Schlag auf Schlag
verschränkte die Arme. »Wieso zum Teufel grinsen Sie so?«
Jawohl, höchstens noch eine Minute, dann saß sie bei ihm auf dem Schoß.
»Ich möchte Ihnen ein paar Fragen über die Nacht stellen, in der Curtis gestorben ist«, sagte Myron.
»Wozu? Was haben Sie damit zu tun?«
»Ich versuche, etwas herauszubekommen.«
»Was?«
»Was in der Nacht, in der Ihr Sohn starb, wirklich passiert ist.«
»Sind Sie Privatdetektiv?« »Nein. Nicht direkt.«
Schweigen.
»Sie haben zwei Minuten«, sagte sie. »Keine Sekunde mehr.«
»Die Polizei behauptet, Ihr Sohn hätte einen Beamten mit einer Pistole bedroht.«
»Das haben sie gesagt.«
»Hat er das getan?«
Sie zuckte die Achseln. »Glaub schon.«
»Besaß Curtis eine Pistole?«
Noch ein Achselzucken. »Ich glaub schon.«
»Haben Sie sie in dieser Nacht gesehen?«
»Weiß ich nicht.«
»Hatten Sie die Waffe vorher schon einmal gesehen?«
»Möglich. Weiß ich nicht.«
Junge, Junge, das lief ja wie am Schnürchen. »Warum sollten Ihr Sohn und Errol in den Old Oaks Club einbrechen?«
Sie verzog das Gesicht. »Ist das Ihr Ernst?«
»Ja.«
»Was glauben Sie denn? Weil sie etwas mitgehen lassen wollten.«
»Hat Curtis das oft getan?«
»Was?«
»Einbrechen und stehlen.«
Wieder ein Achselzucken. »Einbruch, Raub und was sonst so dazugehört.« Sie klang sachlich. In ihrer Stimme lag weder Scham noch Verlegenheit, keine Überraschung und kein Abscheu.
»Curtis war nicht vorbestraft«, sagte Myron.
Und noch ein Achselzucken. Wenn sie so weitermachte, hatte sie bald Muskelkater in den Schultern. »Da hab ich wohl einen cleveren Jungen großgezogen«, sagte sie.
»Wenigstens bis zu jener Nacht.« Mit einem expliziten Blick auf ihre Armbanduhr fügte sie hinzu: »Ich muss los.« »Mrs. Yeller, haben Sie etwas von Ihrem Neffen Errol Swade gehört?«
»Nein.«
»Wissen Sie, wohin er geflohen ist, nachdem Ihr Sohn von der Kugel getroffen worden war?«
»Nein.«
»Was ist Ihrer Meinung nach mit Errol passiert?«
»Er ist tot.« Wieder ganz sachlich. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen, aber diese Geschichte ist abgeschlossen. Sie ist schon seit langem abgeschlossen. Interessiert doch keinen mehr.«
»Wie ist das mit Ihnen, Mrs. Yeller? Interessiert Sie das?«
»Es ist erledigt. Vorbei.«
»Waren Sie dabei, als die Polizei Ihren Sohn erschossen hat?«
»Nein. Ich bin direkt hinterher dazugekommen.« Ihre Stimme wurde immer leiser.
»Und Sie haben Ihren Sohn auf dem Boden liegen sehen?«
Sie nickte.
Myron reichte ihr seine Visitenkarte. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt...«
Sie nahm sie nicht. »Tut es nicht.«
»Aber falls -«
Myron sagte nichts.
»Können Sie es ändern, Mr. Bolitar?«, fragte sie herausfordernd.
»Nein.«
Deanna Yeller nickte, wandte sich ab und nahm ihre Handtasche. »Ich muss los«, sagte sie. »Wäre nett, wenn Sie dann auch gehen könnten.«
14
Henry Hobman war allein in der Spieler-Loge.
»Hi, Henry«, sagte Myron.
Es spielte noch niemand, trotzdem hatte Henry schon seine kontemplative Trainerhaltung eingenommen. Ohne den Blick vom Platz abzuwenden murmelte er: »Hab gehört, du hast gestern Abend mit Pavel Menansi gesprochen.«
»Und?«
»Bist du unzufrieden mit Duanes Training?«
»Nein.«
Henry quittierte die Antwort mit einem unterdrücktem Nicken. Ende der Unterhaltung.
Duane und sein Gegner Jacques Potiline, ein French-Open- Finalist, kamen auf den Platz. Duane wirkte selbstbewusst wie immer. Keinerlei Anzeichen von Stress. Er nickte Myron und Henry freundlich lächelnd zu. Es war perfektes Tenniswetter. Die Sonne strahlte, aber die kühle Brise, die über den Stadium Court strich, verhinderte, dass es zu schwül wurde.
Myron sah sich auf der Tribüne um. In der Loge nebenan saß eine recht üppige Blondine. Sie trug ein enges weißes Oberteil. Und heute, liebe Kinder, lernen wir das Wort Dekollete. Männer gafften. Myron natürlich nicht. Für so etwas war er viel zu weltgewandt. Als die Blondine sich plötzlich umdrehte, sah sie Myrons Blick. Sie lächelte geziert und winkte ihm kurz zu. Myron winkte zurück. Weiter würde er nicht gehen, aber Mannomann!
Wie aus dem Nichts saß Win plötzlich neben ihm. »Vertu dich mal nicht, sie meint mich.«
»Träum weiter.«
»Frauen finden mich unwiderstehlich«, sagte Win. »Sie haben mich kaum gesehen, schon sind sie scharf auf mich. Es ist ein Fluch, der mich tagtäglich begleitet.«
»Bitte«, sagte Myron. »Ich habe gerade gegessen.«
»Neid ist
Weitere Kostenlose Bücher