Schlaflos - Insomnia
Kleinigkeiten auf.
»Nein«, sagte er.
»Was?«
Ralph schloss die Augen und sah, wie er genau diesen Telefonhörer abnahm und seinen Termin beim Nadelpikser absagte. Das hier war wieder genau dasselbe, oder nicht? Ja. Er konnte Polizeischutz vor den Pickerings und McKays und Feltons bekommen, aber so sollte es nicht laufen. Das wusste er; er spürte es mit jedem Schlag seines Herzens und jedem Pulsieren seines Blutes.
»Sie haben richtig gehört«, sagte er. »Ich möchte keinen Polizeischutz.«
»Um Gottes willen, warum nicht? «
»Ich kann auf mich selbst aufpassen«, sagte Ralph und verzog ein wenig das Gesicht, so absurd überheblich hörte sich das Klischee an, das er schon in zahllosen Western mit John Wayne gehört hatte.
»Ralph, ich bin nicht gern der Überbringer dieser Nachricht, aber Sie sind alt. Am Sonntag haben Sie Glück gehabt. Nächstes Mal haben Sie vielleicht keins mehr.«
Ich habe nicht nur Glück gehabt, dachte Ralph. Ich habe Freunde an höchster Stelle. Oder vielleicht sollte ich sagen, Wesenheiten an höchster Stelle.
»Mir passiert schon nichts«, sagte er.
Leydecker seufzte. »Werden Sie mich anrufen, wenn Sie es sich anders überlegen?«
»Ja.«
»Und wenn Sie entweder Pickering oder die große Frau mit der dicken Brille und dem strähnigen Haar herumhängen sehen …«
»Rufe ich Sie an.«
»Ralph, bitte überlegen Sie es sich noch mal. Ich spreche nur von einem Mann, der ein Stück von Ihrem Haus entfernt im Auto sitzt.«
»Geschehenes lässt sich nicht ungeschehen machen«, sagte Ralph.
»Hm?«
»Ich sagte, ich danke Ihnen. Trotzdem nein. Sie hören wieder von mir.«
Ralph legte den Hörer behutsam auf. Wahrscheinlich hatte John recht, überlegte er sich, wahrscheinlich war er verrückt, aber er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so normal gefühlt.
»Müde«, sagte er seiner sonnigen, verlassenen Küche, »aber normal.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Und vielleicht fast wieder verliebt.«
Dabei musste er grinsen, und er grinste immer noch, als er schließlich den Teekessel auf den Herd stellte.
2
Er trank die zweite Tasse Tee, als ihm einfiel, dass Bill in der Nachricht geschrieben hatte, er schulde ihm ein Essen. Er beschloss impulsiv, Bill zu bitten, sich mit ihm zu einem kleinen Abendessen im Day Break, Sun Down zu treffen. Sie konnten noch einmal von vorn anfangen.
Ich glaube, wir müssen noch mal von vorn anfangen, dachte er, denn dieser kleine Irre hat Bills Hut, und ich bin mir ziemlich sicher, das bedeutet, dass er in Gefahr ist.
Nun, was du heute kannst besorgen … Er griff zum Telefon und wählte eine Nummer, die er sich jederzeit merken konnte: 941-5000. Die Nummer des Derry Home Hospital.
3
Die Telefonistin des Krankenhauses verband ihn mit Zimmer 313. Die eindeutig erschöpfte Frau, die den Hörer abnahm, war Denise Polhurst, die Nichte des sterbenden Mannes. Bill war nicht da, informierte sie ihn. Vier andere Lehrer aus den, wie sie sich ausdrückte, »ruhmreichen Tagen von Onkelchen« waren gegen eins vorbeigekommen, und Bill hatte vorgeschlagen, gemeinsam zu Mittag zu essen. Ralph wusste sogar, wie es sein Untermieter formuliert haben würde: besser spät als nie. Das war einer seiner Lieblingssprüche. Als Ralph sie fragte, ob sie ihn bald zurückerwartete, antwortete Denise Polhurst mit Ja.
»Er war so loyal. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn gemacht hätte, Mr. Robbins.«
»Roberts«, sagte er. »Nach Bills Worten muss Mr. Polhurst ein wunderbarer Mensch sein.«
»Ja, der Meinung sind alle. Aber die Rechnungen werden selbstverständlich nicht an seinen Fanklub gehen, oder?«
»Nein«, sagte Ralph unbehaglich. »Wahrscheinlich nicht. In Bills Nachricht stand, dass es Ihrem Onkel sehr schlecht geht.«
»Ja. Die Ärzte sagen, er wird den Tag wahrscheinlich nicht überstehen, geschweige denn die Nacht, aber diesen Spruch habe ich schon einmal gehört. Gott möge mir verzeihen, aber manchmal kommt mir Onkel Bob wie eine dieser Anzeigen von Publisher’s Clearing House vor - große Versprechungen, die nie gehalten werden. Ich nehme an, das hört sich schrecklich an, aber ich bin so
müde, dass es mir egal ist. Heute Morgen haben sie den Lebenserhaltungskram abgeschaltet - ich konnte diese Entscheidung nicht allein verantworten, daher habe ich Bill angerufen, und er hat gesagt, das wäre bestimmt auch Onkelchens Wunsch. ›Es wird Zeit, dass Bob die nächste Welt erforscht!‹, sagte er. ›Diese hier hat er schon äußerst
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