisches Motherwell-Gemälde einer jungen Frau mit vollen roten Lippen und einer
hervorstehenden Brustwarze sowie drei übereinander gestapelte Stillleben mit Birnen von einem Künstler, dessen Namen ich mir nie merken konnte, ganz gleich, wie oft ich seine Arbeiten sah. Besonders angetan war ich jedoch von einem kleinen Gemälde, das eine an einem rosafarbenen Sandstrand sonnenbadende Frau zeigte, deren Gesicht im Schatten eines breitkrempigen Hutes verborgen war.
    »Das ist mein Lieblingsbild«, sagte Alison und fuhr mit gesenkter Stimme fort. »Es würde sich bestimmt ganz toll in deinem Wohnzimmer machen, meinst du nicht auch? An der Wand hinter dem Sofa?«
    »Es ist wunderschön.«
    Alison zog mich in die Mitte des Raumes, wobei sie um ein Haar über die große Skulptur eines Frosches aus Fiberglas gestolpert wäre. »Hoppla«, sagte sie kichernd. »Ist das nicht das abscheulichste Viech, das du je gesehen hast?«
    Ich konnte ihr nur beipflichten.
    »Fern sagt, sie kann die verdammten Dinger gar nicht so schnell im Laden aufstellen, wie sie sich verkaufen. Kannst du dir das vorstellen? Hi, Denise«, fuhr sie im selben Atemzug fort. »Das ist Terry Painter, meine Vermieterin. Meine Freundin«, fügte sie lächelnd hinzu.
    Das Mädchen hinter dem Tresen blickte von einer Modezeitschrift auf, die sie durchgeblättert hatte. Ihr zierliches Gesicht wurde von außergewöhnlich violetten Augen beherrscht. »Nett, Sie kennen zu lernen«, sagte sie mit überraschend rauchiger und heiserer Stimme. Die Worte kamen langsam

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