Schlag auf Schlag
süß.«
Dagegen ließ sich kaum etwas sagen. Eddie vernichtete seinen Gegner 6:0, 6:0, wobei das knappe Ergebnis seiner deutlichen Überlegenheit nicht gerecht werden konnte. Eddies Spiel mangelte es ein wenig an Finesse. Er verließ sich einzig und allein auf seine Kraft. Aber was für Kraft. Sein Schläger zerteilte die Luft wie die Sense des Schnitters. Der Ball schoss von der Saite wie von einer Bazooka abgefeuert. Die Finesse würde noch kommen. Für den Anfang reichte diese ungeheure Power völlig aus.
Nachdem sich die Spieler die Hände geschüttelt hatten, gingen Eddies Eltern auf den Platz.
»Tu mir einen Gefallen«, sagte Myron zu Jess.
»Welchen?«
»Kümmer dich ein paar Minuten um die Eltern. Ich möchte allein mit Eddie sprechen.«
Jess lud Eddies Eltern zum Mittagessen ein. Sie ging mit ihnen zu Racquets Restaurant, von dem man einen Blick auf den Grandstand hatte. Der Junge hatte sich kaum warmgespielt. Myron hatte beim Zuschauen mehr Schweiß vergossen. Mit großen, gemächlichen Schritten ging Eddie entspannt neben ihm her, das Handtuch um den Hals gelegt.
»Ich hab TruPro gesagt, dass ich kein Interesse habe«, sagte Eddie.
Myron nickte. Das erklärte Aarons großzügiges Angebot, Eddie Myron zu überlassen. »Wie haben sie reagiert?«
»Sie waren ziemlich sauer«, sagte Eddie.
»Kann ich mir vorstellen.«
»Ich glaube, ich unterschreibe bei Ihnen«, fuhr Eddie fort.
»Was sagen deine Eltern dazu?«
»Das spielt eigentlich keine Rolle. Beide wissen, dass es meine Entscheidung ist.«
Sie gingen ruhig weiter.
»Eddie, ich muss dir ein paar Fragen über Valerie stellen.«
Er lächelte kurz. »Versuchen Sie wirklich, ihren Mörder zu finden?«
»Ja.«
»Warum?«
»Weiß ich auch nicht. Ich muss einfach.«
Eddie nickte. Die Antwort genügte ihm. »Schießen Sie los.«
»Du bist Valerie zum ersten Mal in Pavels Camp in Florida begegnet?«
»Stimmt.«
»Wie seid ihr Freunde geworden?«
»Waren Sie schon mal in Pavels Tennis-Akademie?«, fragte Eddie.
»Nein.«
»Dann verstehen Sie das vielleicht nicht.« Eddie Crane blieb stehen, strich sich eine Strähne aus den Augen und fuhr fort: »Das klingt jetzt wahrscheinlich absurd - ein sechzehnjähriges Mädchen und ein neunjähriger Junge als enge Freunde. Aber in der Tennisszene ist das ziemlich normal. Man hat keine Freunde in seinem Alter. Das sind Feinde. Val war wohl genau so einsam wie ich. Und wegen der Alters- und Geschlechtsunterschiede waren wir keine Bedrohung füreinander. So hat sich das irgendwie ergeben.«
»Hat sie je von Alexander Cross gesprochen?«
»Ja, oft. Sie sind miteinander gegangen oder so.«
»Hattest du den Eindruck, dass das was Ernstes war?«
Er zuckte die Achseln. Der Ordner prüfte ihre Pässe und ließ sie ein. »Eigentlich nicht. Tennis war ihr Leben. Jungs spielten keine große Rolle.«
»Erzähl mir mehr über Pavels Akademie. Wie lief das da für Valerie?«
»Wie es lief?« Eddie grinste traurig und schüttelte den Kopf. »Das Ganze war wie ein riesiges >King of the Mountain<-Spiel: Jedes Kind versuchte alle anderen Kinder vom Hügel zu stoßen.«
»Und bei den Mädchen war Valerie die Königin?«
Eddie nickte. »Unangefochten.«
»Haben Pavel und Valerie sich gut verstanden?«
»Ja. Jedenfalls am Anfang. Er konnte Val motivieren wie kein anderer. Sie hat stundenlang mit seinen Assistenten trainiert, und dann, wenn man meinte, dass sie keinen Schritt mehr laufen kann, kam Pavel, und Peng! war es wie ein Energieschub. Val war eine tolle Tennisspielerin, aber Pavel wusste, wie man ihr Leistungspotenzial bis aufs Letzte ausreizte. Wenn er in der Nähe war, hat sie alle vom Platz gefegt. Sie ist gesprintet, gesprungen und hat einfach jeden Lob erlaufen. Sie war unglaublich.«
»Und wann ist das umgeschlagen?«
Eddie zuckte die Achseln. »Als sie angefangen hat, zu verlieren.« So, wie er es sagte, schien es das Normalste auf der Welt zu sein.
»Was ist passiert?«
»Ich weiß es nicht.« Er blieb wieder stehen und überlegte. »Ich glaube, das Gewinnen war ihr einfach nicht mehr wichtig. Das geht vielen Spielern so. Irgendwann sind sie ausgebrannt. Sie sind zu schnell unter zu großen Druck geraten.«
»Was hat Pavel getan?«
»Er hat seine ganzen alten Tricks ausprobiert. Immerhin hat Pavel diese gnadenlose Atmosphäre im Camp gefördert. Um die Schwachen auszusieben, hat er mir gesagt. Aber Valerie ist nicht mehr drauf angesprungen. Die meisten Frauen auf der Tour hat sie immer noch
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