Schlamm, Schweiß und Tränen
konnte es nicht fassen.
Das gab's doch wohl nicht, schließlich habe ich während meiner
ganzen Kindheit, die ich hier auf der Insel verbracht habe, nie auch
nur ein einziges Polizeiauto zu Gesicht bekommen. Es gab zwar eine
Polizeistation im Ort, aber die war nie besetzt, denn sie diente lediglich als Stützpunkt, sollte dies jemals erforderlich sein - und ganz gewiss hatte diese Station kein eigenes Einsatzfahrzeug. Die nächstgelegene dauerhaft besetzte Polizeistation lag 30 Minuten entfernt.
Das war Pech im Quadrat.
Das Auto hielt mich an und der Polizeibeamte befahl mir, hinten
einzusteigen: „Aber fix!"
Ich sprang schnell ins Auto und versuchte die Situation zu erklären, doch man sagte mir, ich soll ruhig sein. Ich wäre festgenommen.
Schließlich konnte ich dann doch nach Hause gehen, nachdem
ich mehrfach glaubhaft versichert hatte, dass ich weder ein Flitzer
noch ein Perverser war. Ich zeigte ihnen auch meine blutunterlaufene
Wunde in der Leistengegend als Beweis.
Zum Schluss ließen sie es dann bei einer Verwarnung bewenden
und ich durfte gehen.
Das war's dann also: Ich war als vermeintlicher Exhibitionist festgenommen worden, hatte meine Prüfungen verhauen und es nicht
geschafft, mir eine Freundin anzulachen - doch ich hatte ein großes
Faible für Abenteuer und spürte die Liebe einer großartigen Familie
in meinem Herzen.
Ich war so bereit, wie ich es nur sein konnte, um endlich hinauszuziehen in die große, weite und gefährliche Welt.
In meinem ersten Sommer, nachdem ich
Eton verlassen hatte, wurde mir klar, dass ich mich vorrangig ums
Geldverdienen kümmern musste, wenn ich tatsächlich vorhatte auf
Abenteuerreise zu gehen und etwas von der Welt sehen wollte.
Schon als kleiner Junge wurde ich immer darin bestärkt, Unternehmergeist zu zeigen, entweder indem ich mir auf der Isle of Wight
mit Zeitungaustragen mein Taschengeld verdiente, oder indem ich in
der Schule unseren aus reinem Apfelsaft selbst gemachten Apfelwein
verkaufte. (Tolles Rezept, danke, Watty.)
Also machte ich mich ans Geldverdienen ..., indem ich von Tür
zu Tür gegangen bin, um die Wasserfilter meiner Mutter zu verkaufen. Das war eine mühsame und undankbare Aufgabe, doch ich stellte fest, dass eine hinreichende Anzahl von Freunden meiner Eltern
durchaus genügend Interesse zeigten, um mir eine halbe Stunde ihrer
Zeit zu opfern, damit ich ihnen die Vorteile von chlorfreiem Wasser
demonstrieren konnte.
Allerdings haben die schlecht sitzenden Aufsätze für die Wasserhähne, durch die ich so manche tadellose Küche unter Wasser setzte,
dazu beigetragen, dass mein Gewinn beträchtlich geschmälert wurde, doch ich hielt durch und im Laufe eines Sommers habe ich es geschafft, genügend Geld zu verdienen, dass ich mir ein InterRail-Ticket
kaufen konnte, mit dem ich durch ganz Europa reisen konnte.
Ich schlief in den Zügen und erkundete so manche europäische
Stadt. Doch schon bald war ich ziemlich genervt von dem ganzen
Verkehrslärm in den Städten.
Während ich in Berlin auf Entdeckungstour ging, hatte ich derweil meine Habseligkeiten hinter einer ganzen Reihe von Müllcontainern versteckt, weil ich schließlich nicht mit meinem schweren Rucksack bepackt nach Einbruch der Dunkelheit ins Stadtzentrum marschieren wollte. Als ich zurückkam, sah ich, wie ein Tippelbruder im
Dunkeln vornübergebeugt über meinen Sachen kniete und mein Gepäck durchwühlte.
Ich schrie ihn an und rannte auf ihn und mein Gepäck zu.
In diesem Augenblick zog er das Tauchermesser heraus, das ich in
meinem Rucksack hatte, und fing an, wild vor meiner Nase damit
herumzufuchteln. Zum Glück war er viel zu betrunken, als dass er
mit dem Messer hätte umgehen können, und so gelang es mir, ihm
das Messer mit einem einzigen beherzten Griff abzunehmen und ihn
so zu entwaffnen. Erst danach spürte ich die Angst und den Adrenalinstoß, den diese Situation ausgelöst hatte; ich schnappte meinen
Rucksack und suchte schleunigst das Weite.
Das war der Tropfen, der für mich das Fass zum Überlaufen
brachte. Ich hatte die Nase gestrichen voll von den trostlosen Städten
in Nordeuropa und davon auf Bahnsteigen zu schlafen.
Ich dachte mir, es wäre an der Zeit, zum Strand zu fahren.
Also erkundigte ich mich, wo sich der schönste Badeort in Europa
befindet, der mit dem Zug erreichbar ist und bekam daraufhin immer wieder den Namen St. Tropez zu hören.
Hervorragend.
St. Tropez ist ein kleines Hafenstädtchen in
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