Schlaflos - Insomnia
interessante Randnotiz abgeben, dachte Ralph. Ja, wahrhaftig. Lisette Benson und John Kirkland würden begeistert sein.
Lois schlug mit der Hand gegen eine der Stützbalken. »Los doch, Leute! Beeilt euch, bevor das Feuer die Öltanks der Heizung erreicht!«
Die Frau mit dem kleinen Mädchen setzte sich als Erste in Bewegung. Sie hob das weinende Kind auf die Arme und stolperte hustend und weinend die Treppe hinauf. Die anderen folgten ihr. Der kleine Junge sah bewundernd zu Ralph auf, als seine Mutter mit ihm an ihm vorbeiging. »Cool, Mann«, sagte er.
Ralph grinste ihn an - er konnte nicht anders -, dann drehte er sich zu Lois um und deutete die Treppe hinauf. »Wenn ich mich nicht völlig irre, müsste dieser Aufgang hinter dem Haus herauskommen. Lass sie noch nicht nach vorn gehen. Die Cops würden vermutlich die Hälfte von
ihnen wegpusten, bevor ihnen klar wird, dass sie die Leute erschießen, die sie retten wollten.«
»Gut«, sagte sie - keine einzige Frage, kein weiteres Wort, und dafür liebte Ralph sie. Lois ging sofort die Treppe hinauf und blieb nur einmal stehen, um Nat auf den anderen Arm zu nehmen und eine Frau, die stolperte, am Ellbogen zu fassen.
Nun blieben nur noch Ralph und Helen Deepneau übrig. »War das Lois?«, fragte sie ihn.
»Ja.«
»Sie hat Natalie?«
»Ja.« Ein weiteres großes Stück der Kellerdecke stürzte ein, Funken stoben in die Höhe, und Flammenzungen leckten gierig an den Deckenbalken entlang in Richtung des Heizofens.
»Bist du dir sicher?« Sie klammerte sich an seinem Hemd fest und sah ihn mit panischen, verquollenen Augen an. »Bist du dir sicher, dass sie Nat bei sich hatte?«
»Ganz sicher. Komm jetzt.«
Helen sah sich um und schien im Geiste zu zählen. Sie sah erschrocken auf. »Gretchen!«, rief sie. »Und Merrilee! Wir müssen Merrilee holen, Ralph, sie ist im siebten Monat schwanger!«
»Sie ist oben«, sagte Ralph und packte Helen am Handgelenk, als sie die Treppe hinunter und in den brennenden Keller zurückgehen wollte. »Sie und Gretchen. Sind das dann alle?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Gut. Komm mit. Wir müssen hier raus.«
3
Ralph und Helen kamen in einer Wolke dunkelgrauen Rauchs aus dem Kelleraufgang heraus und sahen ein wenig wie der Höhepunkt im Programm eines Weltklasseillusionisten aus. Sie befanden sich tatsächlich auf der Rückseite des Hauses, bei den Wäscheleinen. Kleider, Hosen, Unterwäsche und Betttücher flatterten in der frischen Brise. Vor Ralphs Augen landete ein brennender Balken auf einem der Bettlaken und ließ es in Flammen aufgehen. Auch aus den Küchenfenstern schlugen die Flammen. Die Hitze war unvorstellbar.
Helen sackte gegen ihn, nicht bewusstlos, aber vorübergehend völlig erschöpft. Ralph musste sie an der Taille halten, damit sie nicht zu Boden fiel. Sie krallte ihn kraftlos im Nacken und versuchte, etwas über Natalie zu sagen. Dann sah sie sie in Lois’ Armen und entspannte sich etwas. Ralph umklammerte sie fester und trug sie halb und zog sie halb von der Kelleröffnung weg. Dabei sah er die Überreste eines anscheinend nagelneuen Vorhängeschlosses neben der offenen Luke auf dem Boden liegen. Es war in zwei Teile zerbrochen und seltsam verdreht, als hätten kräftige Hände es auseinandergerissen.
Die Frauen standen etwa zehn Meter entfernt zusammengedrängt an der Ecke des Hauses. Lois stand vor ihnen, redete mit ihnen und hinderte sie daran weiterzugehen. Ralph glaubte, mit etwas Vorbereitung und Glück würde ihnen nichts mehr geschehen, wenn sie doch weitergingen - das Feuer aus dem Belagerungsring der Polizei hatte nicht aufgehört, aber deutlich nachgelassen.
»PICKERING!« Das hörte sich nach Leydecker an, aber durch den Verstärker des Megafons konnte man es unmöglich
genau sagen. »WARUM SIND SIE NICHT EINMAL IN IHREM LEBEN SCHLAU UND KOMMEN RAUS, SOLANGE SIE NOCH KÖNNEN?«
Weitere Sirenen kamen näher, darunter das unverkennbare oszillierende Heulen eines Krankenwagens. Ralph führte Helen zu den anderen Frauen. Lois gab ihr Natalie zurück, dann drehte sie sich in die Richtung um, aus der die Megafonstimme gekommen war, und legte die Hände trichterförmig an den Mund. »Hallo!«, rief sie. »Hallo, da vorn, können Sie uns …« Sie verstummte und hustete so sehr, dass sie beinahe würgte, krümmte sich und stützte die Hände auf die Knie, während ihr Tränen aus den vom Rauch gereizten Augen quollen.
»Lois, alles in Ordnung?«, fragte Ralph. Aus den Augenwinkeln sah er, wie
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