Schlamm, Schweiß und Tränen
mein Vater hatte mir vermittelt, wie schön das Leben ist,
wenn man zusammen Spaß hat und sich zu Hause geliebt und geborgen fühlt - dass man jedoch beinhart und zäh sein muss, falls es die
Situation erfordert. Im Internat in der Prep School, musste ich das alles vergessen und mich komplett umstellen, um neue Wege zu finden,
mit dem Schulleben klarzukommen.
Doch im Alter von acht Jahren stellte ich mich dabei nicht immer
sehr geschickt an.
Ich erinnere mich noch, wie wir alle (wie Gefängnisinsassen!) im Schlafsaal die Tage zählten, bis zu unserem
nächsten „Exeat", unserer offiziellen Beurlaubung, wenn wir übers
Wochenende nach Hause fahren durften.
Menschenskinder, das hat immer eine halbe Ewigkeit gedauert,
bis es endlich so weit war; und dann ratzfatz sind diese fantastischen
Wochenenden nahezu wie im Flug vergangen.
An dem Tag, an dem wir alle nach Hause durften, herrschte eine
unbändige Freude; vor allem wenn ich sah, dass meine Mutter und
mein Vater die allerersten Eltern waren, die auf der Matte standen,
und wenn Paps dann noch seine große Nase an die Fensterscheibe in
unserem Klassenzimmer drückte und Grimassen schnitt. Es war
peinlich, aber einfach himmlisch.
Umgekehrt empfand ich jene Sonntagabende, wenn ich wieder
zur Schule zurückgebracht wurde, als regelrechte Folter. Etwa so, wie
sich jeder einzelne Tag der SAS Selection anfühlte ..., und die waren
richtig übel, ganz im Ernst.
Aber für meinen Vater war es offensichtlich noch weitaus schlimmer als für mich, wenn er mich wieder an der Schule absetzen musste,
was mich zumindest ein klein wenig tröstete. Allerdings verwirrte mich das noch viel mehr, weil ich dadurch umso weniger verstand,
warum man mich überhaupt von zu Hause wegschickte.
Doch was mir am meisten Angst einjagte, war nicht so sehr, dass
ich weit weg war von zu Hause, sondern vielmehr, dass die anderen
mich schikanierten.
Immerhin hatte es ganz den Anschein, als würde sich der eine oder
andere Schulhofrabauke bevorzugt ein paar wehrlose und völlig unschuldige Jungs als Zielscheibe herauspicken. Diese Typen machten
ihren unglückseligen Opfern das Leben wahrhaft zur Hölle. Und das
nicht nur körperlich, sondern auch seelisch, indem sie ihre Opfer systematisch fertig machten und sie unaufhörlich und erbarmungslos
ärgerten und piesackten.
Das hat dazu geführt, dass ich als Erwachsener eine tiefe Abneigung gegen derartige Mobbing-Spielchen entwickelt habe. Wenn ich
ein solches Verhalten irgendwo sehe, flippe ich aus.
Ich hatte zwar großes Glück, dass ich als relativ junger Schüler
nicht zur Zielscheibe dieser Rabauken wurde, aber das bedeutete andererseits auch, dass ich lernen musste, mich zu ducken und möglichst keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Doch es ist für Kinder kein schönes Gefühl, wenn sie sich klein machen und verstecken
müssen.
Dabei ist es so, wie mit den meisten unserer Ängste, die wir alle in
unserem späteren Leben mit uns herumtragen: Sie basieren in aller
Regel auf der bloßen Vorstellung, was „passieren konnte oder möglicherweise hätte passieren können" anstatt darauf, was tatsächlich passiert ist.
Doch von den Mobbing-Attacken und der Abwesenheit der Eltern
einmal abgesehen, war das Internatsleben nicht gänzlich schlecht; um
ehrlich zu sein, ich hatte wirklich Glück eine so fantastische Schulbildung zu genießen, und zwar in einer der besten Schulen des Landes.
Der Schulleiter und seine Frau waren wirklich klasse und sie haben sich aufrichtig um jeden Jungen gekümmert und ihn bestmöglich
betreut. Aber eine Schule ist eben eine Schule und der Knackpunkt an
der Schule ist, was passiert, sobald die Lehrer den Schülern den Rücken kehren.
Der große Vorteil am Internat war, dass ich dort weitaus mehr gelernt habe, als mich vor Mobbing-Angriffen zu schützen, denn wir
wurden als Kinder ernsthaft dazu ermuntert, echte kleine Persönlichkeiten zu sein, die ihren eigenen Interessen nachgehen konnten.
So durften wir uns zum Beispiel mit unseren Kumpels zusammen
im angrenzenden Wald einen Unterschlupf bauen, und es wurde auch
großzügig ein Auge zugedrückt, wenn wir heimlich ausgebüxt sind, um
jenseits des Internatsgeländes einen noch viel besseren geheimen Unterschlupf zu bauen. Wir haben Wettkämpfe veranstaltet, wer die härteste
Rosskastanie hat - dafür haben wir unsere Kastanien dann wochenlang
in Essig eingelegt, damit sie so richtig hart wurden - und bei der in
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