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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Stapel hindurchzwängten, abbogen und manchmal auf dem Weg zurückzugehen schienen, den sie gekommen waren. Nur eines wusste er mit Sicherheit, das leise Stöhnen erklang zunehmend lauter in seinen Ohren. Je näher sie dem Ursprung kamen, desto mehr glich es einem insektenhaften Summen, das Ralph immer unangenehmer fand. Er rechnete damit, dass er um eine Ecke biegen und vor einer riesigen Heuschrecke stehen würde, die ihn mit dunkelbraunen Augen so groß wie Grapefruits ansah.
    Die unterschiedlichen Auren der Gegenstände in diesem Lagerhaus waren zwar verblasst wie der Duft gepresster Blüten zwischen den Seiten eines Buchs, aber unter Atropos’ Gestank existierten sie noch, und auf dieser Stufe der Wahrnehmung, wo ihre sämtlichen Sinne hellwach und empfänglich waren, war es unmöglich, sie nicht zu spüren und von ihnen beeinflusst zu sein. Die stummen Erinnerungen an die Opfer des Zufalls waren schrecklich und ergreifend zugleich. Ralph wurde klar, dass dieser Ort hier mehr als ein Museum oder der Bau einer Packratte war; er war eine profane Kirche, wo Atropos seine Version des Abendmahls einnahm - Kummer statt Brot, Tränen statt Wein.
    Ihr Hindernislauf durch die schmalen, zickzackförmigen Reihen war ein schreckliches, zermürbendes Erlebnis. Hinter jeder nicht ganz ziellosen Biegung warteten hundert weitere Objekte, von denen Ralph wünschte, er hätte sie nie gesehen und würde sich nie daran erinnern; jedes verlieh seinem eigenen leisen Aufschrei des Schmerzes und der Bestürzung Ausdruck. Er musste sich nicht fragen, ob Lois seine Empfindungen teilte - sie schluchzte ununterbrochen leise neben ihm.

    Da war der zerschrammte Flexible-Flyer-Schlitten eines Kindes, an dessen Lenkstange noch das Seil zum Ziehen geknotet war. Der Junge, dem er gehört hatte, war an einem kalten Januartag des Jahres 1953 an Krämpfen gestorben.
    Da lag der Tambourstab einer Majorette, dessen Schaft in purpurne und weiße Kreppspiralen gewickelt war - die Farben der Grant Academy. Sie war im Herbst 1967 vergewaltigt und mit einem Stein erschlagen worden. Ihr Mörder, der nie gefasst wurde, hatte den Leichnam in eine kleine Höhle geschafft, wo ihre Gebeine - zusammen mit denen von zwei weiteren unglücklichen Opfern - immer noch lagen.
    Hier lag die Kameenbrosche einer Frau, die von einem herabfallenden Ziegelstein erschlagen worden war, als sie die Main Street entlangging, um die neueste Ausgabe von Vogue zu kaufen; hätte sie ihr Haus dreißig Sekunden früher oder später verlassen, wäre ihr nichts geschehen.
    Dort lag der Hirschfänger eines Mannes, der 1937 bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen war.
    Da der Kompass eines Pfadfinders, der bei einem Ausflug auf den Mount Katahdin gestürzt war und sich das Genick gebrochen hatte.
    Der Turnschuh eines kleinen Jungen namens Gage Creed, den ein zu schnell fahrender Tanklaster auf der Route 15 in Ludlow überfahren hatte.
    Ringe und Zeitschriften; Schlüsselanhänger und Regenschirme; Hüte und Brillen; Rasseln und Radios. Alle sahen verschieden aus, aber für Ralph waren sie ausnahmslos gleich: die kläglichen, trauernden Stimmen von Menschen,
die in der Mitte des zweiten Akts aus dem Drehbuch gestrichen worden waren, während sie noch ihren Text für den dritten lernten; Menschen, die ohne große Umstände abgeholt worden waren, bevor ihre Arbeit getan oder ihre Verpflichtungen erfüllt waren; Menschen, deren einziges Verbrechen es war, unter dem Stern des Zufalls geboren worden zu sein … und die Aufmerksamkeit des Irren mit dem rostigen Skalpell auf sich gelenkt zu haben.
    Lois, schluchzend: [»Ich hasse ihn! Ich hasse ihn so sehr!«]
    Er wusste, was sie meinte. Es war eines, Klotho und Lachesis zuzuhören, wenn sie sagten, dass Atropos ebenfalls Teil des großen Bildes war, dass er vielleicht sogar selbst irgendeinem höheren Plan diente, aber etwas völlig anderes, die verblichene Boston-Bruins-Mütze eines kleinen Jungen zu sehen, der in ein von Unkraut überwuchertes Kellerloch gefallen und im Dunkeln gestorben war, unter Qualen gestorben, und ohne Stimme, nachdem er sechs Stunden lang nach seiner Mutter geschrien hatte.
    Ralph streckt die Hand aus und berührte die Mütze ganz kurz. Billy Weatherbee hatte ihr Besitzer geheißen. Sein letzter Gedanke war der an Eiscreme gewesen.
    Ralph drückte Lois’ Hand.
    [»Ralph, was ist los? Ich kann dich denken hören - ich bin mir ganz sicher -, aber es ist, als würde ich jemandem zuhören, der ganz leise

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