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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Stefan Holtkötter
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ebenfalls Fehlanzeige. Am Wochenende hatten sie sich auf die vermisst gemeldeten Kinder aus den Polizeidateien konzentriert. Mit Hochdruck waren sie alles durchgegangen. Doch es gab nirgendwo Übereinstimmungen. Jede Recherche erwies sich als Sackgasse. Es gab einfach kein vermisstes Kind, auf das die Beschreibung passte.
    Böttger dachte an das, was der Spurenkundler am Hang gesagt hatte. Wäre der Erdrutsch nicht gewesen, wäre das Kind niemals ans Tageslicht gekommen. Jetzt stellten sie fest: Zudem vermisste keiner dieses Kind. Sie suchten vergeblich nach einer Spur, die sie zu den Eltern führte. Es schien beinahe so, als hätte dieses Kind niemals existiert.
    Am Morgen war Böttger in der Rechtsmedizin gewesen. Der bärtige Mediziner mit der sonnengegerbten Haut, den er bereits am Hang kennengelernt hatte, hatte die Obduktion vorgenommen. Mit seinen riesigen Pranken hatte er die Knochensäge genommen und sich beherzt ans Werk gemacht. Böttger war es vorgekommen, als wollte er einen Fisch für ein Anglercamp ausnehmen. Hatte nur gefehlt, dass er ein Liedchen vor sich hin pfiff.
    Die Obduktion war dann aber nicht so schlimm gewesen, wie Böttger anfangs befürchtet hatte. Das Kind war kaum noch als Mensch zu erkennen. Auf dem klinisch sauberen Stahl des Obduktionstisches hatte der fleckige und halb verweste Körper seltsam schmutzig gewirkt. Als der Mediziner den Brustkorb öffnete, blieb die befürchtete Übelkeit aus. Die Leiche war bereits so geschunden, da schien die Öffnung nicht mehr so brutal zu sein. Wenn das Kind ausgesehen hätte, als würde es einfach daliegen und ein Nickerchen machen, dann wäre Böttger kaum so ruhig geblieben.
    Die Obduktion klärte die Todesursache. Das Mädchen war erstickt – oder erstickt worden. »Fragen Sie mich nicht, auf welche Weise«, meinte der Mediziner. »Das lässt sich bei dem Zustand der Leiche nicht mehr sagen. Äußerlich ist nichts zu erkennen. Keine Hämatome, sonst ebenfalls keine Spuren. Auch im Mundraum nichts, was weiterhelfen könnte. Vielleicht wurde dem Kind eine Plastiktüte über den Kopf gezogen. Aber das ist reine Spekulation. Es kämen auch andere Methoden infrage.«
    Anschließend war Böttger zur kriminaltechnischen Untersuchung gefahren. Auch dort gab es wenig Neues. Die Spuren am Fundort gaben nicht viel her. Das Handtuch, in das die Leiche gewickelt war, brachte sie kaum weiter. Entgegen der Hoffnungen der Kollegen waren nur Spuren des Leichnams darauf zu finden. Vielleicht, meinte der Spurenkundler enttäuscht, könnte man über Hersteller und Verkaufswege noch etwas herausfinden. Aber das würde schwierig werden.
    Erst als ein junger Assistent dazukam, ein Mann mit Afrofrisur und schlecht sitzendem Hemd, der Post vom LKA in Düsseldorf in der Hand hielt, hellte sich die Stimmung ein wenig auf. Einer der Zeichner vom LKA hatte ein Phantombild von dem toten Mädchen erstellt. Es war sehr gut geworden, sehr genau. Wenigstens etwas, das Böttger mit in die Pressekonferenz nehmen konnte.
    Er betrachtete das Bild nachdenklich. Ein kleines Mädchen. Kindergartenalter. Traurigkeit erfasste ihn. Egal, wie wenig der Körper auf dem Tisch der Rechtsmedizin an einen Menschen erinnerte. Bei diesem Bild hier war es anders. Ein kleines Kind, das sein ganzes Leben noch vor sich hatte.
    Er faltete das Bild zusammen und kehrte zurück in sein Büro. Eine Auszeit. Er hockte mit seinem Tee einfach da und sah zum Fenster hinaus. Dabei spürte er, wie er sich entspannte. Draußen auf dem Parkplatz standen ein halbes Dutzend Übertragungswagen. Überall Presseleute und Kamerateams. Ein richtiger Rummel herrschte da unten. Glücklicherweise waren sie hier vor der Meute gut abgeschirmt. Die Pressestelle ließ keinen vorbei, damit das Team in Ruhe arbeiten konnte. Wenn man bei den Ermittlern saß, dann konnte man fast vergessen, was da draußen los war. Für Böttger jedoch würde diese Blase gleich platzen. Nämlich dann, wenn die Pressekonferenz losging und er in die Arena musste.
    Er schloss die Augen und genoss den wärmenden Tee. Plötzlich klopfte es, und fast im gleichen Moment flog die Tür auf. Kriminaloberat Brüse trat ein. Er sah ihn fragend an und deutete auf seine Armbanduhr.
    »Böttger. Ich habe mich gefragt, wo Sie bleiben. Die Pressekonferenz.«
    »Ich war noch bei den Spurenkundlern. Wir haben ein Bild von dem Kind. Ein Zeichner hat das Gesicht rekonstruiert.«
    »Lassen Sie sehen«, sagte Brüse und nahm das Phantombild entgegen. »Großartig«,
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