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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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völligen Erschöpfung alles abverlangt.
    Würde ich denn überhaupt noch die Chance bekommen, in das Terrain der„Todeszone"jenseits von Lager 3 vorzustoßen?
    Es war erst zehn Uhr, als das Funkgerät sich zu Wort meldete.
Dieses Mal kamen sie mit ihrem Funkspruch viel früher durch als
sonst.
    „Bear, der liebe Gott meint es gut mit Dir. Es ist so weit!" Henrys
Stimme klang aufgeregt. „Der Zyklon hat nach Osten abgedreht. Wir
haben ein Zeitfenster. Ein kleines Zeitfenster. Es heißt, dass in zwei
Tagen in Gipfelnähe wieder mit den Höhenstürmen der Jetstreams zu
rechnen ist. Wie fühlst Du Dich denn so? Hast Du überhaupt noch
genügend Kraft übrig?
    „Juchu, wir steigen auf, prima; ich meine natürlich, es geht mir
gut. Ich kann es noch gar nicht glauben."
    Mit einem Satz war ich aufgesprungen, stolperte über die Zeltspannleinen und stieß einen echten Freudenschrei aus.
    Schließlich waren die letzten fünf Tage die längsten meines Lebens.

     

„Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei
Schriftzeichen zusammen. Das eine bedeutet Gefahr und das andere
Gelegenheit." Dieses Zitat von John F. Kennedy hat mir schon immer
gefallen.
    Wenn ich mein Leben einmal Revue passieren lasse, dann stelle
ich fest, dass ich nach jeder Krise, die ich durchlebt habe, immer stärker war als zuvor. Und nun lag alles, was mich faszinierte, vor mir:
Eine große Gefahr, aber gleichzeitig auch eine große Gelegenheit.
    Ich war noch nie so aufgeregt.
    Neil traf derweil die nötigen Vorbereitungen, um wieder aufzusteigen. Mick war nicht nur überglücklich am Leben zu sein, sondern
er war auch standhaft und vernünftig genug, unten im Basislager zu
bleiben.
    Doch für mich war der große Augenblick gekommen.
    An jenem Abend waren in Lager 2 wieder jede Menge Freunde
versammelt. Denn Neil und Geoffrey waren zusammen mit Michael,
Graham, Karla und Alan aufgestiegen. Doch an Karlas ausgemergeltem Gesicht konnte man ablesen, wie viel Kraft es sie gekostet hatte,
den Khumbu-Eisbruch und das Western Cwm noch einmal zu durchsteigen, um zu Lager 2 zu gelangen.

    Sie war total erschöpft, das war nicht zu übersehen.
    Wer wäre das wohl nicht, wenn er drei Monate lang den Mount
Everest hinauf- und wieder hinuntergeklettert ist und gerade erst wenige Tage zuvor nur 100 Höhenmeter unterhalb vom Gipfel, so kurz
vorm Ziel, umkehren musste?
    Morgen würde der härteste Kampf in unserem Leben beginnen.
    Das Zelt, das ich die ganze Zeit über für mich allein hatte, war in
jener Nacht auf einmal rappelvoll - Neil, Geoffrey und Graham
quetschten sich neben mich - und zudem stapelten sich ringsum noch
Ausrüstung und Seile.
    Ich versuchte, so viel abgekochtes Wasser wie nur möglich in mich
hineinzuschütten. Denn ich wusste, dass ich meinen Flüssigkeitshaushalt bestmöglich auffüllen musste, um die vor mir liegende Aufgabe bewältigen zu können. Ich trank also, was das Zeug hielt. Und
ich pinkelte, doch mein Urin war noch immer dunkelbraun gefärbt.
    Doch auf dieser Höhenstufe war es so gut wie unmöglich, einem
Flüssigkeitsmangel vorzubeugen.
    Mittlerweile war es für uns alle zu einer selbstverständlichen Gewohnheit geworden, in eine leere Wasserflasche zu pinkeln - und das
nicht nur im Dunklen, sondern auch dann, wenn zwischen der Flasche und dem Kopf des Zeltnachbarn nur eine Distanz von wenigen
Zentimetern war. Jeder von uns hatte zwei Flaschen: eine fürs Pinkeln
und eine für Wasser. Im Übrigen war es sehr hilfreich, wenn man ein
verlässliches System entwickelt hatte, um die beiden Flaschen nicht zu
verwechseln.
    Um 22 Uhr musste ich dringend pinkeln - schon wieder. Ich
schnappte meine Flasche, kniete mich hin und füllte sie. Dann
schraubte ich den Deckel drauf - zumindest glaubte ich das -, kroch
in meinen Schlafsack zurück und versuchte, wenigstens ein bisschen
Schlaf zu finden.
    Doch schon bald merkte ich, wie die Feuchtigkeit durch meine
Kleidung drang.
    Das da rf doch jetzt wohl nicht wahr sein.Ich verfluchte mich selbst,
während ich mühsam wieder aus meinem Schlafsack herauskroch
und mich hinkniete.

    Ich schaute an mir herunter und sah, dass der Deckel lose an der
Pinkel-Flasche hing.
    Dunkelbrauner, übel riechender Urin hatte meine ganze Kleidung
und meinen Schlafsack durchtränkt. Ich hatte ganz offensichtlich den
Verschluss nicht richtig draufgeschraubt. Ein bescheuerter Fehler.
Vielleicht war es ja ein Omen für das, was vor mir lag.
    Und mit diesem Gedanken

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