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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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saß, sondern regelrecht dort kauerte … sich duckte . Sie sah aus, als litte sie Todesangst.
    Bis zu diesem Augenblick hatte sich Ralph nie Gedanken darüber gemacht, wie unheimlich menschlich Mienen und Körpersprache von Hunden waren: Sie grinsten, wenn sie glücklich waren, ließen die Köpfe hängen, wenn sie sich schämten, ließen Angst in den Augen und Nervosität an verkrampften Schultern erkennen - genau wie Menschen auch. Und wie die Menschen drückten sie klägliche, unbändige Angst durch ein Zittern am ganzen Körper aus.
    Er sah wieder über die Straße zu der Stelle, der Rosalies Aufmerksamkeit zu gelten schien, und konnte wieder nur die Wäscherei und den menschenleeren Bürgersteig davor erkennen. Dann fiel ihm plötzlich Natalie ein, das Verherrlichte & Angebetete Baby, das nach den grau-blauen Spuren seiner Finger griff, als er ihm die Milch vom Kinn wischen wollte. Für jeden anderen musste es ausgesehen haben, als hätte sie ins Leere gegriffen, so wie Babys immer ins Leere zu greifen schienen … aber Ralph hatte es besser gewusst.
    Er hatte es besser gesehen .
    Rosalie stieß eine Kette panischer Kläfflaute aus, die in Ralphs Ohren schmerzten wie das Quietschen ungeölter Scharniere.

    Bis jetzt ist es immer von selbst passiert … aber vielleicht kann ich es herbeiführen. Vielleicht kann ich bewirken, dass ich sie sehe …
    Dass du was siehst?
    Nun, die Auren. Die Auren natürlich. Und vielleicht das, was Rosalie
    (drei-sechs-neun Schatz)
    gerade sah. Ralph hatte schon eine Ahnung
    (die Gans trank Wein)
    was es sein würde, aber er wollte Gewissheit. Die Frage war, wie er es anstellen sollte.
    Wie sieht ein Mensch überhaupt?
    Natürlich, indem er erst mal genau hinsieht.
    Ralph sah genau zu Rosalie hin. Betrachtete sie sehr sorgfältig und versuchte, alles zu sehen, was es zu sehen gab: das verblichene Muster des blauen Tuchs, das ihr als Halsband diente, die staubigen und verfilzten Strähnen in ihrem ungepflegten Fell, die grauen Tupfen um ihre lange Schnauze. Nach einigen Augenblicken schien sie seinen Blick zu spüren, denn sie drehte sich um, sah ihn an und winselte nervös.
    Dabei spürte Ralph, wie sich in seinem Geist etwas drehte - es fühlte sich wie der Anlasser eines Autos an. Er hatte das kurze, aber sehr eindeutige Gefühl, plötzlich leichter zu sein, und dann strömte Helligkeit in den Tag ein. Er hatte den Weg zurück in die strahlendere, deutlicher strukturierte Welt gefunden. Er sah eine trübe Membran - sie erinnerte ihn an verdorbenes Eiweiß - um Rosalie herum entstehen, dann die dunkelgraue Ballonschnur, die von ihr aufstieg. Aber ihr Ursprung war nicht der Schädel, wie bei den Menschen, die Ralph in diesem Zustand
erweiterter Wahrnehmung gesehen hatte; Rosalies Ballonschnur stieg von ihrer Schnauze auf.
    Jetzt kennst du den grundlegenden Unterschied zwischen Hunden und Menschen, dachte er. Ihre Seelen sitzen an verschiedenen Stellen.
    [Hündchen! Hierher, Hündchen, komm hierher!]
    Ralph zuckte zusammen und schrak vor dieser Stimme zurück, die sich anhörte, als würde Kreide über eine Tafel kratzen. Er hob die Hände fast bis zu den Ohren, bis ihm klar wurde, dass das nichts nutzen würde; er hörte es eigentlich gar nicht mit den Ohren, und die Stimme tat am meisten tief in seinem Kopf weh, wo er mit den Händen nicht hinkam.
    [He, du beschissener Flohkoffer! Glaubst du, ich hab den ganzen Tag Zeit? Schlepp deinen zottigen Arsch hierher!]
    Rosalie winselte und sah von Ralph wieder dorthin, wo sie zuvor schon hingesehen hatte. Sie wollte sich aufrichten, ließ sich aber wieder auf die Hinterbeine nieder. Das Tuch, das sie trug, zitterte mehr denn je, und Ralph sah, wie sich ein dunkler Fleck um ihre linke Flanke herum ausbreitete, als ihre Blase sich entleerte.
    Er sah auf die andere Straßenseite und erblickte zwischen der Wäscherei und dem alten Mietshaus daneben Doc Nr. 3 in seinen Liliputaner-Bluejeans und seinem weißen Kittel (der ziemlich verdreckt war, wie Ralph feststellte, als hätte er ihn schon lange Zeit an). Auf dem Kopf trug er immer noch McGoverns Panamahut. Jetzt schien der Hut aber auf den Ohren der Kreatur zu sitzen; der Hut war so groß, dass der halbe Kopf darin zu verschwinden schien. Das Wesen grinste den Hund tückisch an, und
Ralph sah eine Doppelreihe spitzer weißer Zähne - die Zähne eines Kannibalen. In der linken Hand hielt er etwas, bei dem es sich entweder um ein Skalpell oder ein Rasiermesser handelte. Ein Teil von Ralphs

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