Schlamm, Schweiß und Tränen
folglich konnte ich mir ein
paar tolle Abenteuer ausdenken.
Zusammen mit einigen meiner besten Freunde machte ich mich
daran, die alten Eichenbäume auf dem Schulgelände hochzuklettern
und ein paar weit ausladende Äste zu finden, an denen wir uns wie
Affen - ganz hoch oben - zwischen den Bäumen von Ast zu Ast hinund herschwingen konnten.
Es war einfach genial.
Schon bald hatten wir uns hoch oben in den Baumkronen ein echtes Robin-Hood-Baumhaus gebaut, das komplett mit Astschaukeln,
Flaschenzügen und Balancierbalken ausgestattet war.
Wir haben die Themse überquert, indem wir über die Stahlträger
einer Eisenbahnbrücke geklettert sind, und wir haben uns Flöße aus
altem Styropor gebaut und aus einer ausgedienten Badewanne sogar
ein Boot, um damit den Fluss hinunterzufahren. (Doch leider sank
das Boot, weil durch die Überlauföffnung Wasser eindrang, was auf
einen gravierenden Konstruktionsfehler zurückzuführen war. Nicht
vergessen: Boote und Flöße unbedingt vorher testen, ob sie fahrtauglich und wasserdicht sind, bevor man sie in größeren Gewässern
einsetzt.)
Wir haben heimlich die hübschen französischen Mädchen beobachtet, die in der Küche gearbeitet haben, und sogar auf den Dächern
unser Lager aufgeschlagen, von wo aus wir sehr gut den Fußgängerweg einsehen konnten, den sie auf dem Nachhauseweg von der Arbeit benutzten. Wir haben dann immer vergeblich versucht, sie beim Vorbeigehen anzuquatschen.
Neben diesen vielen Kindereien mussten wir zwischendurch auch
hart arbeiten und viel lernen und natürlich eine lächerliche Schuluniform anziehen, die aus einer langen Frackjacke und Weste bestand.
Deshalb habe ich es regelrecht zur Kunstform perfektioniert, schicke
Klamotten wie Schlabberlook aussehen zu lassen, denn seit damals
habe ich eine besondere Vorliebe für hochwertige Kleidungsstücke
entwickelt, die ich für mein Leben gern auf betont legere, fast schlampige Art trage. Diese Marotte hat mir sogar vom stellvertretenden
Schulleiter den Spitznamen „Scug" eingebracht, was im Eton-Slang so
viel heißt wie: „Ein Nichtsnutz und Tunichtgut mit einem ungepflegten
Äußeren. "
Die Schulleitung lehnte es strikt ab, die Zügel in Sachen Kleidung zu lockern, und selbst wenn wir in das benachbarte
Städtchen Windsor laufen wollten, war es Vorschrift, dass wir Jackett
und Krawatte zu tragen hatten.
Diese Kleidervorschrift machte uns zur hervorragenden Zielscheibe für viele einheimische Jungs, denen es offensichtlich einen Riesenspaß machte, wenn sie nachmittags nur so zum Zeitvertreib die „feinen Pinkel" aus Eton „aufmischen" konnten.
Einmal kam es vor, dass ich dringend mal musste und daher beim
McDonald's in Windsor die Örtlichkeiten aufsuchte, die ziemlich
versteckt im hintersten Winkel des Fast-Food-Restaurants im Untergeschoss lagen. Ich wollte gerade die Herrentoilette wieder verlassen,
als plötzlich die Tür in hohem Bogen aufflog und drei streitsüchtig
wirkende Burschen hereinpolterten.
Als sie mich erblickten - diesen schmächtigen Eton-Fatzke in seinem lächerlichen Jackett -, hätte man aufgrund ihres Gesichtsausdrucks fast meinen können, sie wären gerade auf eine Goldader gestoßen. Und tief in meinem Innersten wusste ich, dass ich in der Klemme saß und ganz allein war. (Währenddessen warteten meine Freunde oben im Erdgeschoss auf mich. Manch einer würde auch sagen, sie
wurden dort oben in Schach gehalten.)
Ich versuchte, mich an diesen Typen in Kapuzenpullis vorbeizuquetschen, doch sie hielten mich zurück, schleuderten mich gegen die
Wand und lachten. Anschließend diskutierten sie, was sie noch alles
mit mir anstellen könnten.
Einer der ersten Vorschläge lautete: „Ihn mit dem Kopf in die Toilette stecken und abdrücken". (Na schön, diese Prozedur hatte ich ja
schon ein paar Mal in Eton über mich ergehen lassen müssen, dachte ich
so bei mir.)
Das war okay, damit konnte ich leben.
Dann schlugen sie vor, dass sie vorher noch einen großen Haufen
in die Schüssel setzen könnten.
Jetzt wurde es mir langsam mulmig.
Danach kam der absolute Horror: „Lasst uns doch einfach seine
Schamhaare abrasieren!"
Also, für einen jungen Teenager gibt es wohl keine peinlichere Situation, als wenn herauskommt, dass er überhaupt noch keine Schambehaarung hat. Und ich hatte noch keine.
Das war zu viel.
Ich ging auf die Typen los, schleuderte einen von ihnen gegen die
Wand, stieß den anderen zur Seite, quetschte mich durch
Weitere Kostenlose Bücher