Schlamm, Schweiß und Tränen
gab es eine Sache, die sich selbst in Eton nie geändert
hat: Ganz gleich, wie intensiv ich mich dort in alle möglichen Aktivitäten gestürzt habe, die nüchterne Wahrheit sah so aus, dass ich es
noch immer nicht erwarten konnte, bis endlich Ferien waren - bis ich
zu Hause bei meiner Mutter, meinem Vater und Lara sein konnte auf
der Isle of Wight.
Denn das war stets der Ort, an dem ich mich wirklich zu Hause
gefühlt habe.
Als ich älter wurde, vergrößerte sich natürlich auch mein Aktionsradius.
Meine Mutter half mir dabei, ein Moped aus zweiter Hand zu erstehen (wenn ich so darüber nachdenke, sah das Ding eigentlich eher
aus, als wäre es bestenfalls aus achter Hand) - so ein richtiges „Seniorenmodell" und dann auch noch in lila. Aber immerhin war es ein
fahrbarer Untersatz, auch wenn es nur 50 Kubik hatte.
Ich bin überall damit herumgekurvt - durch unseren kleinen Ort,
um Freunde zu besuchen und zur Sporthalle in die Stadt. (Ich hatte
eine urige Kraftsporthalle entdeckt, wo ich wahnsinnig gern hingegangen bin, so oft es mir möglich war.) Nachts bin ich mit dem Moped am Strand entlanggedüst und dann die kleinen holprigen Schotterwege hochgeheizt (so gut es sich eben mit einer lilafarbenen
„Senioren"-Mühle heizen lässt.)
Das gab mir das Gefühl von Freiheit.
Mama war immer sehr großzügig zu Lara und mir, als wir noch
Kinder waren, und das hat dazu beigetragen, dass ich eine sehr gesunde Einstellung zum Geld entwickelt habe. Man konnte meiner Mutter nie vorwerfen, dass sie geizig war: Sie war freigiebig, lustig, verrückt und verschenkte ununterbrochen irgendwelche Dinge - ständig. Manchmal war diese letztgenannte Eigenschaft schon ein wenig
ärgerlich für uns (so zum Beispiel, wenn es sich ausgerechnet um einige unserer Sachen handelte, von denen Mama schließlich meinte, dass
sie jemand anderem weitaus mehr nutzen könnten), doch in der
Mehrzahl der Fälle waren wir diejenigen, die von ihrer Großzügigkeit
profitierten, und es war wunderbar, mit einer solchen Einstellung aufzuwachsen.
Durch diese Großzügigkeit sorgte meine Mutter schließlich dafür,
dass wir später als Erwachsene niemals zu sehr auf Geld fixiert waren
beziehungsweise uns vom Geld angezogen fühlten.
Ich habe von ihr gelernt, dass man zuerst etwas geben muss, bevor
man etwas bekommen kann, und dass sich das Geld mit einem Fluss
vergleichen lässt. Denn wenn man versucht, einen Fluss aufzustauen und am Weiterfließen zu hindern (das heißt also, das Geld festzuhalten), dann wird auch das Geld im Leben keine Freude bringen - genauso wie das Wasser in einem aufgestauten Fluss absteht und mit der
Zeit schal wird. Doch wenn man diesen (Geld-)Fluss in Bewegung
hält, indem man Dinge und Geld verschenkt, wo immer sich einem
die Gelegenheit bietet, fließt der (Geld-)Fluss beständig weiter und
versiegt auch nicht.
Mir gefällt sehr gut, was sie einmal zu mir gesagt hat: „Wenn Deine Vorräte scheinbar aufgebraucht sind, dann schau Dich schnell um,
ob es etwas gibt, was Du verschenken kannst." Es ist ein einfaches
Gesetz des Universums: Wer etwas Gutes bekommen will, muss zuerst etwas Gutes geben. (Und dasselbe trifft selbstverständlich auch
auf Liebe und Freundschaft zu.)
Außerdem war meine Mutter sehr tolerant, was meine ziemlich
außergewöhnlichen Ambitionen anging. Als ich durch eine Zeitschrift auf eine Ninjutsu-Schule aufmerksam wurde, war ich fest entschlossen, dorthin zu gehen und mit dem Training zu beginnen. Das
Problem an der Sache war jedoch, dass sich diese Schule am anderen
Ende der Insel befand, und zwar in einer nicht gerade sehr ansprechenden Sporthalle, die zu einer Siedlung mit Sozialwohnungen gehörte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch kein Moped und deshalb
fuhr meine arme Mutter mich jede Woche dorthin ... und wartete
immer, bis ich mit dem Training fertig war. Ich habe mich bei ihr
wohl niemals angemessen dafür bedankt.
Also, Mama, vielen Dank ... für all diese Fahrten und für noch so
vieles andere mehr.
Übrigens, das Ninjutsu-Training hat sich so manches Mal als äußerst nützlich erwiesen.
Auf der Isle of Wight aufzuwachsen hatte für
mich sehr viele Vorteile, aber besonders toll fand ich immer die Winterzeit, wenn auf der Insel Ruhe einkehrte: Das Wetter war stürmisch
und das Meer aufgewühlt.
Das gefiel mir - denn dann konnte ich nach Herzenslust klettern
und trainieren und all meinen Aktivitäten draußen in der freien Natur nachgehen, auf
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