Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
Heute, sagte ich mir, würde ein ganz besonderer Abend werden.
Es klingelte.
»Mein Gott«, sagte ich. »Wie spät ist es?«
Alison sah auf ihre Uhr. »Erst halb sieben. Irgendjemand kann es offenbar gar nicht erwarten«, sagte sie und riss erwartungsvoll ihre großen Augen auf.
»Sehe ich auch wirklich gut aus?« Ich streifte die blauweiß karierte Kochschürze über den Kopf ab, sorgsam bemüht, meine Frisur nicht zu zerstrubbeln, und fuhr mit der Zunge über meine mattroten Lippen.
»Du siehst fantastisch aus. Entspann dich einfach. Atme einmal tief durch.«
Ich befolgte ihren Rat und atmete nur für alle Fälle noch ein zweites Mal tief ein, bevor ich mich aus der Küche traute. Noch bevor ich die Haustür erreicht hatte, hörte ich draußen Gekicher. Es war unüberhörbar Denise, die es nicht mehr erwarten konnte, und nicht Josh. Und sie war ebenso offensichtlich nicht allein. Waren sie und Josh gleichzeitig angekommen, fragte ich mich, als ich die Tür aufmachte.
Vor mir stand Denise mit blassem Gesicht in schwarzer Jeans und rosa T-Shirt mit der orangefarbenen Aufschrift DUMP HIM, ihre dunklen Haare standen in spitzen Stacheln
um das schmale Dreieck ihres Gesichts. Ihre dünnen Arme hatte sie um einen ähnlich hageren jungen Mann mit kurzem braunem Haar, hellbraunen Augen und einer kräftigen Habichtsnase geschlungen. Sein Gesicht hatte etwas Finsteres, und auch wenn seine Züge beim Lächeln weicher wurden, war er mir irgendwie unsympathisch.
»Da sind wir«, verkündete Denise fröhlich. »Ich weiß, wir sind zu früh, aber …« Sie lachte, als hätte sie einen Witz gemacht. »Das ist K.C.«, sagte sie und lachte wieder.
Ich fragte mich, ob sie betrunken war oder Drogen genommen hatte. »Casey?«
»K.C.«, erklärte der junge Mann, jeden Buchstaben deutlich akzentuierend. Ich schätzte, dass er in etwa so alt war wie Alison. »Die Abkürzung für Kenneth Charles. Aber so nennt mich niemand.«
Ich nickte und fragte mich, wer er war und was er in meinem Haus machte.
»Denise?«, fragte Alison hinter mir.
»Hi.« Denise drängte an mir vorbei in mein Wohnzimmer. »Wow. Nettes Häuschen. Alison, das ist K.C.«
»Casey?«
»K.C.«, erklärte der junge Mann erneut. »Die Abkürzung für Kenneth Charles.«
»Aber so nennt ihn niemand«, fügte ich hinzu, weil ich mir dachte, dass er es gründlich leid sein musste, es immer selbst zu erklären.
»Ich wusste nicht, dass du einen Freund mitbringst«, sagte Alison mit einem nervösen Seitenblick auf mich.
»Ich hab mir einfach gedacht, dass ihr bestimmt nichts dagegen habt. An Thanksgiving kocht man doch sowieso immer viel zu viel.«
»Wenn das ein Problem ist«, ging der junge Mann eilig dazwischen, »kann ich auch wieder gehen. Nicht, dass irgendwer sauer ist oder so.«
»Nein, nein«, hörte ich mich sagen. »Denise hat vollkommen Recht. Wir haben mehr als genug zu essen. Und wir können ihn ja schließlich nicht ausgerechnet an Thanksgiving auf die Straße setzen?« Das war keine besondere Großzügigkeit meinerseits, sondern eher der plötzliche Gedanke, dass Josh sich vielleicht wohler fühlen würde, wenn er nicht der einzige männliche Gast war.
»Ich lege rasch noch ein Gedeck auf«, bot Alison an und verschwand im Esszimmer, während ich Denise und K.C. zum Sofa führte.
»Kann ich euch was zu trinken anbieten?«, fragte ich.
»Wodka?«, fragte Denise.
»Bier?«, fragte K.C.
Da ich weder das eine noch das andere hatte, einigten sie sich auf Weißwein. Wir saßen in meinem Wohnzimmer, nippten an unseren Getränken – Alison und ich hielten uns fürs Erste an Wasser – und führten eine eher verkrampfte Konversation. Denise wirkte weder besonders intelligent noch besonders witzig, und K.C., der ohnehin wenig sagte, hatte, selbst wenn er eine Frage beantwortete, eine Art, durch einen hindurchzusehen, die ich ziemlich irritierend fand. Dieser Abend wird eine Katastrophe, dachte ich und hoffte beinahe, dass Josh noch absagen würde.
»Und wo habt ihr zwei euch kennen gelernt?«, fragte Alison.
»Im Laden.« Denise zuckte die Achseln und fixierte das große Gemälde mit üppig roten und pinkfarbenen Pfingstrosen, das dem Sofa gegenüber an der Wand hing. »Das ist ein hübsches Bild.«
»Danke.«
»Normalerweise steh ich nicht auf so’n Zeug. Sie wissen schon, Blumen und Obst und so.«
»Stillleben«, sagte ich.
»Ja, normalerweise mag ich das nicht. Ich steh mehr auf
Kunst, die Pepp hat, verstehen Sie. Aber das ist irgendwie
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