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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Stefan Holtkötter
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sagte er dann. »Wenigstens etwas.«
    Gemeinsam machten sie sich auf den Weg ins Erdgeschoss. Auf dem Flur begegneten sie Harald Hochbohm. Sein hochgewachsener, dürrer Körper wirkte ausgezehrt. Man sah ihm die Erschöpfung der letzten Tage an. Wahrscheinlich wünschte er sich, sein Ruhestand hätte bereits begonnen. Als er die beiden Männer sah, wedelte er mit einer Akte.
    »Wir haben was«, sagte er. »Eine Zeugin.«
    »Was für eine Zeugin?«, fragte Brüse.
    »Das Bild von dem Kind. Das ging wirklich schnell. Wir haben es gerade erst ins Internet gestellt, und schon hat sich jemand gemeldet. Eine Frau, die das Kind gesehen haben will. Sie klingt glaubwürdig.«
    Das Mädchen hatte also doch existiert. Es hatte ein Leben gehabt. Und Eltern. Und einen Mörder.
    »Die Zeugin hat es auf einem Parkplatz gesehen«, sagte Harald. »Ihr wisst schon, der große Lidl-Markt vor der Stadt. Sie ist sich ganz sicher.«
    »Also gut, lassen Sie die Frau herkommen«, sagte Brüse. »Wir müssen jetzt runter. Wir legen erst mal mit dem los, was wir haben. Für die Pressekonferenz reicht das. Alles andere sehen wir später.«
    Harald Hochbohm nickte und humpelte davon. Böttger folgte dem Kriminaloberrat schweigend durchs Treppenhaus. Doch innerlich war er jetzt hellwach. Als hätte Harald ihm eine kalte Dusche verpasst.

    Sanna war wieder allein in der Turnhalle. Ihre Kurse waren längst beendet, doch sie war geblieben, um die Ausstattung in den Schränken zu sichten, um Sachen herumzuräumen und Listen zu erstellen. Erika Eckart hatte ihr zugesichert, dass Geld zur Verfügung stünde, falls noch etwas fehle – »Hula-Hoop-Reifen oder Medizinbälle oder was man sonst so braucht für Feldenkrais.« Sanna solle einfach eine Liste mit allem machen, was anzuschaffen sei, dann wolle sie das unterzeichnen und dem Praktikanten geben, der für den Einkauf verantwortlich war.
    Es war inzwischen spät geworden. Zeit, nach Hause zu gehen. Sanna reckte sich. Erika Eckart war bereits fort, so wie die meisten anderen Mitarbeiter auch. Viele der Bewohner lebten selbstständig in ihren Bereichen. Tagsüber gab es eine Menge Menschen, die sich um sie kümmerten. Therapeuten, Sozialarbeiter, Hauswirtschaftler, Anleiter. Doch nachts waren sie weitgehend allein. Nur wenige Mitarbeiter blieben auf dem Gelände, um in Notfällen zur Verfügung zu stehen. Sanna schaltete das Licht in der Turnhalle aus und verließ das Gebäude.
    Der Klosterhof war verwaist. Graue Wolkenbänke ließen es frühzeitig dunkel werden. Vom Sommer war weiterhin keine Spur. Leichter Sprühregen wehte über den Hof, und ein kalter Wind kam auf. Sanna ging hinüber zum Verwaltungstrakt. Erika Eckart hatte ihr angeboten, einen der Dienstwagen zu nehmen, solange der Bus nicht fuhr und Sanna noch kein eigenes Auto besaß. Ein kleiner Smart mit einem riesigen Logo vom Stift Marienbüren. Es wäre zwar kein Sportwagen, meinte sie, aber für den Anfang würde er sicherlich reichen. Sanna war ihr sehr dankbar dafür. So brauchte sie sich nicht von Tante Renate herumkutschieren zu lassen. Und war viel unabhängiger.
    Sie steuerte das Portal der Verwaltung an, um sich die Autoschlüssel zu besorgen. Doch zu ihrer Überraschung war der Haupteingang bereits verschlossen. Sie sah zu den kleinen Sprossenfenstern hinüber, aber nirgends brannte Licht. Es war keiner mehr da, der ihr den Schlüssel übergeben konnte. Also marschierte sie zum Kücheneingang, durchquerte den Vorratskeller und kletterte unter der Verwaltung die schmale Treppe hinauf, die sie zu der Nische hinter der Anmeldung führte.
    Die Pforte und der Verwaltungsraum lagen im Halbdunkel. Es war alles still, nur das Ticken der alten Standuhr war zu hören. Über dem Türbogen lächelte die Statue des heiligen Augustinus auf sie herab. Eine seltsame Atmosphäre, wenn alles verwaist war. Auf leisen Sohlen schlich sie zum Hauptraum, wo der Schlüsselkasten hing. Doch als sie das Licht einschalten wollte, war draußen ein ungewöhnliches Geräusch zu hören. Ein Rumpeln, direkt vor dem Eingangsportal. Sie hielt inne und lauschte.
    Das Geräusch wurde lauter. Jemand machte sich an der alten Eichentür zu schaffen. Eilig zog sie die Hand vom Lichtschalter und starrte zum Eingang. Jetzt knarrte und schabte es im Schloss. Und auf einmal sprang die Tür auf.
    Sanna blickte sich hektisch um. Der Weg zum Keller war zu weit, also huschte sie hinter den Bauernschrank, der neben der Anmeldung stand, und tauchte dort in die Dunkelheit ab.
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