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Schlag auf Schlag

Schlag auf Schlag

Titel: Schlag auf Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Zumindest hoffte er, dass es Blaines Einfahrt war. Er sah auf die Uhr. Er hatte reichlich Zeit, mit Jimmy
    Blaine zu reden, um dann rechtzeitig zu seinem Termin mit Ned Tunwell wieder im Büro zu sein.
    Das Haus war malerisch, rustikal und entsprach auch sonst dem, was man mitten in den Poconos erwartete. Die Einfahrt war ein Kiesweg. Auf der Veranda vor dem Haus hielten Dutzende kleiner Holztiere Wache. Das Wetter war drückend, kein Luftzug regte sich. Die Wetterfahne, die amerikanische Flagge, der Schaukelstuhl, die Blätter und Grashalme verharrten so beunruhigend reglos, als wären sie in der Lage, die Luft anzuhalten. Als Myron die Stufen zum Haus hinaufstieg, fiel ihm eine neu aussehende Rollstuhl-Rampe auf, die auch zur Eingangstür führte. Die Rampe wirkte hier so fehl am Platz wie ein Donut in einem Reformhaus. Eine Klingel gab es nicht, also klopfte er.
    Niemand öffnete. Eigenartig. Myron hatte vor zehn Minuten angerufen, gehört wie sich ein Mann meldete und aufgelegt. Vielleicht war er hinten im Garten. Myron ging ums Haus herum. Auf der Rückseite stach ihm der See ins Auge. Ein fantastischer Anblick. Die Reflexion des Sonnenlichts auf dem stillen, ebenfalls beängstigend reglosen Wasser war so hell, dass Myron die Augen zusammenkneifen musste. Ruhig. Friedlich. Myron spürte, wie sich seine Schultermuskulatur entspannte.
    Ein Mann saß in einem Rollstuhl und blickte auf den See hinaus. Zu seinen Füßen lag ein Bernhardiner. Auch der Hund war beunruhigend reglos. Als Myron näher trat sah er, dass der Mann schnitzte.
    »Hi«, rief Myron.
    Der Mann blickte kaum auf. Er trug ein rotes T-Shirt und hatte eine John-Deere-Kappe tief ins wettergegerbte Gesicht gezogen. Seine Beine hatte er trotz der Hitze in eine Decke gehüllt. Neben ihm lag ein schnurloses Telefon. »Hi.« Er schnitzte weiter. Wenn der Besuch ihn überraschte oder er sich gestört fühlte, konnte er das jedenfalls gut verbergen.
    »Schöner Tag«, sagte Myron. Mr. Einnehmender Nachbar.
    »Jep.«
    »Sind Sie Jimmy Blaine?«
    »Jep.«
    Selbst wenn man sich den Rollstuhl wegdachte, war es schwer, sich den Mann auf Streife in den heruntergekommenen Straßen Philadelphias vorzustellen. Andererseits war es hier draußen sowieso schwierig, sich die heruntergekommenen Straßen Philadelphias vorzustellen.
    Schweigen. Keine Vögel, keine Grillen, nur das Geräusch des Schnitzens.
    Nach einer Weile fragte Myron: »Hatten Sie dies Jahr viel Regen hier?« Myron Bolitar. Das Salz der Erde. Mr. Bauernkalender.
    »Ging so.«
    »Ist das Ihr Hund?«
    »Jep. Heißt Fred.«
    »Hi, Fred.« Myron kratzte den Hund hinter den Ohren. Der Hund wedelte mit dem Schwanz, ohne dabei einen anderen Körperteil zu bewegen. Dann furzte er laut.
    »Schönes Plätzchen haben Sie hier«, probiert Myron. Jep, ein netter Plausch zwischen zwei alten Knackern. Eb und Mr. Haney in Green Acres. Jeden Moment würde sich ein blauer Overall an Myrons Körper materialisieren.
    »Mhm.« Schnitz, schnitz.
    »Hören Sie, Mr. Blaine, ich heiße -«
    »Myron Bolitar«, unterbrach Blaine ihn. »Ich weiß, wer Sie sind. Hab Sie erwartet.«
    Er hätte es wissen müssen. »Hat Jake Sie angerufen?«
    Blaine nickte, ohne von seiner Schnitzarbeit aufzublicken. »Er hat gesagt, dass Sie ein sturer Bock sind. Und dass Sie nicht auf ihn hören würden.«
    »Ich habe nur ein paar Fragen.« »Ich habe Ihnen aber nichts zu sagen.«
    »Ich will Ihnen nichts anhängen.«
    Er nickte wieder. »Das hat Jake auch gesagt. Meinte, Sie wären in Ordnung. Meinte, Sie wollen nur ein paar Ungerechtigkeiten wieder gutmachen, sonst nichts.«
    »Was hat er noch gesagt?«
    »Dass Sie Ihre Nase nicht aus Sachen raushalten können, die Sie nichts angehen. Dass Sie ein Klugscheißer sind. Und dass Sie einem mächtig auf den Sack gehen können.«
    »Er hat vergessen, zu sagen, dass ich ein flotter Tänzer bin«, sagte Myron.
    Zum ersten Mal seit Myrons Ankunft hörte Jimmy auf zu schnitzen. »Versuchen Sie die Ungerechtigkeit wieder gutzumachen, die Curtis Yeller angetan wurde?«
    »Ich versuche herauszubekommen, wer ihn getötet hat.«
    »Das ist einfach«, sagte Blaine. »Ich war's.«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    Das brachte Blaine für einen kurzen Augenblick aus dem Konzept. Er musterte Myron von oben bis unten und begann dann wieder zu schnitzen.
    »Können Sie mir erzählen, was damals passiert ist?«, fragte Myron.
    »Der Typ hat eine Kanone gezogen. Ich hab auf ihn geschossen. Das ist alles.«
    »Wie weit

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