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Schlag auf Schlag

Schlag auf Schlag

Titel: Schlag auf Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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geschätzte Senator ihn belogen. Was für eine Überraschung. Er hatte Myron für dumm verkauft. Noch eine Überraschung. Win hatte Recht. Myron lag immer daneben, wenn er an das Gute im Menschen glaubte. »Und wie ging's weiter?«
    »Die Gangster des Senators waren sofort da. Offenbar hatten sie den Polizeifunk abgehört. Die Zentrale hat uns dann aufgetragen, hundertprozentig mit ihnen zusammenzuarbeiten. Die Suche nach den beiden Jungs war dann ein echtes Gemeinschaftsprojekt. Ich war ziemlich verblüfft, dass wir sie zuerst entdeckt haben. Normalerweise sind die Mafia-Schläger bei so was besser als wir.«
    Das war Myron klar. Bei so einer Aktion war die Mafia der Polizei in allen Punkten überlegen. Sie kannte sich in der Unterwelt der Stadt besser aus. Sie konnte bessere Preise zahlen. Sie brauchte sich nicht an Regeln, Gesetze oder in der Verfassung garantierte Rechte zu halten. Sie konnte echte Angst verbreiten.
    »Und was ist dann passiert?«, fragte Myron.
    »Wir haben das Gebiet mit Taschenlampen durchkämmt, in Mülltonnen nachgesehen, das ganze Programm. Bullen und Gangster Hand in Hand. Erst haben wir nichts gefunden. Dann haben wir ein paar Schüsse gehört. Henry und ich sind zu einer kleinen Wohnung gerannt, direkt an der Ecke, an der ich auf Yeller geschossen hatte. Aber Senator Cross' Männer waren schon da.«
    Blaine hielt inne. Er beugte sich vor und kratzte Fred kräftig hinter den Ohren. Fred bewegte immer noch nichts, mit Ausnahme des riesigen Schwanzes. Den Hund tätschelnd fuhr Blaine fort: »Tja, und was wir da gefunden haben, wissen Sie.« Er sprach mit leiser, tonloser Stimme. »Yeller war tot. Seine Mutter hielt ihn den Armen. Sie hat sämtliche verschiedenen Phasen durchgemacht. Zuerst hat sie immer wieder seinen Namen gerufen. Manchmal liebevoll. Als wollte sie ihn aufwecken, damit er zur Schule geht. Dann hat sie seinen Hinterkopf gestreichelt, ihn langsam gewiegt und gesagt, er solle weiterschlafen. Wir standen daneben und haben zugesehen. Selbst die Gangster haben sie in Ruhe gelassen.«
    »Und was war mit den Schüssen?«, fragte Myron.
    »Was soll damit gewesen sein?«
    »Haben Sie sich nicht gefragt, woher die kamen?«
    »Doch, ich glaub schon«, antwortete er. »Aber ich dachte, die Geheimdienst-Männer hätten auf Swade geschossen. Ich hab nicht erwartet, dass sie so dumm wären, es zuzugeben, aber ich dachte, sie hätten geschossen.«
    »Ist Ihnen nie in den Sinn gekommen, dass sie Yeller erschossen haben könnten?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Ich habe doch gesagt, dass die Mutter verschiedene Phasen durchgemacht hat.«
    »Ja.«
    »Als ihr klar wurde, das ihr Junge nicht wieder aufwacht, hat sie angefangen, zu schreien und auf die Leute loszugehen. Sie wollte wissen, wer ihren Jungen erschossen hat. Sie wollte dem Mörder in die Augen sehen, dem Killer, der ihren Sohn kaltblütig auf der Straße erschossen hatte. Sie sagte, dass Swade ihren Jungen so hereingeschleppt hätte. Dass er tot war und diese Schusswunden hatte.«
    »Das hat sie alles gesagt? Dass Swade ihn hereingeschleppt hat und dass er schon tot war?«
    »Ja.«
    Stille. Kein Wasserplätschern. Kein Vogelzwitschern. Nicht einmal Schnitzgeräusche. Ein paar Minuten vergingen, dann blickte Blaine auf und kniff die Augen zusammen. »Eiskalt.«
    »Was?«, fragte Myron.
    »Die Mutter. Wenn sie gelogen hat, was den Mörder ihres Sohns angeht. Ich war auch erstaunt darüber, dass das hinterher keine weiteren Auswirkungen hatte. Die Mutter hat überhaupt kein Theater gemacht. Sie ist nicht zur Presse gegangen. Sie hat
    keine Anzeige erstattet. Sie hat nicht einmal eine Erklärung verlangt.« Er schüttelte den Kopf. »Aber wie kann man sie dazu gebracht haben, bei ihrem eigenen Fleisch und Blut so zu reagieren? Wie sind die so schnell an sie rangekommen? Mit Geld? Drohungen? Oder was sonst?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Myron.
    Jimmy Blaines Schnitzerei war fertig. Es war ein Kaninchen. Und es war ziemlich gut. Endlich zwitscherte ein Vogel, doch es war kein schönes Geräusch. Eher ein Krächzen als eine Melodie. Blaine drehte seinen Rollstuhl herum. »Wollen Sie was essen?«, fragte er. »Ich mach mir was zu Mittag.«
    Myron sah auf seine Uhr. Es wurde spät. Er musste ins Büro zurück, damit er den Termin mit Ned Tunwell nicht verpasste. »Danke, aber ich muss los.«
    »Dann kommen Sie ein andermal wieder. Wenn die Sache erledigt ist.«
    »Ja«, sagte Myron.
    Blaine pustete den Holzstaub vom Kaninchen. »Ich

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