Schlamm, Schweiß und Tränen
verdonnert, eine Woche unserer Sommerferien
damit zuzubringen, Seite für Seite aus unseren Lateinlehrbüchern abzuschreiben.
Es hat funktioniert.
Das gab mir dann endgültig den Rest. Ich verließ die Prep School
mit dem festen Entschluss, dass ich keines meiner Kinder jemals
zwingen würde, gegen seinen Willen von zu Hause wegzugehen, und
dass ich alles Erdenkliche tun würde, damit meine Kinder ohne das
Gefühl von Angst aufwachsen könnten.
Sehr viel schlimmer könnte es auf der Public School sicher auch nicht
sein, oder?, dachte ich.
Zumindest jedoch würde es dort bestimmt keine liebestollen
Töchter des Schulleiters geben, die mich verpetzen.
Das Eton College genießt die zweifelhafte Ehre, die
berühmteste Public School auf diesem Planeten zu sein, aber genau
das macht Eton nicht nur zu einer privilegierten, sondern auch zu einer ziemlich beängstigenden Bildungseinrichtung.
Aber auch hier kommt es hauptsächlich darauf an - wie übrigens
bei den meisten Dinge im Leben -, was man daraus macht.
Für mich war Eton natürlich Furcht einflößend, doch in vielerlei
Hinsicht hat es mich auch entscheidend geprägt.
Verglichen mit vielen anderen Public Schools, hat Eton mehr mit
einer Universität gemeinsam als mit einem College. Außerdem räumt
es seinen Schülern sehr viele Freiheiten ein, unter der Voraussetzung,
dass sie sich als vertrauenswürdig und zuverlässig erweisen. Das gefiel
mir. Ich hatte das Gefühl, dass ich eigenverantwortlich und frei entscheiden konnte, all jene Dinge auszuprobieren, die mir lagen oder
jene Aktivitäten zu betreiben, in denen ich gut war.
Doch ganz am Anfang sah das noch etwas anders aus.
Eton ist zweifellos einer der beängstigendsten Orte, an den man einen schüchternen dreizehnjährigen Jungen überhaupt schicken kann.
Ich war total begeistert, hatte gleichzeitig aber auch entsetzliche
Angst.
(Durch meine zahlreichen Expeditionen und Missionen kenne ich
mich inzwischen mit solchen Gefühlen bestens aus, doch damals war
das für mich absolutes Neuland.)
Zu meiner großen Erleichterung war ich aber nicht der einzige
arme Tropf, der bei seiner Ankunft ein solches Gefühlschaos durchmachte. Ich hatte echt großes Glück, dass ich in einem beliebten
„House" untergebracht war, wo ich jede Menge lustige Leute um mich
hatte, denn das war der ausschlaggebende Faktor für meine Zeit im
Eton College.
Ich habe sehr schnell ein paar tolle Freunde gefunden, die seit jener Zeit zu meinen engsten Kumpels gehören. Diese Freundschaften
wurden sozusagen in den Schützengräben geschlossen, denn es gibt
einfach nichts, wodurch man schneller Freunde gewinnt, als wenn
man sich entweder gemeinsam gegen Raufbolde behaupten oder vor
ihnen fliehen muss.
Es ist schon recht eigenartig, wie klein und unbedeutend man sich
fühlen kann, wenn man als Neuzugang in Eton ankommt. Die anderen Schüler dagegen sehen aus wie Götter und Giganten.
Testosteron-gesteuerte, masturbierende Riesen, die sich schon rasieren müssen.
In jedem „House" wohnen 50 Jungs in allen Altersgruppen von 13
bis 18, und alle leben zusammen in diesem Haus.
Gleich am Anfang wird jeder Neuling einzeln in den Gemeinschaftsraum der ältesten Jungs beordert (auch Bibliothek genannt)
und muss sich dort einer absonderlichen Reihe von Ritualen unterziehen, die von den älteren Jungs und deren Launen und perversen Fantasien vorgegeben werden.
Wir wurden nacheinander hereingerufen.
Ich war einer der ersten. Das war gar nicht mal so schlecht, denn
das bedeutete immerhin, dass die älteren Schüler noch nicht so richtig
in Fahrt gekommen waren. Ich kam relativ glimpflich davon, denn
ich musste lediglich vorführen, wie man einer Milchflasche einen
Zungenkuss verpasst.
Da ich bisher erst eine einzige Person so geküsst hatte (nämlich die
Tochter des Schulleiters in der Prep School vor einigen Monaten, was
genau genommen in einer kompletten Katastrophe endete), konnte
ich bei dieser Milchflasche nicht gerade mit einer Glanzleistung an
virtuoser Zungenakrobatik aufwarten. Die älteren Jungs waren von
meiner Vorführung schnell gelangweilt und entließen mich; ich hatte
die Prüfung bestanden und wurde in die Hausgemeinschaft aufgenommen.
Ich lebte mich recht schnell ein und hatte deutlich weniger Heimweh als noch in der Prep School. Gott sei Dank. Wir hatten jede
Menge Freizeit zur Verfügung und wurden dazu ermuntert, in dieser
Zeit unseren „Interessen" nachzugehen -
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