Schlamm, Schweiß und Tränen
bescheuert
darin aus. Um die Katastrophe dann komplett zu machen, meinte
dieser „Freund" auch noch, er müsste mir in allen Einzelheiten schildern, was die beiden im Bett so alles miteinander angestellt hatten.
Igitt.
Damit hatte ich einmal mehr mein mangelndes Talent als Schürzenjäger unter Beweis gestellt.
Es gibt da ein paar Begebenheiten aus
meiner Jugendzeit auf der Insel, an die ich mich noch sehr lebhaft erinnern kann - so zum Beispiel, wenn ich mir meine Schulzeugnisse
angesehen und die Umschläge mit meinen Prüfungsergebnissen geöffnet habe.
Ich habe mir immer sofort den offiziellen Schulbrief geschnappt,
bevor ihn irgendjemand anderes „aus Versehen" hätte öffnen können
und bin damit zum anderen Ende unseres Gartens gespurtet, wo dieser große prächtige Bergahorn stand.
Er hatte ganz tolle Äste, die perfekt angeordnet waren, um sich
wie ein Affe von einem Ast zum anderen zu schwingen. Im Laufe der
Jahre hatte ich diese Art des Kletterns zu einer regelrechten Kunstform perfektioniert, denn ich war in der Lage, in nur wenigen Sekunden die höchsten Äste dieses Baumes zu erklimmen, und von
dort oben hatte ich dann eine atemberaubende Aussicht über den
ganzen Ort.
Keiner meiner Freunde hat sich jemals getraut, mit mir auf diesem
Baum bis ganz nach oben in die Krone zu klettern, weil er immer gefährlich zu schwanken anfing, sobald man sich den letzten Zweigen
ganz oben in der Spitze näherte.
Aber gerade das machte mir großen Spaß.
Hier oben zu sitzen und die Zeugnisse oder Prüfungsergebnisse zu
begutachten, bedeutete, dass ich - unabhängig vom jeweiligen Ergebnis - genügend Zeit und Raum hatte - um die Dinge nüchtern und
mit dem nötigen Abstand zu betrachten.
Okay, da bin ich also wieder durch eine Matheprüfung gerasselt und
der Lateinlehrer meint, ich müsste unbedingt damit aufhören „während
des Unterrichts zu kichern oder herumzujaulen wie ein kleiner Hund",
aber von hier oben sieht die Welt doch ganz in Ordnung aus.
Wenn ich dann wieder heruntergeklettert kam, war ich bereit, die
Standpauke über mich ergehen zu lassen.
Doch wenn es um Zeugnisse ging, hatte ich weder von meiner
Mutter noch von meinem Vater irgendetwas zu befürchten. Meine
Noten waren zwar nicht immer alle schlecht, allerdings waren sie definitiv nicht immer alle gut. Aber meine Mutter und mein Vater liebten mich einfach so, wie ich war - bedingungslos -, und das hat mir
in meinem Leben sehr geholfen. Denn das gab mir das Vertrauen,
dass ich einfach ich selbst sein und mich ausprobieren kann.
Ich habe nie Angst davor gehabt, ein anvisiertes Ziel nicht zu erreichen, denn ich wurde nie dafür bestraft, wenn ich es nicht geschafft
habe.
Für mich ging es im Leben schließlich um die Reise - der Weg ist
das Ziel - und um den Spaß und die Abenteuer, die man unterwegs
erlebt. Es ging nie nur um das Ziel an sich, wie zum Beispiel ein erstklassiges Prüfungsergebnis hinzulegen oder in einem Spitzenteam
mitzuspielen. (Paps war selbst immer ein ziemlich hoffnungsloser
Fall, wenn es um sportliche oder akademische Leistungen ging, aber
er hatte dennoch seine Sache gut gemacht und war außerordentlich
beliebt - für mich war das immerhin gut genug.)
Mein Vater hat immer gesagt, das Einzige, worauf es im Leben
wirklich ankommt, ist, dass „man seine Träume verwirklicht und sich
auch um seine Freunde und seine Familie kümmert". Darin bestand
für ihn kurz und bündig der Sinn des Lebens, und ich hoffe sehr, dass
ich diese Botschaft auch an meine Jungs weitergeben kann, wenn sie
aufwachsen.
In diesem Sinne habe ich dann die Zeugnisse in die Tonne getreten und eine herzliche Umarmung bekommen.
Zum Schluss will ich noch eine weitere Begebenheit aus meiner
Jugendzeit auf der Insel erzählen: Eines Tages bin ich zu einem echten
Monsterlauf aufgebrochen und habe mir dabei auf den letzten eineinhalb Kilometern - ich war schon fast zu Hause - eine ziemlich üble
Scheuerwunde in der Leistengegend zugezogen.
Auf den dreizehn Kilometern davor hatte ich zwar gespürt, dass
meine Haut an dieser Stelle wundgescheuert war und schmerzte, aber
jetzt wurden die Schmerzen unerträglich. Kein Mensch war weit und
breit, das Dorf war wie leergefegt; und da es ein lauer Sommerabend
war, zog ich kurzerhand meine Shorts aus und lief die letzten paar
Hundert Meter eben nackt.
Doch kaum hatte ich hundert Meter zurückgelegt, als auch schon
eine Polizeisirene hinter mir ertönte.
Ich
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