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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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sagen?«
    Ich zuckte die Schultern. »Für Geld.«
    »Wie viel?«
    »Hängt davon ab, was du weißt.«
    Sie ließ ihr Kaugummi knallen. »Hab schon dreißig Kröten von dem Typen im Astra verloren. Wenn du nicht gewesen wärst, hätt er angehalten.«
    »Dreißig Pfund?«, fragte ich überrascht, dass es so billig war.
    »Dann eben fünfundzwanzig«, sagte Tasha, meine Reaktion missverstehend. »Egal … ich kann nicht die ganze Nacht mit dir reden, muss Geld verdienen.«
    Ich zog meine Brieftasche raus und gab ihr drei Zehn-Pfund-Scheine. »Mehr gibt’s«, sagte ich, als sie die Scheine nahm, »wenn du mir sagst, was du über Anna weißt.«
    Tasha steckte die Scheine in die obere Tasche ihrer Jeansjacke. »Wir haben eigentlich über gar nichts gesprochen«, sagte sie. »Ich weiß nicht mal, wieso sie mit mir geredet hat. Mit den andern hat sie nie geredet. Sie war irgendwie kalt, verstehst du … wie wenn sie Millionen Kilometer weit weg wär.« Ich wartete, als Tasha die Zigarette wegwarf und sich eine neue anzündete. »Ich hab auch, soweit ich mich erinnere, nur zwei Mal mit ihr geredet«, fuhr sie fort. »Beim ersten Mal hat sie mir den ganzen Müll von wegen Model erzählt, den sie wahrscheinlich nicht mal selbst glaubte. Und beim zweiten Mal …« Tasha schwieg und versuchte, sich zu erinnern. »Keine Ahnung … ich meine , es wär irgendwas über ihren Alten gewesen, aber das war vor ungefähr fünf oder sechs Wochen, als gerade ziemlich viel richtig guter Stoff im Umlauf war, und ich glaub, wir waren damals beide ziemlich zugedröhnt …«
    »Erinnerst du dich, was sie über ihren Vater gesagt hat?«
    Tasha zuckte die Schultern. »Die übliche Scheiße wahrscheinlich … du weißt schon, diese ganze Daddy-hat-mich-vergewaltigt-Kacke. Ich hab das inzwischen so oft gehört, dass ich nur noch abschalte, wenn jemand damit kommt …« Sie sah mich an. »Hast du was verloren?«
    Ich war gerade dabei, auf der Suche nach Zigaretten meine Taschen abzutasten, doch dann erinnerte ich mich, dass ich die Schachtel ja Lizzie gegeben hatte. »Du hast nicht zufällig ’ne Zigarette übrig?«, fragte ich Tasha.
    Sie lächelte, als sie mir ihre Schachtel hinhielt. »Eigentlich musst du mich bezahlen.«
    Es war ein nettes Lächeln.
    Ich zündete die Zigarette an und sagte: »Erinnerst du dich an irgendwas von der Nacht, als Anna verschwand? Das ist ungefähr einen Monat her, war ein Montag.«
    »Ja«, sagte Tasha. »Ich weiß, welcher Tag das war.«
    Ich sah sie an, unfähig, die Überraschung in meinen Augen zu verbergen.
    »Was ist?«, fragte sie. »Glaubst du, ich lüge?«
    »Nein, natürlich nicht. Ist nur … keines der andern Mädchen konnte sich so weit zurückerinnern.«
    »Ich bin aber nicht wie die andern Mädchen.«
    Ich nickte. »Darf ich dich fragen, wieso du dich gerade an diese Nacht erinnerst? Ich meine, nichts für ungut, aber ich stell mir vor, dass hier unten jede Nacht ziemlich gleich ist.«
    »Lag an dem Typ im Wagen«, sagte Tasha. »Deshalb erinner ich mich an die Nacht. Dieser Typ … ich weiß nicht, irgendwas war an dem. Zuerst dacht ich, er wär bloß einer von den Freiern, die ein Mädchen wollen , aber wenn sie dann hier sind, kriegen sie’s nicht gebacken, da haben sie auf einmal Schiss, es wirklich zu tun, verstehst du? Also fahren sie einfach nur rum und begaffen uns und danach schieben sie ab nach Hause und holen sich wahrscheinlich einen runter. Aber der Typ … na ja, der kam immer wieder, fast jede Nacht, ungefähr zwei Wochen lang, doch soweit ich weiß, hat er nie eine von uns angesprochen. Ist bloß jedes Mal rumgefahren und hat sich umgeschaut … doch ich hatte nicht das Gefühl, dass er vor irgendwas Schiss hatte. Ehrlich gesagt war es eher andersrum … Scheiße, verdammt, der hatte echt was Unheimliches an sich.«
    »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    »Na ja, der hatte einfach so einen Blick, weißt du … als ob ihm alles scheißegal wär. Verstehst du, wie ich das meine? Er war einer von diesen eiskalten Arschlöchern, die sich einen Dreck um andere kümmern.«
    »Und in der Nacht hast du ihn auch gesehen?«
    »Ja, er hat Anna aufgegabelt.«
    »Bist du sicher ?«
    »Ja«, sagte Tasha kopfnickend. »Hundert Prozent. Ich hab gesehen, wie sie in den Wagen gestiegen ist. Ich meine, das war das erste Mal, dass der Typ angehalten hat … deshalb erinner ich mich dran.« Sie wedelte mit ihrer Zigarette zum anderen Ende der Unterführung hin. »Anna hat meistens da unten

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