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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Rückspiegel sah, mühelos auf.
    Vor ihnen machte die Straße eine scharfe Rechtskurve. Gegen jeden Instinkt machte Ralph keinerlei Anstalten zu bremsen. Er nahm den Fuß vom Gas, als sie in die Kurve rasten … dann trat er das Pedal wieder durch, als er spürte, wie der Wagen hinten wegschmieren wollte. Er saß jetzt über das Lenkrad gekauert, biss sich mit den oberen Zähnen fest auf die Unterlippe, und die weit aufgerissenen Augen quollen ihm unter den buschigen melierten Brauen fast aus den Höhlen. Die Hinterreifen der Limousine quietschten, und Lois, die verzweifelt an der Rückenlehne des Sitzes Halt suchte, kippte gegen ihn. Ralph klammerte sich mit verschwitzten Fingern an das Lenkrad und wartete darauf, dass der Wagen sich überschlagen würde. Der Olds war jedoch eines der letzten wahren Straßenungeheuer aus Detroit, breit und schwer und tief liegend. Er
schaffte es durch die Kurve, und auf der anderen Seite sah Ralph links ein rotes Farmhaus. Zwei Scheunen standen dahinter.
    »Ralph, da ist die Abzweigung!«
    »Ich sehe sie.«
    Die neue Kolonne von Polizeiautos hatte sie eingeholt und scherte zum Überholen aus. Ralph fuhr so weit rechts, wie er konnte, und hoffte, dass keiner der Streifenwagen ihn bei dieser Geschwindigkeit rammen würde. Nichts passierte; sie sausten in dichter Formation vorbei, fast Stoßstange an Stoßstange, bogen links ab und den lang gezogenen Hügel hinauf, der zu High Ridge führte.
    »Festhalten, Lois.«
    »Oh, das tue ich, das tue ich«, sagte sie.
    Der Olds schlitterte fast seitwärts weg, als Ralph auf die Straße nach links bog, die er und Carolyn stets Orchard Road genannt hatten. Wäre der schmale Feldweg geteert gewesen, wäre das große Automobil wahrscheinlich umgekippt wie ein Stuntwagen in einer Motorshow. Aber sie war nicht geteert, und daher überschlug sich der Olds nicht, sondern rutschte nur wie wild und wirbelte Staubwolken auf. Lois stieß einen schrillen, atemlosen Schrei aus, und Ralph warf ihr einen raschen Blick zu.
    »Fahr zu!« Sie deutete ungeduldig auf die Straße vor ihnen, und in diesem Augenblick sah sie Carolyn auf so unheimliche Weise ähnlich, dass Ralph fast glaubte, er sähe ein Gespenst. Er fragte sich, was Carol, die in ihren letzten fünf Lebensjahren fast eine Weltanschauung daraus gemacht hatte, ihm zu sagen, dass er schneller fahren sollte, von dieser kleinen Spritztour aufs Land gehalten
hätte. »Nimm keine Rücksicht auf mich, achte auf die Straße!«
    Jetzt bogen noch mehr Polizeiautos auf die Orchard Road ab. Wie viele waren es insgesamt? Ralph wusste es nicht; er hatte den Überblick verloren. Möglicherweise alles in allem ein Dutzend. Er steuerte den Olds nach rechts, bis die beiden äußeren Reifen am Rand eines übel aussehenden Straßengrabens dahinrollten, und die Verstärkung - drei Streifenwagen mit der goldenen Aufschrift DERRY POLICE auf den Seiten - rauschte vorbei und wirbelte erneute Schauer von Staub und Kies auf. Einen Augenblick sah Ralph einen uniformierten Polizisten, der sich aus einem der Derry-Streifenwagen lehnte und ihm zuwinkte, und dann verschwand der Olds in einer gelben Staubwolke. Ralph kämpfte den erneuten und stärkeren Impuls nieder, auf die Bremse zu treten, indem er an Helen und Nat dachte. Einen Augenblick später konnte er wieder sehen - jedenfalls mehr oder weniger. Die letzte Staffel Polizeiautos war schon fast halb den Hügel hinauf.
    »Dieser Cop hat dich zurückgewinkt, oder?«, fragte Lois.
    »Darauf kannst du wetten.«
    »Sie werden uns nicht einmal in die Nähe lassen.« Sie sah den schwarzen, schmierigen Fleck auf dem Hügel mit großen, betroffenen Augen an.
    »Wir werden so nahe rankommen wie nötig.« Ralph sah in den Rückspiegel nach weiteren Fahrzeugen, konnte aber nur noch schwebenden Straßenstaub erkennen.
    »Ralph?«
    »Was?«
    »Bist du oben? Siehst du die Farben?«

    Er sah sie kurz an. Sie sah immer noch wunderschön aus, und unfassbar jugendlich, aber von einer Aura war keine Spur zu sehen. »Nein«, sagte er. »Du?«
    »Ich weiß nicht. Das da sehe ich immer noch.« Sie deutete durch die Windschutzscheibe auf den dunklen Fleck über dem Hügel. »Was ist das? Wenn es kein Leichentuch ist, was dann?«
    Er machte den Mund auf, um ihr zu sagen, es war Rauch, und da oben konnte höchstwahrscheinlich nur eines brennen -, aber bevor er ein Wort herausbringen konnte, ertönte ein gewaltiger, überhitzter Knall aus dem Motorblock des Oldsmobile. Die Haube erzitterte und wölbte

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