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Schlaflos in Seoul

Titel: Schlaflos in Seoul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Hohleiter
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Seoul haben sich an den Geschmack der koreanischen Klientel angepasst und
     servieren Kimchi als Nebengericht. Sogenannte Fusion-Restaurants, die koreanische und ausländische Küche verbinden und eine
     Mischung aus altbewährt und neu entdeckt anbieten, sind vor allem in Seoul sehr erfolgreich und stellen den wichtigsten Trend
     in der koreanischen Gastronomielandschaft dar.
    |66| Die meisten Deutschen kaufen Sauerkraut aus der Dose und haben nicht die geringste Ahnung, wie man es tatsächlich herstellt.
     In Korea dagegen ist jedes Jahr im Herbst Kimchisaison. Nahezu jede Familie bereitet an einem Wochenende im November ihr eigenes
     Kimchi zu. Da der Vorrat für ein ganzes Jahr ausreichen muss, werden in diesen Tagen Unmengen von Chinakohl verarbeitet.
    In meinem ersten Herbst in Korea hatte ich von der Kimchisaison noch nichts gehört. Ich wohnte in einem möblierten Zimmer
     in einer Wohngemeinschaft mit einer Kanadierin und zwei Japanerinnen. Unsere Vermieterin war eine wohlhabende Dame um die
     sechzig, die sich nicht gerne die Hände schmutzig machte. Sie besaß mehrere Häuser, in denen sie Zimmer an Studenten vermietete.
     Ihr Lippenstift war immer genau auf den Nagellack abgestimmt und ihre Handtasche passte zu den Schuhen. Wir bekamen sie selten
     zu Gesicht. Meist kommunizierte sie mit uns nur über die Hausverwalterin, die einmal in der Woche kam, um sauberzumachen,
     nach dem Rechten zu sehen und die Miete zu kassieren. Umso größer war meine Überraschung, als ich an einem Morgen im November
     mein Zimmer verließ und unsere Vermieterin in unserem Wohnzimmer antraf, wo sie gerade geschnittenen Chinakohl mit Chilipulver
     mischte. Sie trug Jeans, eine alte Strickjacke und ein Kopftuch – und sah aus wie das Bauernmädchen aus dem Süden, das sie
     vielleicht vor vierzig Jahren wirklich gewesen war. Entschuldigend sagte sie, in ihren anderen Häusern gebe es keinen passenden
     Raum, und so war sie mit ihrer Tochter und den Hausverwalterinnen, die für sie arbeiteten, in unser Haus gekommen. An diesem
     Tag ging ich zu der Hochzeit von Joes Schwester und als ich abends nach Hause kam, roch unser Wohnzimmer penetrant nach Kohl
     und so roch es auch noch Wochen später. Ich vermutete, dass unsere Vermieterin in unserem Wohnzimmer Kimchi machte, weil sie
     den Kohlgeruch einfach nicht in ihrem eigenen Haus haben wollte.
    |67| So sehr Koreaner ihr Kimchi lieben, so ist ihnen dennoch der durchdringende Geruch bewusst. Koreanische Studenten, die im
     Ausland studieren und mit Nicht-Koreanern zusammenleben, machen sich oft durch die Aufbewahrung von Kimchi im gemeinsamen
     Kühlschrank unbeliebt. Jedes Mal, wenn man den Kühlschrank öffnet, schlägt einem der Kohlgeruch wie eine giftige Dunstwolke
     entgegen. In Korea wurde das Geruchsproblem durch die Erfindung des Kimchi-Kühlschranks gelöst. Die meisten koreanischen Familien
     besitzen einen geruchshemmenden Kühlschrank für Kimchi und einen Kühlschrank für andere Nahrungsmittel.
    Ausländer halten Kimchi für gewöhnungsbedürftig und viele können auch nach mehreren Jahren in Korea dem extrem scharfen Chinakohl
     nichts abgewinnen. Ich gewöhnte mich schnell an das scharfe koreanische Essen. Ich aß Kimchi pur, Kimchisuppe, Kimchi mit
     Tofu, Kimchipfannkuchen   … Als mich eines Tages unsere Hausverwalterin beim Zubereiten eines Kimchireisgerichts antraf, hielt sie meine Anpassung an
     die koreanische Esskultur für gelungen. Doch meine kulinarische Integration war nur oberflächlich, denn in Wirklichkeit stehe
     ich auf Kriegsfuß mit der koreanischen Küche.
    Mein Hauptproblem mit koreanischem Essen betrifft den Fleischkonsum. Als ich zum ersten Mal nach Korea kam, war ich schon
     jahrelang Vegetarierin und war schockiert, als ich feststellte, dass die meisten Koreaner drei Mal am Tag Fleisch essen. An
     das koreanische Frühstück mit Reis, Fleisch, Kimchi und anderem eingelegten Gemüse können sich nur die wenigsten westlichen
     Ausländer gewöhnen.
    Ich kommentierte koreanische Essgewohnheiten aber nicht und bestellte weiter mein Lieblingsgericht namens Bibimbap   – Reis mit Gemüse und Chilisoße, wahlweise mit oder ohne Ei. Dass ich in bestimmten Restaurants gar nichts zu essen bekam
     und oft mehr oder weniger freundlich hinauskomplimentiert wurde, fand ich ärgerlich, aber mit der Zeit gewöhnte ich mich |68| daran und lernte, in welchen Restaurants es sich von vorneherein nicht lohnte, nach vegetarischem Essen zu fragen.
    Wenn ich

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