Schlag auf Schlag
warten.
Aber worauf wartete er?
Was zum Teufel machte er hier? Jessica erwartete ihn in einer Badewanne mit exotischen Ölen - bei dem Gedanken jubilierte sein Körper vor Sehnsucht - und er stand hier und mimte den Spanner, um seinen Klienten beim...
Beim was?
Was tat er hier eigentlich? Duane hatte ihm von seiner Verbindung zu Valerie Simpson erzählt. Sie hatten eine kurze Affäre gehabt. Wieso kam ihm das seltsam vor? Zwei attraktive Mittzwanziger, die beide Tennis spielten. Warum die ganze Aufregung? Die Rassengeschichte? Das war auch nichts Ungewöhnliches mehr. Hatte er das Dimonte nicht eben erst erklärt?
Warum stand Myron dann hier, das Auge an den Spion gepresst? Duane war ein Klient, Herrgott noch mal, ein wichtiger Klient. Welches Recht hatte Myron, in seine Privatsphäre einzudringen? Und aus welchem Grund überhaupt - weil es seiner Freundin nicht gefiel, dass Duane Affären hatte ? Na und ? Das ging Myron nun wirklich nichts an. Er war nicht Duanes Sozialarbeiter, Bewährungshelfer, Geistlicher oder Psychologe - er war sein Agent. Sein Job bestand darin, so viel wie möglich aus der Begabung eines Klienten herauszuholen, nicht, ein moralisches Urteil zu fällen.
Andererseits, was zum Teufel trieb Duane hier? Vielleicht nutzte er einfach jede sich bietende Gelegenheit? Wieso nicht, kein Problem. Aber ausgerechnet heute Nacht? Das war doch irre. Morgen war der größte Tag seiner Karriere. Ein landesweit live übertragenes Match. Sein erstes Viertelfinale bei den US-Open. Sein erstes Match gegen einen gesetzten Spieler bei einem Grand Slam-Turnier. Die Vorstellung des Nike-Spots. Irgendwie eine komische Nacht für ein romantisches Stelldichein im Hotel.
Duane Richwood, der Wik Chamberlain des Profi-Tennis?
Es gefiel Myron nicht.
Duane hatte schon immer etwas Geheimnisvolles an sich gehabt. Eigentlich wusste Myron so gut wie nichts über seine Vergangenheit. Er war so eine Art Ausreißer gewesen, hatte Duane gesagt, doch wer konnte das schon genau sagen? Warum war er überhaupt abgehauen? Wo war seine Familie jetzt? Myron hatte das Beste aus den Fakten gemacht - hatte Duane als obdachlosen Jugendlichen porträtiert, der darum gekämpft hatte, die Fesseln der Armut abzuschütteln. Aber war das die Wahrheit? Duane schien ein anständiger Kerl zu sein - intelligent, wortgewandt, gute Manieren - doch vielleicht war das alles nur Show? Der junge Mann, den Myron zu kennen glaubte, hätte in einer so wichtigen Nacht nicht in einem fremden Hotelzimmer herumgevögelt - was Myron allerdings wieder auf seine ursprüngliche Frage zurückwarf.
Und wenn schon?
Myron war sein Agent. Punkt. Der Junge hatte reichlich überschlüssiges Talent und ein unglaubliches Gefühl für den Platz. Er sah gut aus und konnte mit Werbeverträgen viel Geld verdienen. Nur das ging einen Agenten etwas an. Das Liebesleben seines Klienten nicht. Auf dem Platz war der Junge ein Traum. Wen interessierte es, wie er sich sonst benahm? Myron hatte sich zu stark in die Sache hineinziehen lassen. Er hatte den Überblick verloren. Er musste sich um sein Geschäft kümmern, und einem seiner wichtigsten Klienten nachzuspionieren, in die Privatsphäre dieses Klienten einzudringen, war kein gutes Geschäftsgebaren.
Er sollte gehen. Er sollte zu Jessica gehen und sie fragen, was sie von der Sache hielt.
Nur noch zehn Minuten.
Es dauerte nur zwei. Er wechselte gerade von einem Auge zum anderen, als die Tür von Zimmer 322 geöffnet wurde. Duane erschien - zumindest sein Rücken. Zwei Frauenarme legten sich um seinen Hals und zogen ihn hinunter. Duane drückte die Frau an sich. Myron konnte das Gesicht der Frau nicht sehen, nur ihre Arme. Er dachte an Wandas Instinkt. Sie war sich so sicher gewesen, hatte diese Möglichkeit vollkommen ausgeschlossen. Myron verstand das. Ihm war das auch passiert. Die Liebe verpasste einem manchmal Scheuklappen.
»Verpasst einem Scheuklappen«, murmelte Myron. »Unglaublich.«
Nachdem sie die Umarmung gelöst hatten, richtete Duane sich auf. Die Arme der Frau verschwanden hinter ihm. Es sah aus, als wollte er gehen. Myron drückte sein Auge fester an den Spion. Fast hätte Myron einen Satz nach hinten gemacht. Einen Moment lang hatte er den Eindruck, dass Duane ihn direkt anschaute, als wüsste er, dass Myron ihn beobachtete.
Wieder fragte sich Myron, was er hier eigentlich wollte. Wenn es Teil seiner Arbeit war, die sexuelle Treue aller von ihm vertretenen Sportler zu prüfen, würde er den Rest seines
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