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Schlaflos in Seoul

Titel: Schlaflos in Seoul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Hohleiter
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sie mich detaillierter. Sie wollten wissen, wann und warum ich nach Korea gekommen war, was meine Hobbys und
     mein Lieblingsessen waren. Ich gab zu, dass ich weder besonders gut singen noch tanzen konnte. Sie schienen enttäuscht zu
     sein und ich hatte das Gefühl, dass sie mich ein bisschen langweilig fanden. Nach dem Gespräch musste ich ein paar Papiere
     ausfüllen, die benötigt wurden, um ein Zusatzvisum für die Fernsehauftritte zu beantragen.
    Einige Wochen vergingen, bis ich das Visum bekam. Dann wurde mir mitgeteilt, wann ich zum ersten Mal auftreten sollte. Die
     Sendung wurde sonntagnachmittags aufgezeichnet. Schon um 9.30   Uhr sollte ich ins Studio kommen, vermutlich wollte die Stylistin mit mir besprechen, welcher Stil zu mir passte. Auf die
     Kleider freute ich mich am meisten. Zur Vorbereitung hatte ich die Sendung mehrmals gesehen und dabei war mir aufgefallen,
     dass die ausländischen Gäste oft Abendkleider trugen. Ich fand das sehr glamourös. Mein Kindheitstraum war es, Abendgarderobe
     als Berufskleidung zu tragen. Da ich aber weder zur Opernsängerin noch zur Orchestermusikerin Talent hatte, schien dieser
     Wunsch unerfüllbar zu sein. Der Job beim koreanischen Fernsehen schien diesen Traum aber wieder in greifbare Nähe zu rücken.
     Schon Tage vor meinem ersten Fernsehauftritt malte ich mir in Gedanken die extravagante Garderobe aus, die ich tragen würde.
    Zur Vorbereitung wurden mir auch Fragen über koreanische Touristen im Ausland zugeschickt. Es dauerte sieben Stunden, bis
     ich alle Fragen beantwortet hatte. Ich versuchte, möglichst |121| witzige Anekdoten wiederzugeben, weil ich wusste, dass die Talkshow eher leichte Unterhaltung als ernsthafte Diskussionsrunde
     war. Als ich die E-Mail mit meinen Antworten abschickte, war ich mit meiner Leistung sehr zufrieden.
    Sonntagmorgen pünktlich um 9.30   Uhr kam ich ins Studio. Zu meiner Überraschung waren mehrere der anderen ausländischen Mädchen schon dort. Da in der Show
     immer sechzehn junge Ausländerinnen auftraten, dauerte es mehrere Stunden, bis alle geschminkt, frisiert und umgezogen waren
     – und alle wurden auf 9.30   Uhr bestellt. Manche Mädchen, die schon lange dabei waren, kamen allerdings wesentlich später, weil sie wussten, dass sie
     im Studio sowieso nur warten mussten, denn es gab nur drei Visagistinnen.
    Eine Visagistin winkte mich zu sich. Ich setzte mich auf den Stuhl und sie fing an, mein Gesicht zu untersuchen. Als sie zwei
     dunkle Leberflecke – einen an meiner linken Schläfe, einen an der linken Seite meines Kinns – fand, murmelte sie etwas Unverständliches
     vor sich hin. Sie schmierte dick Concealer darauf und dann eine dicke Schicht Make-up auf mein ganzes Gesicht. Ich fand das
     Make-up zu hell für mich, sagte aber nichts, weil ich wusste, dass Koreaner schneeweiße Haut am schönsten finden und ich mit
     meiner von Natur aus leicht gelblichen Haut ihrer Meinung nach etwas kosmetischer Nachhilfe bedurfte. Ich schloss die Augen
     und ließ die Visagistin arbeiten. Sie pinselte und strichelte an mir herum. Als ich die Augen wieder öffnete, staunte ich
     nicht schlecht. Mein Teint war sehr viel heller als sonst. Die abgedeckten Leberflecke sahen aus wie kleine Warzen. Ich hatte
     stark überzeichnete Audrey-Hepburn-Augenbrauen, die in meinem Gesicht komisch aussahen. Künstliche Wimpern klebten zwischen
     meinen eigenen. Das roséfarbene Rouge auf meinen Wagen ließ mich leicht fiebrig wirken. Ich fand, ich sah aus wie ein Clown.
    Annabelle aus England beruhigte mich und sagte, alle bekämen ein ähnliches Make-up und im Fernsehen würde es gar |122| nicht so schlimm aussehen, weil wir aus der Distanz gefilmt würden und die Farbe – wie im Theater – geschluckt würde. Was
     sie sagte machte Sinn. Ich unterhielt mich mit einigen der anderen Mädchen und fand alle sehr sympathisch. Die meisten von
     ihnen hatten in Korea Prominentenstatus, waren aber trotzdem nett und natürlich.
    Ich wurde zum Frisiertisch gerufen. Mit meinen streichholzkurzen Haaren konnte man nicht viel anfangen, dachte ich mir. Die
     Visagistin versuchte trotzdem, meine kurzen Haare mit dem Lockenstab zu bearbeiten. Dabei verbrannte sie mir die Kopfhaut.
     Die leichten Wellen, die sie schließlich in meine Haare zauberte, sahen wie eine Oma-Dauerwelle aus.
    Lächerliches Make-up, eine lächerliche Frisur – nur ein gutes Outfit konnte das noch retten. Einige der Mädchen, die aus dem
     Umkleideraum kamen, trugen jedoch

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