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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Helen das Gesicht des Verherrlichten und Angebeteten Babys mit Küssen bedeckte.
    »Bestens«, sagte sie und wischte sich mit den Fingern über die Wangen. »Der verdammte Rauch, mehr nicht.« Sie hielt wieder die Hände an den Mund. »Können Sie mich hören?«
    Die Schüsse ließen noch mehr nach, nur vereinzelte Pistolenschüsse waren noch zu hören. Dennoch, dachte Ralph, könnte einer dieser vereinzelten Schüsse am falschen Platz eine dieser unschuldigen Frauen das Leben kosten.
    »Leydecker!«, rief er und legte selbst die Hände um den Mund. »John Leydecker!«
    Eine Weile geschah nichts, dann gab die Megafonstimme den Befehl, den Ralph herbeigesehnt hatte. »FEUER EINSTELLEN!«
    Noch ein Knall, dann herrschte Stille, abgesehen vom Prasseln des brennenden Hauses.
    »WER SPRICHT DA? IDENTIFIZIEREN SIE SICH!«
    Aber Ralph glaubte, dass er auch so schon genug Probleme am Hals hatte, ohne sich noch weitere zu schaffen.
    »Die Frauen sind hier hinten!«, rief er und musste nun selbst gegen Hustenreiz kämpfen. »Ich schicke sie nach vorn!«
    »NEIN, NICHT!«, rief Leydecker zurück. »IM LETZTEN ZIMMER IM ERDGESCHOSS BEFINDET SICH EIN BEWAFFNETER MANN! ER HAT BEREITS MEHRERE MENSCHEN ERSCHOSSEN!«
    Daraufhin stöhnte eine der Frauen und schlug die Hände vors Gesicht.
    Ralph räusperte sich so gut er es mit seinem brennenden Hals vermochte - im Augenblick hätte er wahrscheinlich seine gesamte Rente für eine eiskalte Flasche Coca-Cola hergegeben - und schrie zurück: »Machen Sie sich keine Sorgen wegen Pickering! Pickering ist …«
    Aber was genau war Pickering? Das war eine verdammt gute Frage, oder nicht?
    »Mr. Pickering ist bewusstlos! Darum hat er aufgehört zu schießen!«, schrie Lois neben ihm. Ralph glaubte nicht, dass »bewusstlos« das richtige Wort war, aber es würde genügen. »Die Frauen kommen mit erhobenen Händen um das Haus herum! Nicht schießen! Versprechen Sie uns, dass Sie nicht schießen werden!«
    Es folgte ein Augenblick Stille. Dann: »WIR WERDEN NICHT SCHIESSEN, ABER ICH HOFFE, SIE WISSEN, WOVON SIE SPRECHEN, LADY.«
    Ralph nickte der Mutter des kleinen Jungen zu. »Gehen Sie jetzt. Sie beide können die Parade anführen.«
    »Wissen Sie mit Sicherheit, dass sie uns nicht wehtun werden?« Die verblassenden Blutergüsse im Gesicht der
jungen Frau (ein Gesicht, das Ralph ebenfalls vage bekannt vorkam) legten beredtes Zeugnis davon ab, was für einen bedeutenden Teil ihres Lebens die Frage bildete, wer ihr und ihrem Sohn wehtun würde und wer nicht. »Sind Sie sich sicher? «
    »Ja«, sagte Lois, immer noch hustend und mit tränenden Augen. »Nehmen Sie einfach nur die Hände hoch. Das kannst du doch, großer Junge, nicht wahr?«
    Der Junge hielt die Hände mit der Begeisterung eines passionierten Räuber-und-Gendarm-Spielers hoch, aber er wandte den Blick seiner glänzenden Augen nicht von Ralphs Gesicht ab.
    Rosa Rosen, dachte Ralph. Wenn ich seine Aura sehen könnte, hätte sie diese Farbe. Er konnte nicht genau sagen, ob es Intuition oder eine Erinnerung war, wusste aber, dass es stimmte.
    »Was ist mit den Leuten im Haus?«, fragte eine andere Frau. »Wenn die nun schießen? Sie waren bewaffnet - wenn die nun schießen?«
    »Da drinnen wird niemand mehr schießen«, sagte Ralph. »Gehen Sie jetzt.«
    Die Mutter des kleinen Jungen warf Ralph noch einen zweifelnden Blick zu, dann sah sie ihren Sohn an. »Fertig, Pat?«
    »Ja!«, sagte Pat und grinste.
    Seine Mutter nickte und hob eine Hand. Die andere legte sie ihm um die Schultern - eine zaghafte, beschützende Geste, die Ralphs Herz rührte. So gingen sie um die Hausecke herum. »Tun Sie uns nicht weh!«, rief sie. »Wir haben die Hände erhoben, und mein kleiner Junge ist bei mir, also tun Sie uns nicht weh!«

    Die anderen warteten einen Moment, dann ging die Frau, die die Hände vor das Gesicht geschlagen hatte. Die mit dem kleinen Mädchen gesellte sich zu ihr (das Mädchen lag jetzt in ihren Armen, hob aber trotzdem folgsam die Hände in die Luft). Die anderen folgten, die meisten hustend, alle mit leeren, erhobenen Händen. Als Helen sich am Ende der Parade einreihte, berührte Ralph sie an der Schulter. Sie sah zu ihm auf, und ihre geröteten Augen blickten gelassen und verwundert zugleich.
    »Jetzt warst du zum zweiten Mal da, als Nat und ich dich brauchten«, sagte sie. »Bist du unser Schutzengel, Ralph?«
    »Vielleicht«, sagte er. »Vielleicht bin ich das. Hör zu, Helen - wir haben nicht viel Zeit. Gretchen ist

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