Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlag auf Schlag

Schlag auf Schlag

Titel: Schlag auf Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
Vom Netzwerk:
vorwiegend Männer, junge Männer, Söldner, die schnell geopfert werden konnten und leicht zu ersetzten waren - ein scheinbar endloses Meer von ihnen, das auf und ab wogte und im Bürograu des Teppichbodens, identischen Schreibtischen, identischen Drehstühlen, Computern, Telefonen und Faxgeräten aufzugehen schien. Wie es sich für Soldaten gehörte, trugen sie Uniformen - weiße Hemden mit Button-Down-Kragen, Hosenträger, leuchtend bunte Krawatten, die ihnen die Halsschlagadern abdrückten, Ihre Jacketts hatten sie über die Lehnen der identischen Drehstühle gehängt. Es war laut, man hörte Schreie, Klingeln, sogar etwas, das wie Todesgeheul klang. Alles war in Bewegung, Alle rannten wie in Panik hin und her, sie schienen unter Dauerbeschuss zu stehen.
    In gewissem Sinne taten sie das auch, denn dies war eine der letzten Bastionen des wahren Yuppietums, ein Ort, an dem Männer noch die Freiheit genossen, der Religion der Achtziger zu folgen: Gier, rückhaltlose Gier, ohne die Verpflichtung, so tun zu müssen, als hätten sie ein anderes Ziel. Hier gab es keine Scheinheiligkeit. Investmentgesellschaften wollten die Welt nicht verbessern. Ihnen ging es nicht darum, der Menschheit einen Dienst zu erweisen oder etwas zu tun, das für alle von Nutzen war. Dieses Refugium hatte ein einfaches, überschaubares, grundsätzliches Ziel. Geld machen. Punkt.
    Win hatte ein großes Eckbüro mit Aussicht über die Park Street und die 12nd Street. Der beste Ausblick für den Mann, der der Firma das meiste Geld brachte. Myron klopfte an die Tür.
    »Herein«, rief Win.
    Er saß mit gelassenem Gesichtsausdruck im Lotussitz auf dem Boden und hatte Daumen und Zeigefinger jeder Hand zu Kreisen geformt. Meditation. Win meditierte täglich. Ohne Ausnahme. Meist mehr als einmal.
    Aber wie so vieles waren bei Win auch die Momente innerer Versunkenheit ein wenig unkonventionell. Zum einen meditierte er im Gegensatz zu den meisten anderen Meistern mit offenen Augen, Des Weiteren stellte er sich keine idyllischen Wasserfälle oder verträumten Lichtungen im Wald vor, sondern sah sich dabei selbst gemachte Videos an — Videos von sich selbst und einem ausgefallenen Potpourri von Freundinnen in diversen Taumeln der Leidenschaft.
    Myron verzog das Gesicht. »Könntest du das bitte ausmachen?«
    »Lisa Goldstein«, sagte Win, und zeigte auf den Haufen zuckenden Fleisches auf detn Bildschirm.
    »Sicher ist sie ganz bezaubernd.«
    »Ich glaube nicht, dass du ihr je begegnet bist.«
    »Schwer zu sagen«, bekundete Myron. »Weißt du, ich könnte nicht einmal genau sagen, wo sich ihr Gesicht befindet.«
    »Hübsches Mädel. Jüdin, weißt du.«
    »Lisa Goldstein? Sag bloß!«
    Win lächelte. Er öffnete den Lotussitz und erhob sich in einer fließenden Bewegung. Dann schaltete er den Fernseher aus, drückte die EJECT -Taste des Videorecorders und legte die Kassette in eine Hülle mit den Buchstaben L. G. Er ordnete sie bei G zwischen die anderen Videos seinen Eichenschrank ein.
    »Dir ist doch bewusst«, sagte Myron, »dass du ziemlich gestört bist.«
    Win schlöss den Schrank ab. Dr. Diskretion. »Jeder braucht ein Hobby.«
    »Dein Golf-Handicap ist fast Null. In der Kampfkunst bist du ein wahrer Meister, Das sind Hobbys. Das hier ist gestört. Hobbys -gestört. Verstehst du den Unterschied?«
    »Wir fangen an zu moralisieren«, sagte Win. »Wie niedlich.«
    Myron verkniff sich die Antwort. Seit sie gemeinsam in Duke studiert hatten, waren sie schon oft an diesem Punkt angekommen. Weitergebracht hatte es sie nicht.
    Wins Büroeinrichtung war im reinsten, elitären WASP-Stil gehalten. Gemälde einer Fuchsjagd schmückten die holzgetäfelten Wände. Burgunderrote Ledersessel bildeten den perfekten Kontrast zum waldgrünen Teppichboden. Ein antiker Globus aus Holz stand neben einem Eichenschreibtisch, dessen Grundfläche für einen Squash-Court ausgereicht hätte. Der Eindruck - den zu erkennen kein sonderlich feines Gespür erforderte — ließ sich in zwei Worten zusammenfassen: Dicke Kohle.
    Myron setzte sich in einen Ledersessel. »Hast du einen Augenblick Zeit?«
    »Natürlich.« Win öffnete eine Tür in der Bar hinter seinem Schreibtisch. Er nahm ein kaltes Yoo-Hoo aus dem dort verborgenen Kühlschrank und warf es Myron zu. Myron schüttelte die Dose, wie auf der Anleitung beschrieben - Shake! It's Great.' —, während Win sich einen sehr trockenen Martini mixte.
    Myron erzählte Win von dem Polizeibesuch bei Duane Richwood. Win hörte

Weitere Kostenlose Bücher