Schlaflos in Schottland
Ehemann wütend an.
Hugh rieb sich mit der flachen Hand die gerunzelte Stirn. Zwischen Nase und Mundwinkeln hatten sich tiefe Falten in seine Haut eingegraben. „Catriona ... ich weiß nicht, warum ich das getan habe. So etwas habe ich noch nie gemacht, und ich ...“ Nun strich er sich mit seinen zitternden Fingern über das ganze Gesicht, dessen Züge wie erstarrt waren.
„Geh fort!“
Etwas blitzte in den Tiefen seiner Augen auf. „Es tut mir leid.“
Sie antwortete nicht, unfähig, ihre Enttäuschung, ihre Wut und ihre Angst in Worte zu fassen. Sie spürte das alles, und doch war da nur ihre vor Kälte erstarrte Seele, als könnten all diese Gefühle sie nicht wärmen.
„Catriona, ich ...“
Sie schüttelte den Kopf, ließ sich aufs Bett sinken, umklammerte die Kissen und hielt sich daran fest.
Schließlich verließ er mit schmerzlich verzogenem Gesicht das Zimmer.
Catriona lauschte seinen sich entfernenden Schritten und wartete, bis sie ihn nicht mehr hörte. Dann vergrub sie ihr Gesicht in einem der Kissen und weinte.
Hugh blieb am Fuß der Treppe stehen, ballte seine Hände und öffnete sie wieder. Was zum Teufel hatte er getan? Er verlor nie die Beherrschung. Seit seiner Jugend, als sein jüngerer Bruder getötet worden war, hatte er niemals wieder seinen Gefühlen erlaubt, die Oberhand zu gewinnen. Doch dieses Mal hatte er nicht einfach nur die Beherrschung verloren, sondern er hatte den Sturm geleitet, und diese Anstrengung hatte ihm nichts weiter eingebracht als Übelkeit erregende Kopfschmerzen und ein furchtbar leeres Gefühl in der Brust.
Er schaute sich in der Halle um, ließ seinen Blick über die Porträts gleiten, die von den Wänden gefallen waren, und betrachtete die zerfetzten Vorhänge. In einer Ecke lagen die Scherben einer zerschmetterten Vase. Schlimmer noch, Angus und Liam starrten ihn an, und in ihren Gesichtern stand das blanke Entsetzen. Ihre Uniformen waren in Unordnung geraten, in Mitleidenschaft gezogen von dem Sturm, den er im Haus entfesselt hatte.
Tiefes Bedauern schnürte ihm die Kehle zu. „Liam, hol die Mädchen und ihr Gepäck. Sie werden für einige Tage im Haus meines Bruders bleiben.“
„Sofort, Mylord.“ Liam nahm zwei Stufen auf einmal, offensichtlich froh, das Weite suchen zu können.
Angus stand in Erwartung von Befehlen stramm.
„Ich brauche die Kutsche. Sie soll vorgefahren werden.“
„Sehr wohl, Mylord.“ Auch er lief los, als könnte er es nicht erwarten, fortzukommen.
Hugh war sehr elend zumute. Er fühlte sich, als hätte er sich zu viele Male im Kreis gedreht. Dieses Gefühl würde er mehrere Tage nicht loswerden. Es würde umso länger andauern, je weniger Ruhe er sich gönnte.
Er hatte nicht vorgehabt, zornig zu werden. Dennoch war zügellose Wut in ihm aufgestiegen, als Catriona behauptet hatte, er sei nicht fähig, sein Leben und seine Gefühle mit seinen Töchtern zu teilen. Seine Liebe zu Christina und Devon und Aggie war grenzenlos. Wie konnte Catriona es wagen, diese tiefen Empfindungen infrage zu stellen!
Doch sie hatte es getan. Sie hatte gewagt, zu bezweifeln, dass er sich wirklich für seine Kinder öffnen konnte. Und sie war nicht davor zurückgeschreckt, den Mädchen zu zeigen, wie es sich anfühlte, wenn man das Opfer von kindischen Streichen wurde.
Erschöpft schaute Hugh die Treppe hinauf und fragte sich, was sie jetzt wohl machte. Sie hatte verzweifelt gewirkt. Sollte er zu ihr zurückkehren? Sollte er noch einmal mit ihr reden?
Wieso? Du weißt doch nicht einmal, wie du selbst dich fühlst, weil in deinem Inneren alles drunter und drüber geht. Er schüttelte den Kopf und ging zur Tür, um draußen vor dem Haus auf die Kinder zu warten.
Er brauchte Zeit und Abstand, damit sich die hohen Wogen aus Verlangen und anderen Gefühlen glätteten, die Catriona in ihm ausgelöst hatte. Sehr viel Zeit und sehr viel Abstand.
Gott sei Dank wusste er, wo er beides finden konnte.
16. Kapitel
Was für ein trauriger Tag, wenn ihr euch selbst kneifen müsst, weil ihr nicht wisst, ob ihr wach seid oder mitten in einem Albtraum. Und wenn ihr euch zweimal kneifen müsst, ist es ein wirklich trauriger Tag.
So sprach die alte Heilerin Nora in einer kalten Winternacht zu ihren drei jungen Enkelinnen.
Mrs Wallis bückte sich und starrte in die Dunkelheit. „Ich bin mir nich’ sicher, welcher es is’, aber ...“ Sie runzelte die Stirn. „Vielleicht is’ er ja doch nich’ hier. Aber ich erinnere mich, dass er hier war, also
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