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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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all den eifrigen und
frommen Kirchgängern zu lauschen, da kam mir glatt der Gedanke, dass ich die Sache mit dem Glauben wohl irgendwie falsch verstanden
haben musste.

    Vielleicht war die Beziehung zum lieben Gott ja in Wirklichkeit
gar nicht so eng und vertraut, sondern vielmehr wie der Gottesdienst
... ermüdend, voreingenommen, langweilig und unwichtig.
    Die Ironie an dem Ganzen war jedoch: Wenn der Gottesdienst all
dies verkörperte, dann musste der wahre Glaube das Gegenteil sein.
Doch irgendwie hatte ich, ohne groß darüber nachzudenken, das
Gute und Schöne mitsamt dem Langweiligen über Bord geworfen.
Denn wenn schon die Kirche fragwürdig war, so mutmaßte ich, dann
muss es der Glaube wohl auch sein.
    Dieser kostbare, naturgegebene, instinktive Glaube, den ich noch
als kleines Kind hatte, fiel jenem neu gewonnenen Irrglauben zum
Opfer, dass es nun, wo ich doch langsam erwachsen werde, auch an
der Zeit wäre, wie ein Erwachsener zu „glauben".
    Du meine Güte, was weiß denn ein Kind schon vom Glauben?
    In der Schule spielte die ganze Glaubensfrage für mich eine eher
untergeordnete Rolle, und zwar bis zu jenem Zeitpunkt, als mein Patenonkel Stephen starb; sein Tod war für mich letztlich der Auslöser,
noch einmal etwas tiefer zu graben und diesen Glauben wiederzufinden, den ich damals als Kind hatte.
    Aber so ist das im Leben. Manchmal muss zuerst etwas Schlimmes passieren, damit wir uns die Zeit nehmen, darüber nachzudenken, wer wir wirklich sind und worauf es im Leben ankommt.
    Stephen war der allerallerbeste Freund meines Vaters. Für mich
war er wie ein zweiter Vater. Bei jeder Familienfeier war er bei uns zu
Gast und er verbrachte im Sommer auch fast jedes Wochenende bei
uns auf der Isle of Wight, wo er dann mit Paps und mir zum Segeln
ging. Er verstarb ganz plötzlich und völlig ohne Vorwarnung in Johannesburg an einem Herzinfarkt.
    Ich war am Boden zerstört.
    Ich weiß noch, wie ich damals in der Schule eines Nachts auf einen Baum geklettert bin und ganz allein dort oben saß und das kürzeste und aus allertiefstem Herzen kommende Gebet in meinem Leben sprach.

    „Bitte, lieber Gott, hilf mir."
    Ich drehe sonst durch ... und er hat mir geholfen.
    Seit jener Zeit habe ich immer darauf geachtet, dass weder das Leben noch die Pastoren oder die Kirche die Chance hatten, mir diesen
reinen Glauben, den ich wiedergefunden hatte, über die Maßen zu
erschweren. Und je mehr ich über den christlichen Glauben lerne,
desto sicherer bin ich mir, dass er im Grunde ganz einfach zu leben
ist. (In meinem späteren Leben habe ich dann mit großer Erleichterung festgestellt, dass es da draußen durchaus ein paar tolle Kirchengemeinden gibt, wo ich aufrichtige und treue Freunde gefunden habe,
die mir in allen Glaubensfragen weitergeholfen haben.)
    Für mich geht es im christlichen Glauben in erster Linie darum,
dass man sich im Glauben aufgehoben, getröstet, gestärkt und geliebt
fühlt und dass man Vergebung erfährt - doch leider ist diese Botschaft bei den meisten von uns in Vergessenheit geraten, denn in aller
Regel können wir uns nur noch an die frommen Spinner erinnern
oder an die Lobpreisungen des Herrn in den schier endlosen Schulgottesdiensten in der Aula.
    Da kann niemand etwas dafür, so ist das Leben nun mal. Das Einzige, worauf wir achten sollten, ist offen und empfindsam zu bleiben,
damit wir im entscheidenden Augenblick dieses Klopfen an der Tür
unserer Herzen auch hören können.
    Die Ironie an der Sache ist jedoch, dass ich noch nie jemanden getroffen habe, der sich nicht gern geliebt oder aufgehoben fühlen oder
gar Vergebung erwarten würde. Stattdessen habe ich jede Menge Leute getroffen, die eine tiefe Abneigung gegen die Religion haben. Und
das kann ich sehr gut verstehen. Aber auch Jesus konnte das verstehen. Genau genommen konnte er das nicht nur verstehen, sondern er
ging sogar noch einen Schritt weiter. Es scheint vielmehr so gewesen
zu sein, dass Jesus mit der Absicht zu uns gekommen ist, die Religion
zu zerstören und uns das Leben zu schenken.
    Das trifft genau den Kern dessen, was ich als junger Teenager erlebt habe: Jesus Christus kommt, um uns zu befreien, um uns das
Leben in seiner ganzen Fülle zu schenken. Er ist gekommen, um uns
unsere Fehltritte (denn wer von uns hat sich nichts vorzuwerfen) zu vergeben und in unserem Leben der unerschütterliche Fels in der
Brandung zu sein.

    Der Glaube an Jesus Christus hat mir in meinem Leben immer

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