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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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gestanden. Direkt hinter der Unterführung ist so eine kleine Parkbucht. Hat wahrscheinlich gedacht, ist eine praktische Stelle zum Halten für die Freier. Egal, in der Nacht hab ich gesehen, wie der Typ die London Road raufgekommen ist und wieder sein übliches Ding machte – abbremsen und uns alle anglotzen –, dann ist er weitergefahren wie immer. Aber danach, als er zu der Bucht kam, hab ich ihn anhalten sehen.«
    »Und Anna war in der Nacht da?«
    »Ja … sie hatte noch gar nicht so lange gewartet, halbe Stunde vielleicht oder so …«
    »Wie spät war das?«
    »Ziemlich spät, so gegen zwei, irgendwas um den Dreh. Anna hat im Wyvern gearbeitet … vor eins war sie da nicht fertig.«
    »Hast du gesehen, dass sie in den Wagen gestiegen ist?«
    »Mehr oder weniger …«
    »Was heißt das?«
    »Schau«, sagte Tasha, nahm meinen Arm und schob mich so hin, dass ich durch die Unterführung blickte. »Die Bucht wird vom Ende der Brücke halb verdeckt … verstehst du, was ich meine? Wenn ein Auto nah am Bürgersteig hält, seh ich von hier aus bloß noch die Fahrerseite.«
    Ich nickte. »Das heißt, wenn jemand auf der Beifahrerseite einsteigt, hast du nicht im Blick, ob er es tatsächlich tut?«
    »Genau … aber Anna war eindeutig da, ich hab auch gesehen, wie sich der Typ rüberbeugte, um die Beifahrertür aufzumachen, und als er wegfuhr, saß eindeutig jemand auf dem Beifahrersitz.«
    »Du kannst aber nicht mit Sicherheit sagen, dass es Anna war?«
    »Nein. Aber als ich ein paar Minuten später an der Parkbucht vorbei bin, war Anna weg.«
    Sie zündete sich eine neue Zigarette an und hielt mir die Schachtel hin.
    »Danke«, sagte ich und ließ mir von ihr Feuer geben. »Dieser Mann … er fuhr von der Brücke weg , nicht in diese Richtung zurück?«
    »Darum konnte ich ja nicht sehen, wer auf dem Beifahrersitz saß.«
    Ich schaute die Unterführung entlang und versuchte mich zu erinnern, wohin die Straße eigentlich führte. »Hast du irgendjemand davon erzählt?«, fragte ich Tasha. »Der Polizei, der Zeitung …«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hat mich niemand gefragt.«
    »Die Polizei hat gar nicht mit euch geredet?«
    »Mit mir jedenfalls nicht. Was die andern Mädchen betrifft, keine Ahnung …«
    »Wieso sollte die Polizei mit den andern reden, aber nicht mit dir?«
    »Weiß ich nicht … Hab’s nur so gesagt, das ist alles.«
    Ich nickte. »Weißt du noch, was das für ein Wagen war?«
    »Ja, ein Nissan Almera.«
    Ich lächelte. »Ein Nissan Almera?«
    Sie lächelte zurück. »Ich hab einen Jungen, der ist fünf und verrückt nach Autos.« Sie lachte leise. »Egal, wo wir hingehen, immer zeigt er sie mir und sagt, wie sie heißen. Das ist ein BMW, Mummy. Und der da ist ein Zafira … « Sie schüttelte den Kopf und ihr Lächeln bekam etwas Trauriges. »Egal, jedenfalls … deshalb weiß ich über Autos Bescheid. Es war ein Nissan Almera.«
    »Farbe?«
    »Grün.«
    »Ich nehme nicht an, dass du auch noch das Kennzeichen weißt.«
    Sie nickte. »Hast du einen Stift?«
    Diesmal gelang es mir, meine Überraschung zu kaschieren, während ich in die Tasche griff und ihr einen Stift reichte. Sie schrieb die Autonummer auf die Rückseite ihrer Zigarettenschachtel, dann gab sie sie mir. Ich schüttelte die Schachtel. Sie war noch mindestens halb voll.
    »Schon gut«, sagte sie. »Kannst du behalten. Ich hab noch jede Menge.«
    »Sicher?«
    »Ja.«
    »Danke.« Ich sah sie an. »Kannst du mir den Mann im Wagen beschreiben?«
    »Er war nicht mehr jung«, sagte sie. »Anfang fünfzig vielleicht. Dunkle Haare, blasses Gesicht. Seine Augen konnte ich nicht richtig sehen, weil er immer so eine getönte Brille trug … weißt du, was für eine ich meine? Keine Sonnenbrille, eine normale, aber mit getönten Gläsern.«
    »Klar.«
    »Aber ich glaube , seine Augen waren dunkel.«
    »Was hatte er an?«
    Sie zuckte die Schultern. »Keine Ahnung … normale Sachen, was so alte Säcke eben tragen – Hemd, irgend ’ne Jacke … verstehst du, so was, woran man sich schlecht erinnert.«
    »Ja, ich weiß, was du meinst. Gibt es sonst noch was, das du mir erzählen kannst?«
    Sie dachte nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein … ich glaub, das war’s so ziemlich.«
    »Okay, danke, Tasha. Du hast mir echt sehr geholfen.«
    Sie zuckte die Schultern. »Na gut …«
    Ich zog die restlichen Scheine aus meiner Brieftasche – 65 Pfund – und gab sie ihr. »Tut mir leid«, sagte ich. »Das ist alles, was ich noch

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