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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war weg. Seinem Aufbruch folgten dreißig Sekunden betroffenen Schweigens, das lediglich vom wespengleichen Summen einer landenden Piper Cub unterbrochen wurde.

3
    »Mein Gott«, sagte Faye schließlich. »Da sieht man jemand fünf, zehn Jahre lang alle paar Tage und denkt, man wüsste alles über ihn. Himmel, Ralphie, ich wusste nicht, an was seine Frau gestorben ist. Ich komme mir wie ein Narr vor.«
    »Lass dich nicht davon runterziehen«, sagte Stan. »Wahrscheinlich hat er nur seine Tage.«
    »Sei still«, sagte Georgina. »Wir hatten genug schmutziges Gerede für einen Morgen.«
    »Ich wäre froh, wenn diese Day schon wieder weg wäre, damit alles wieder seinen gewöhnlichen Gang gehen kann«, sagte Fred Zell.
    Doc Mulhare hatte sich auf Hände und Knie niedergelassen und sammelte Schachfiguren ein. »Möchtest du zu Ende spielen, Faye?«, fragte er. »Ich glaube, ich weiß noch, wie sie gestanden haben.«
    »Nein«, sagte Faye. Seine Stimme, die während der Konfrontation mit Pedersen fest geklungen hatte, zitterte jetzt.
»Ich glaube, ich habe eine Weile genug. Vielleicht lässt Ralph sich ja auf eine Partie mit dir ein.«
    »Ich glaube, ich muss passen«, sagte Ralph. Er sah sich nach Dorrance um, und entdeckte ihn schließlich. Er war wieder durch das Loch im Zaun gegangen, stand im kniehohen Gras am Rand der Zufahrt da drüben und knickte das Buch in den Händen, während er zusah, wie die Piper Cub zum General Aviation Terminal der Privatmaschinen rollte. Ralph musste daran denken, wie Ed mit seinem alten braunen Datsun diese Zufahrt entlanggerast gekommen war und geflucht hatte,
    (Beeil dich! Beeil dich, und friss Scheiße!)
    weil das Tor so langsam aufging. Zum ersten Mal seit über einem Jahr fragte er sich, was Ed überhaupt dort zu suchen gehabt hatte.
    »… als früher.«
    »Hm?« Er konzentrierte sich mühsam wieder auf Faye.
    »Ich habe gesagt, du scheinst wieder zu schlafen, du siehst nämlich viel besser aus als früher. Aber ich schätze, jetzt ist dein Gehör im Eimer.«
    »Kann sein«, sagte Ralph und versuchte zu lächeln. »Ich glaube, ich geh was essen. Möchtest du mitkommen, Faye? Ich bezahle.«
    »Nee, ich hatte schon ein Coffee-Pot-Sandwich«, sagte Faye. »Das liegt mir im Augenblick wie Blei im Magen, um die Wahrheit zu sagen. Herrgott, Ralph, der alte Furz hat geweint , hast du das gesehen?«
    »Ja, aber ich würde an deiner Stelle nicht aus einer Mücke einen Elefanten machen«, sagte Ralph. Er ging in Richtung Extension, und Faye trottete neben ihm her. Mit den hängenden breiten Schultern und dem gesenkten Kopf sah
Faye wie ein Tanzbär in einem Menschenkostüm aus. »In unserem Alter weint man beim geringsten Anlass. Das weißt du.«
    »Kann sein.« Er lächelte Ralph dankbar zu. »Wie dem auch sei, danke, dass du mich zurückgehalten hast, bevor ich es noch schlimmer machen konnte. Du weißt ja, wie ich manchmal sein kann.«
    Ich wünschte nur, jemand wäre dabei gewesen, als Bill und ich aneinandergeraten sind, dachte Ralph. Laut sagte er: »Kein Problem. Eigentlich müsste ich mich bei dir bedanken. Noch etwas, was ich vorbringen kann, wenn ich mich um diesen hoch dotierten Job bei der UN bewerbe.«
    Faye lachte freudig und klopfte Ralph auf die Schulter. »Klar, Generalsekretär! Friedensstifter Nummer eins! Das könntest du, Ralph, ohne Scheiß!«
    »Zweifellos. Pass auf dich auf, Faye.«
    Er wollte sich abwenden, da berührte Faye ihn am Arm. »Du bist doch nächste Woche beim Turnier dabei, oder? Beim Startbahn Drei Classic?«
    Ralph brauchte einen Moment, bis er dahinterkam, wovon Faye redete, obwohl es das Hauptthema des pensionierten Tischlers war, seit das Laub die erste herbstliche Färbung zeigte. Seit dem Ende seines »wirklichen Lebens« im Jahr 1984 veranstaltete Faye ein Schachturnier, das er Startbahn Drei Classic nannte. Der Pokal war eine übergroße verchromte Radkappe, in die eine verschnörkelte Krone und ein Zepter eingraviert waren. Faye, mit Sicherheit der beste Spieler der Altsemester (jedenfalls in der West Side der Stadt), hatte sich die Trophäe in sechs von neun Fällen selbst überreicht, und Ralph vermutete, dass er die
anderen Male freiwillig verloren hatte, um die anderen Turnierteilnehmer bei der Stange zu halten. In diesem Herbst hatte Ralph noch nicht oft an Schach gedacht; ihm gingen andere Dinge durch den Kopf.
    »Klar«, sagte er. »Ich denke, ich werde mitspielen.«
    Faye grinste. »Gut. Wir hätten es letztes Wochenende machen sollen

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