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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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wollte nicht länger über die Vergangenheit nachdenken. Ihr Vater war ihr egal. Ein Neuanfang stand bevor. Sie wollte alles hinter sich lassen. Das war längst überfällig.
    »In Kürze erreichen wir Bielefeld«, meldete sich der Zugführer über den Lautsprecher. »Im Regionalverkehr kommt es aufgrund umgestürzter Bäume und unterspülter Gleise zu Verspätungen und Zugausfällen. Bitte achten Sie auf die Lautsprecherhinweise auf dem Bahnsteig.«
    Wie um die Durchsage zu unterstreichen, gab es draußen ein lautes Donnern, gefolgt von hellen Blitzen. Der Himmel wurde nun tiefschwarz, Dunkelheit legte sich über die Landschaft. In kurzen Intervallen flackerten im Abteil die Lichter auf. Sanna nahm ihre Tasche und steuerte den Ausgang an.
    Tante Renate war bereits von Weitem zu sehen. Sie trug einen leuchtenden giftgrünen Wollmantel, der völlig durchnässt war und im Regensturm flatterte wie eine Windfahne. Die grellroten Haare hatte sie notdürftig zu einem Dutt verknotet, dennoch hingen ihr Strähnen im Gesicht. Mit beiden Händen versuchte sie, einen halb zerfetzten Regenschirm zu bändigen. Als sie Sanna aus dem Zug steigen sah, stopfte sie den Schirm kurzerhand in einen der überquellenden Abfalleimer.
    »Sanna, mein liebes Kind!« Sie riss sie an sich. Der nasse Wollmantel hatte bereits einen durchdringenden Eigengeruch entwickelt. Sanna verschlug es den Atem. »Bist du denn gut rübergekommen? Es hätte mich nicht überrascht, wenn der gesamte ICE einfach vom Gleis gespült worden wäre. Man hat ja das Gefühl, die Welt geht unter. Du liebe Güte, ich sage dir, so etwas habe ich wirklich noch nicht erlebt.«
    Sie hielt Sanna auf Armlänge und musterte sie. Mit ihrer verlaufenen Schminke erinnerte sie an einen angejahrten Zirkusclown. Sanna lächelte. Sie fühlte sich gut.
    »Glaub mir, mein Schatz, ich hätte dich gern mit besserem Wetter begrüßt. Was ist denn das für ein Neuanfang? Mitten in einer Sintflut! Aber warte nur, bis du deine neue Wohnung gesehen hast. Die ist wunderhübsch. Ganz winzig und in einem uralten Fachwerkhaus gegenüber der Kirche. Wie ein Hexenhäuschen, sage ich dir, ich habe mich auf der Stelle in die Wohnung verliebt.«
    Tante Renate nahm Sannas Tasche, sie bestand darauf. Auf dem Weg durch die Bahnhofshalle redete und redete sie, ohne Sanna die allerkleinste Möglichkeit zu geben, auch nur ein Wort zu sagen. Aber das war typisch für Tante Renate. Wenn sie aufgeregt war oder sich freute, redete sie ohne Punkt und Komma. Am Ausgang drängten sich die Menschen unter dem schmalen Vordach. Unschlüssig blickten sie in den Regenguss, keiner wagte sich hinaus. Der Wind wechselte plötzlich die Richtung und peitschte den Regen unter das Vordach. Die Leute gaben erschrockene Laute von sich, es wurde gedrängelt und geschubst, alle stolperten zurück in die Halle.
    Tante Renates alter Golf stand direkt vor dem Eingang, mitten auf dem Vorplatz, als wäre er eine moderne Skulptur. Im totalen Halteverbot natürlich, aber Tante Renate ging wohl recht in der Annahme, dass bei diesem Wolkenbruch weder eine Politesse noch ein Abschleppdienst auftauchen würden. Als sie ins Freie traten, prasselte es augenblicklich von allen Seiten auf sie ein. Die paar Meter zum Auto reichten aus, sie völlig zu durchnässen. Sanna ließ sich auf den Beifahrersitz fallen. Sie begrub ein paar leere Zigarettenschachteln und einen Hundeknochen unter sich. Im Fußraum schob sie Tante Renates Einkäufe und eine alte Hundedecke zur Seite, dann zog sie die Tür hinter sich zu.
    Renate schwang sich hinters Steuer. Das Unwetter war nun ausgesperrt, sie saßen im Trockenen. Regen trommelte lautstark aufs Autodach.
    »Du liebe Güte.« Tante Renate lachte auf. »Wenn das so weitergeht, müssen wir uns eine Arche Noah bauen.«
    Im Schneckentempo fuhren sie aus Bielefeld heraus. Es waren nicht viele Autos unterwegs.
    »Deine Eltern waren doch sicher entsetzt, wie ich sie kenne. Aus Berlin weggehen?! Bestimmt haben die versucht, dir das Ganze auszureden.«
    »Es ist meine Entscheidung«, sagte Sanna knapp. »Das müssen sie akzeptieren.«
    Sanna bemerkte den Seitenblick ihrer Tante und versuchte ihn zu ignorieren. Renate konnte hartnäckig sein. Das Thema war höchstens aufgeschoben und nicht aufgehoben.
    Sie näherten sich Marienbüren, Sannas zukünftigem Zuhause, einem abgelegenen Ort im Teutoburger Wald. Nirgendwo war eine Menschenseele zu sehen. Die Sträßchen, die von den Berghängen ins Tal führten, hatten sich in

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