Schlamm, Schweiß und Tränen
die ich inzwischen nicht mehr verzichten konnte.
Im Sommer war dann der Teufel los, denn pünktlich zur Urlaubszeit strömten die Familien mit ihren Kindern von London oder von
noch weiter nördlich auf die Insel und mieteten sich dort Ferienhäuser.
Und mit einem Schlag wimmelte es auf der Insel nur so von Kindern in
meinem Alter, mit denen ich herumalbern, durch die Gegend ziehen
und segeln gehen konnte. Das gefiel mir dann noch viel, viel besser.
Ich habe mit meinen Freunden dann immer ausgemacht, dass wir
uns davonstehlen, sobald es dunkel ist und uns am Strand treffen, um
gemeinsam zu grillen, am Lagerfeuer zu sitzen und so viel Alkohol -
diesen hatten wir uns verbotenerweise angeeignet - in uns hineinzuschütten, wie wir kriegen konnten. (Da wir erst 15 waren, handelte es
sich meistens um eine große Flasche Apfelwein, die einer von uns zu
Hause „stibitzt" hatte, in der Hoffnung, dass seine Eltern nicht bemerkten, dass eine Flasche fehlte.)
Wir saßen dann immer alle am Strand, nahmen einen kräftigen
Schluck aus der Flasche, warfen Steine ins Meer und hatten ein mächtiges Lagerfeuer angefacht. Ich genoss diese Zeit sehr.
Mick Crosthwaite war einer meiner engsten Freunde auf der Insel,
aber nicht nur während der Sommerferien, denn wir waren auch gemeinsam in Eton. Letztlich sind wir auch gemeinsam zum Militär
gegangen, haben gemeinsam den Everest bestiegen und das Nordpolarmeer in einem RIB-Schlauchboot durchquert. Doch unsere
Freundschaft begann bereits damals am Strand.
Mich von zu Hause wegzuschleichen, war relativ einfach. Denn
von meinem Schlafzimmerfester aus führte ein Schrägdach zu einem
Regenrohr und von da aus waren es nur etwa 3,50 Meter, die ich runterrutschen musste, bis ich unten auf dem Rasen ankam.
Ein Spaziergang, verglichen mit meinen Klettertouren in der
Schule.
Mama und Papa kamen immer in mein Zimmer, um mir gute
Nacht zu sagen, dann machten sie beim Hinausgehen das Licht aus
und die Tür zu und schwups war ich auch schon weg.
Die Zeit nachts am Strand war einfach genial. Immerhin bekam
ich als junger Teenager meinen ersten richtigen Kuss von einem Mädchen, das ich wirklich mochte, als wir oben auf den Klippen über dem
Strand auf einer Bank saßen - da war die Welt für mich in allerbester
Ordnung.
Wenn wir mal nicht am Strand waren, dann hingen wir bei irgendeinem Freund zu Hause ab. (Das musste allerdings jemand sein,
dessen Eltern liberaler eingestellt waren als meine und denen es nichts
ausmachte, wenn sich eine Horde Jugendlicher im Obergeschoss bis
morgens früh um vier Filme anschaute. Meine Eltern hätten das - irgendwie ja auch zu Recht - niemals erlaubt.)
Ich kann mich noch an eine Woche erinnern, in der wir auf die
Idee kamen, Strip-Poker zu spielen.
Das ist schon eher nach meinem Geschmack, dachte ich.
Genau genommen spielten wir noch nicht einmal Poker, sondern
das Spiel lief eher folgendermaßen ab: Wer ein As zieht, muss ein Kleidungsstück abgeben. An einem Abend habe ich versucht, die Karten zu manipulieren, damit ich am Ende zusammen mit Stephie - das war
das Mädchen, in das ich total verschossen war - nackt dastehe.
Ich habe die Karten und Asse sorgfältig abgezählt und dann nicht
besonders unauffällig dafür gesorgt, dass ich neben ihr sitzen konnte,
als wir mit dem Spiel anfingen. Doch sehr zu meinem Leidwesen
tauschte sie die Plätze, als sich noch ein weiterer Mitspieler zu uns gesellte und so kam es, dass ich am Ende - zwar peinlich berührt, aber
durchaus selbstbewusst - nackt neben Mick saß. (Das lehrte mich,
wenn man schon mogelt, dann wenigstens richtig.)
Meistens gingen meine Versuche, ein Mädchen für mich zu gewinnen, ziemlich in die Hose.
Wenn ich ein Mädchen wirklich gern hatte, war es jedes Mal so,
dass am Ende ein anderer sie eroberte, und zwar meist deshalb, weil es
für mich unheimlich schwer war, meine Gefühle zu zeigen und mir
ein Herz zu fassen, mich mit ihr zu verabreden.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ein Freund einmal
gegen Ende der Sommerferien auf die Insel kam, um mich zu besuchen und nur 24 Stunden später mit dem Mädchen im Bett verschwand, hinter dem ich während meiner gesamten Ferien her war!
Ich konnte es nicht fassen. Was zum Henker hatte er, was ich nicht
hatte?
Dann fiel mir auf, dass er solche braunen wildledernen CowboyStiefel trug. Also marschierte ich in den Second-Hand-Laden und
kaufte mir auch so ein Paar, allerdings sah ich einfach nur
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