Schlamm, Schweiß und Tränen
pinkfarbene Sweatshirts trugen und dass das Ganze ziemlich locker und eher als Gaudi
gesehen wurde.
Das Strawberry-Team war ganz nach meinem Geschmack und ich
habe mich sofort angemeldet.
Bei uns war es Brauch, dass derjenige Spieler im Team, der als erster den Schläger schwingen durfte, sich eine bestimmte Menge von
dem Alkohol einverleiben musste, den sich das Team zuvor auf dem
Weg zum Spielort entweder irgendwo gebettelt, geborgt oder gemopst
hatte.
Bei besagtem Spiel war ich der erste Schlagmann. Und von ganz,
ganz unten aus der Cricket-Tasche eines Spielers wurde eine Riesendose Apfelwein hervorgekramt. Ich trank sie in einem Zug aus, nahm
meinen Schläger und ging aufs Spielfeld, stellte mich an der Linie auf
und brachte mich in Position.
Der erste Ball des Tages kam herangedonnert und mit einem kräftigen Schlag schlug ich ihn hoch über die Spielfeldgrenze und konnte
so sage und schreibe sechs Runs erzielen. Genial, dachte ich. Dann
machen wir das doch gleich noch mal.
Der zweite Ball kam angeflogen und bei dem Versuch, wieder einen solchen Wahnsinnstreffer zu landen, verfehlte ich den Ball komplett, drehte mich um die eigene Achse, verlor das Gleichgewicht und
fiel auf die Stäbe meines Wickets. Ausgeschieden!
Als ich zum Clubhaus zurückging und mich an den Spielfeldrand
setzte, bemerkte ich ein hübsches Mädchen in einem luftigen Sommerkleid, das an einer Dose Cola nippte und mir zulächelte. Wenn ich nicht schon vom Apfelwein weiche Knie gehabt hätte, dann hätte
ich spätestens jetzt ganz sicher weiche Knie bekommen.
Wir kamen miteinander ins Gespräch und ich erfuhr, dass sie Tatiana hieß und dass ihr Bruder in der gegnerischen Mannschaft mitspielte. Außerdem fand sie meine Geschichte recht amüsant, wie ich
mich mit Schwung ins Aus gehauen hatte.
Zu allem Überfluss war sie schon 20 - also zwei Jahre älter als ich
- und ging nicht auf eine Klosterschule, sondern studierte an einer
deutschen Universität.
Am nächsten Tag stand ein schulfreies Wochenende vor der Tür
und ich hatte mir vorgenommen, zusammen mit zehn meiner Schulfreunde zu mir nach Hause zu fahren auf die Isle of Wight. Ich fragte
Tatiana keck, ob sie nicht Lust hätte, uns zu begleiten. (In meinem
Kopf schwirrte es vor lauter Adrenalin und Alkohol und ich konnte
nicht fassen, dass ich mich doch tatsächlich getraut hatte, sie zu uns
einzuladen.)
Sie nahm die Einladung an und noch bevor ich wusste, wie mir
geschah, waren wir auch schon bei mir zu Hause auf der Isle of Wight.
Meine Eltern waren nicht da, und so hatte ich mit meinen Freunden
und diesem hübschen Mädchen - das aus unerfindlichen Gründen
gar nicht genug von mir bekommen konnte - quasi sturmfreie Bude.
Da bewegte ich mich in der Tat auf ganz neuem Terrain.
Wir hatten ein fantastisches Wochenende, denn ich durfte Tatiana
36 Stunden lang ununterbrochen küssen und außerdem schlief sie neben mir in meinem Bett, und das zwei ganze Nächte lang.
Wahnsinn.
Danach musste sie leider wieder zurück nach Deutschland zur
Universität, und damit war diese Geschichte auch schon zu Ende. Ich
denke mal, es war nur eine kurze Liebelei.
Tatsache ist jedoch, dass sich ein solcher Glücksfall nicht allzu oft
an einem reinen Jungengymnasium ereignete. Und wenn, dann musste man das Glück natürlich beim Schopf packen.
Abgesehen von meinem gerade erwachten Interesse
für das weibliche Geschlecht ist in meinen letzten Schuljahren in Eton
aber noch etwas ganz anderes in mir erwacht: Ganz allmählich wuchs
in mir ein starker christlicher Glaube, und das hat mich nicht nur
sehr tief bewegt, sondern dieser Glaube oder diese enge Beziehung zu
Gott hat mich seit jenen Tagen stets begleitet.
Dafür bin ich sehr dankbar. Der Glaube hat mir den nötigen Halt
in meinem Leben gegeben, denn er ist quasi die geheime Quelle, aus
der ich bisher immer die Kraft für meine vielen fantastischen Abenteuer geschöpft habe.
Den Weg zum Glauben fand ich, da war ich gerade erst 16 - an
einem ganz normalen Schultag.
Als kleiner Junge habe ich immer gedacht, dass der Glaube an
Gott die natürlichste Sache der Welt ist. Für mich war der Glaube -
absolut bedingungslos und sehr persönlich - einfach ein großer Trost.
Doch sobald ich in die Schule kam und gezwungen wurde, gefühlte 900 staubtrockene und todlangweilige Gottesdienste und Liturgien in lateinischer Sprache über mich ergehen zu lassen und dem
nicht enden wollenden monotonen Geleier von
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