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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Lehm bedeckt, zerfressen von Würmern und Insekten, Tausendfüßlern, Käfern, Schnecken … und nichts, was heute geschieht, spielt dann noch irgendeine verdammte Rolle.
    Dieses Gefühl gibt mir der schwarze Ort.
    Aber ich war noch nicht dort angekommen.
    Ich rauchte die Zigarette zu Ende, ging in die Küche und schluckte eine Handvoll Schmerztabletten, dann kehrte ich in den Sessel zurück und goss mir einen Scotch ein. Ich steckte eine neue Zigarette an, nahm ganz gemächlich einen kräftigen Schluck und atmete langsam aus, als die Hitze des Whiskys in den Bauch sickerte und danach hoch in mein Herz stieg wie ein warmer Ballon.
    Ich goss mir noch einen ein, danach saß ich nur da und trank und rauchte im regengrauen Licht des Nachmittags, bis ich einschlief.
     
    Ich wachte vom Klingeln meines Handys auf. Das Tageslicht verblasste inzwischen langsam, und während ich das Handy aus der Tasche fummelte und an mein Ohr hielt, rollte draußen ein Wagen die Straße entlang und das Halbdunkel des Zimmers wurde für einen kurzen Moment von dem langsamen Schwenk seiner Scheinwerfer erhellt.
    »Ja?«, sagte ich ins Telefon.
    »Hi, John«, antwortete eine vertraute Stimme. »Ich bin’s, Imogen …«
    Imogen Rand war eine gute Freundin, die einmal mehr als nur eine gute Freundin gewesen war. Ihr Vater, Leon Mercer, war der Besitzer und Geschäftsführer von Mercer Associates.
    »Hi, Immy«, sagte ich. »Ich wollte dich heute auch noch anrufen.«
    »Ja, sicher. Natürlich wolltest du.«
    »Nein, wirklich …«
    »Ist alles in Ordnung mit dir, John?«, unterbrach sie mich. »Du klingst ein bisschen –«
    »Ja, tut mir leid. Ich bin gerade aufgewacht.«
    »Lange Nacht?«
    »Na ja, mehr oder weniger …«
    »Ich kann noch mal anrufen, wenn du willst.«
    »Nein, alles in Ordnung.«
    »Sicher?«
    »Ja«, sagte ich und warf einen Blick auf die Uhr. Es war 16.55 Uhr. »War sowieso Zeit aufzuwachen.«
    »Okay … also, ich ruf auch nur ganz kurz an. Hat sich schon eine gewisse Mrs Gerrish bei dir gemeldet?«
    »Ja, hab sie heute Mittag getroffen. Sie hat mir gesagt, dass du mich empfohlen hast.«
    »Na ja, du weißt doch, es ist nicht das, womit wir uns hier beschäftigen, und ich dachte, vielleicht findest du die Sache interessant … Wirst du dich darum kümmern?«
    Ich zündete eine Zigarette an. »Ich hab ihr gesagt, ich versuch es drei Tage.«
    »Gut, ja …«, sagte sie zögernd. »Die Sache ist die, John, ich hab gestern Abend Dad besucht und ihm davon erzählt, und er hat mir erklärt, der leitende Ermittler im Fall Anna Gerrish ist Mick Bishop. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich Helen Gerrish natürlich nicht mit dir in Kontakt gebracht, zumindest nicht, ohne dich vorher zu fragen. Tut mir leid, John, ich hab einfach nicht dran gedacht, das vorher zu klären.«
    »Schon gut«, versicherte ich ihr. »Kein Problem. Ich wusste das mit Bishop sowieso, ehe ich mich entschieden habe.«
    »Wirklich? Dann machst du es also trotzdem?«
    »Ja, wieso nicht? Vergangenheit ist Vergangenheit.«
    »Da hast du wohl recht …«
    »Was hältst du überhaupt von ihr?«, fragte ich.
    »Von Helen Gerrish?«
    »Ja.«
    »Nicht viel. Ich meine, klar, es tut mir natürlich leid für sie und so, aber …«
    Ich lachte.
    »Was?«, fragte sie. »Was ist daran so lustig?«
    »Du, dass dir jemand leidtut.«
    »Hey«, sagte sie und tat so, als ob sie beleidigt wäre. »Nur weil mir die meisten Menschen am Arsch vorbeigehen, heißt das noch längst nicht, dass ich kein Mitleid habe.«
    »Klar, sie hat dir also richtig leidgetan, aber …?«
    »Na ja, als Erstes hat sie schon mal gelogen.«
    »Worüber?«
    »Ich weiß nicht, über irgendwas hat sie eindeutig gelogen. Zumindest als sie mit mir geredet hat.«
    »Ja, ich hatte auch das Gefühl. Und was mochtest du sonst nicht an ihr?«
    »Es ist nicht die Frage, ob ich sie mag , John … na ja, ehrlich gesagt, wenn ich drüber nachdenke, ist es das schon. Ich mochte sie absolut nicht. Und ich bin mir sicher, wenn ich ihren Mann träfe, würde ich ihn auch nicht mögen.«
    »Was ist mit Anna? Glaubst du, sie würdest du mögen, wenn du sie träfest?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Du bist ja so nett, Imogen.«
    »Genau.«
    Dann redeten wir noch ein bisschen über alles Mögliche – den StayBright/Preston-Elliot-Fall (von dem ich ihr sagte, dass es gut vorangehe), die gesundheitlichen Probleme ihres Vaters und dass sie nun möglicherweise die Geschäftsführung der Firma übernehmen

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