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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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versucht, ihn zu erpressen. Und dann ist er endgültig hinter ihr her.«
    »Ja, aber wenn er weiß, du hast sie geschickt –«
    »Das spielt doch keine Rolle. Er weiß ja schon, dass Tasha mir die Nummer gegeben hat, und er muss doch zumindest in Erwägung gezogen haben, dass ich mich noch an sie erinnere.«
    »Ja, gut«, sagte Cal. »Aber wieso nehmen wir statt deinem Handy nicht eines von meinen, die man nicht zurückverfolgen kann? Lass uns einfach das Kennzeichen simsen, nichts sonst, und mit deinem Kürzel unterschreiben.«
    »Wozu? Wenn er doch sowieso weiß, dass sie von mir kommt.«
    »Er wird glauben , dass sie von dir kommt«, sagte Cal lächelnd. »Er wird sich zu 99 Prozent sicher sein, dass die SMS von dir stammt, aber er wird trotzdem versuchen, die Nummer zurückzuverfolgen, einfach um Gewissheit zu haben. Und die Spur wird ihn fast um die halbe Welt führen und wieder zurück. Und am Ende, nach drei, vier Stunden, werden seine IT-Leute merken, dass sie immer im Kreis führt. Sie werden nie irgendwo ankommen.«
    »Und was erreichen wir damit?«
    Cal lächelte wieder. »Es wird Bishop eine Weile beschäftigen, ihn Zeit kosten … ihm was zum Nachdenken geben.«
    »Und ihn anpissen.«
    »Ja, das auch.«
    Ich lächelte. »Okay. So machen wir’s.«
     
    Nachdem er die SMS verschickt hatte, sagte Cal: »Okay. Und was jetzt?«
    »Überwachungskameras«, antwortete ich. »Kannst du dich in die einhacken?«
    »Was für Überwachungskameras?«
    »Nur die normalen, du weißt schon …«
    »So was wie die Kameras im Stadtzentrum?«
    »Ja.«
    Er nickte. »Kein Problem.«
    »Wie sieht das bei alten Aufzeichnungen aus?«
    »Wie alt?«
    »Einen Monat oder so.«
    Er sah mich an. »Die Nacht, in der Anna verschwunden ist?«
    »Ja, ich weiß, es ist reine Spekulation, aber wenn wir Aufnahmen von dem Nissan hätten um die Uhrzeit, als Anna in jener Nacht eingestiegen ist, könnte uns das einen Hinweis geben, wohin sie verschwunden ist. Meinst du, du schaffst das?«
    Cal musste eine Weile nachdenken, aber schließlich sagte er: »Na ja … ich hab mich ehrlich gesagt noch nie in archivierte Aufzeichnungen gehackt, aber eigentlich sollte das kein Problem sein. Sämtliche Überwachungskameras in Hey werden von der Stadtverwaltung betrieben und wahrscheinlich speichern sie das Archivmaterial in ihrem System auf Harddisks.« Er grinste mich an. »Die Computersicherheit bei der Stadtverwaltung ist bekanntermaßen ein Witz. Ehrlich gesagt ist es so leicht, da reinzukommen, dass manche Hacker es als Beleidigung ihrer Intelligenz ansehen und sich weigern, auch nur ansatzweise –«
    »Gut«, sagte ich ungeduldig. »Das heißt, du kommst rein?«
    »Klar.«
    »Und wenn ich dir alles sage, was ich über Annas Wege in dieser Nacht weiß, glaubst du, dann kannst du sie aufspüren?«
    »Hängt alles von der Position der Kameras ab«, sagte er und wandte sich seinem Laptop zu. »Okay, wollen wir mal sehen … als Erstes brauchen wir einen Lageplan aller Kameras dort …«
     
    Ich muss einige Stunden, wenn nicht länger, neben Cal gesessen und ihm zugeschaut haben, wie er sein Ding durchzog. Es war eine unglaubliche Erfahrung. Das meiste, was er machte, war weit jenseits meines Verständnisses, aber auch wenn ich nicht so recht wusste, was er eigentlich tat, war es doch unmöglich, nicht sein Geschick und seine Beharrlichkeit zu bewundern. Seine Finger flogen elegant über die Tastatur, während seine Augen geradezu besessen auf den Bildschirm starrten … Es war berauschend – als würde ich einem Genie bei der Arbeit über die Schulter blicken. Natürlich schoss das Amphetamin jetzt so richtig durch meinen Körper, was meine Verzückung sicher noch steigerte, aber trotzdem … es war der Wahnsinn, ihm zuzusehen.
    In der ersten Stunde oder so, als Cal in das System eindrang, sprachen wir nicht viel, und das war für mich völlig in Ordnung. Ich hatte in den letzten Tagen so viel geredet, dass es für eine Ewigkeit reichte, und ich war absolut glücklich, einfach nur schweigend dazusitzen, Zigaretten zu rauchen und auf den Bildschirm zu starren, wo das Innenleben des Cyberspace vorbeiraste.
    Doch nachdem Cal das System geknackt hatte, waren wir beide gefordert, und für die nächsten eineinhalb Stunden arbeiteten wir zusammen. Cal stellte mir Fragen – Um welche Uhrzeit hat Anna das Wyvern verlassen? Welchen Weg hat sie wohl genommen, um zur London Road zu kommen? Ab wann war sie dort? Wann ist sie in den Nissan

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