Schlamm, Schweiß und Tränen
sehr viel Kraft gegeben und mir dabei geholfen, stark zu sein, auch
wenn ich mich oft ziemlich schwach gefühlt habe. Daher ist es auch
nicht verwunderlich, dass ich in jener Nacht auf dem Baum das Gefühl hatte, als wäre mir etwas ganz Außergewöhnliches widerfahren.
Dort oben hatte ich meine Berufung, meine Lebensaufgabe, gefunden.
Meinen starken Glauben habe ich zum Teil ein paar meiner besten
Schulfreunde zu verdanken, die diesem Glauben insbesondere in der
Anfangszeit Nahrung gegeben haben. Denn seit jenen Tagen haben
meine großartigen Kumpels - Stan, Ed und Tom - mir stets geholfen,
mich geführt und mich unterstützt.
Meine anderen prima Kumpels aus der Schule, wie zum Beispiel
Mick, Al, Watty, Hugo und Sam, waren einfach der Meinung, dass
mein neu gewonnener christlicher Glaube nur eine wahnsinnige Zeitverschwendung wäre, wenn es darum ging, Mädels klarzumachen!
Apropos Mädels klarmachen: Für den Fall, dass Sie sich vielleicht
gefragt haben, wie das mit dem wunderschönen deutschen Mädchen
war, mit dem ich verabredet war - ich habe sie aufgrund meines Glaubens nur geküsst, aber nicht mir ihr geschlafen. (Obwohl ich zugeben
muss, dass ich damals meine ganze Willensstärke aufbieten musste,
um dieser Versuchung zu widerstehen!)
Auch wenn all meine Kumpels dachten, ich wäre völlig bescheuert, so war ich dennoch tief in meinem Innersten fest entschlossen,
nach Möglichkeit meine Jungfräulichkeit für die Frau aufzusparen,
die ich später einmal heiraten würde.
Aber das ist eine ganz andere Geschichte ...
Das war also meine Zeit in Eton und heute
schaue ich mit einem großen Gefühl der Dankbarkeit zurück: Dankbarkeit dafür, dass ich die Chance hatte, eine so großartige Schulbildung zu erhalten und Dankbarkeit dafür, dass mein Vater so verdammt hart gearbeitet hat, damit er es sich leisten konnte, mich dorthin zu schicken.
Ich habe mich bei ihm nie so richtig dafür bedankt, wie ich es eigentlich hätte tun müssen - aber irgendwie hoffe ich einfach, dass er
weiß, wie dankbar ich ihm für alles bin, was er mir gegeben hat.
In Eton habe ich jedoch ein paar wichtige Lektionen fürs Leben
gelernt. Ich habe gelernt, wie wertvoll einige wenige, aber enge Freunde sind und wie immens wichtig diese Freundschaften für unser ganzes Leben sind. Ich habe auch verstehen gelernt, dass das Leben das
ist, was wir daraus machen. Und aufgrund dieser Erkenntnis tragen
wir für unser Leben auch selbst die Verantwortung.
Niemand wird uns diese Verantwortung abnehmen. Denn das ist
die Aufgabe von jedem Einzelnen: Jeder muss hinausgehen, sein Leben in die Hand nehmen und nach seiner Vorstellung leben.
Durch meine Schulzeit in Eton habe ich eine Charaktereigenschaft entwickelt, die - so glaube ich - ganz und gar typisch englisch
ist: Die Einstellung, dass es am besten ist, wenn man ein Typ Mensch
ist, der gern Blödsinn macht und den Clown spielt, der aber, wenn es
wirklich hart auf hart kommt, absolut nicht unterzukriegen ist.
Ich glaube, diese Einstellung lässt sich auf die Mentalität des tollkühnen Helden in dem englischen Theaterstück „The Scarlet Pimpernel" - „Das scharlachrote Siegel" - zurückführen: auf jenes großmütige
Streben, der Held zu sein, der im Verborgenen agiert. (Eigentlich bin
ich mir ziemlich sicher, dass es kein Zufall ist, dass über die Jahre hinweg so viele hochrangige SAS-Offiziere auch ehemalige Eton-Absolventen sind. Wie also lässt sich das erklären, falls der Special Air Service
tatsächlich die höchste Vollendung der Leistungsgesellschaft verkörpern sollte? Denn durch Beziehungen zu alten Schulkameraden schafft
man es nicht, beim SAS aufgenommen zu werden. Das schafft man nur
mit viel Schweiß und harter Arbeit. Allerdings übt der SAS eine starke
Anziehungskraft auf bestimmte Persönlichkeiten und Charaktere aus.
Diese Spezialeinheit bevorzugt besonders die Eigenwilligen, die Einzelgänger und die stillen Talente. Die gab es ebenfalls in Eton.)
Im Grunde genommen ist das ein typisch englisches Ethos: „Sei
fleißig, spiele ausgiebig, sei bescheiden, erledige Deine Arbeit mit allergrößtem Engagement, lach über Dich selbst und manchmal - wenn
es erforderlich ist - kämpfe entschlossen."
Dies waren nicht nur Eigenschaften, die ich an anderen sehr geschätzt habe, sondern gleichfalls Eigenschaften, die ich vermutlich im
Unterbewusstsein auch für mich selbst angestrebt habe - allerdings
ohne dies zu ahnen.
Außerdem
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