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Schlangenaugen

Schlangenaugen

Titel: Schlangenaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
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und Joseph St. Cloud den Dienst gemeiner Soldaten. André gehörte zu einem Spähtrupp und Joe kümmerte sich mit vier anderen Gefreiten um die Maultiergespanne, die die Kanonen zogen. Seine Verletzung war vollkommen verheilt. Den Dienst in der Armee tat er mit der gleichen stoischen Gelassenheit wie zuvor die Feldarbeit auf der Plantage. Auch hier blieb er ein Einzelgänger, wortkarg zu seinen Kameraden. Umso mehr vermisste Joe die vertrauten Gespräche und die Nähe seines Gefährten, vor allen Dingen am Abend, wenn Ruhe im Camp einkehrte. Bislang hatte die Truppe von Major Ellington Glück gehabt, ein paar kleinere Gefechte mit versprengten Rebellen gab es unterwegs, doch nichts von Bedeutung.
    Ab und zu liefen sich die beiden Freunde über den Weg, saßen gemeinsam mit ihren Kameraden am Lagerfeuer, dennoch ergab sich kaum eine Gelegenheit, um ein Wort allein miteinander zu wechseln. Sie mussten sich jeden dieser kostbaren Augenblicke stehlen.
    Wenn André zum Beispiel mit seinen Leuten zurück kam, half er sogar noch freiwillig bei der Versorgung der Gespanne, nachdem er sein eigenes Pferd versorgt hatte. Er teilte die Futterrationen ein und wartete, bis Joe anfing, die geduldigen Tiere zu striegeln. Dann gesellte er sich dazu, scheinbar, um dem Kameraden zu helfen. Sie wechselten ein paar belanglose Worte, ein flüchtiges Lächeln, doch ihre Blicke sprachen Bände. Ab und zu berührten sich ihre Hände wie zufällig beim Striegeln ein und desselben Maultieres. Eine winzige Sekunde der Intimität. Kein Wunder, dass Ellingtons Einheit die wohl am besten gepflegten Maultiere der gesamten Armee besaß. Dem Major selbst kam es nur darauf an, die vom Oberbefehlshaber angeordneten Stellungen zu erreichen.
    Sie befanden sich gerade mitten in den Bayous von Louisiana, einer gefährlichen Gegend. Doch nicht für Joseph. Mit der Zeit erschien dem ehemaligen Sklaven die Gegend immer vertrauter, und die Sumpfkröten mit ihrem abendlichen Konzert deuteten darauf hin, dass sie sich der Cloudy Moon Plantage unaufhaltsam näherten. Joes Gedanken kreisten immer öfter um Mama Bo und die anderen Sklaven, mit denen er lange Jahre gelebt und gearbeitet hatte. Die Wehmut längst vergangener Kindertage streifte sein Herz und weckte einmal mehr die Sehnsucht nach einem richtigen Zuhause. Nach außen hin ließ er sich nichts anmerken, nur André fiel in diesen Tagen die Traurigkeit  seines Freundes auf. 
    Das Gelände wurde immer unwegsamer. Immer wieder blieben die Wagen stecken und hielten den Vormarsch der Truppe auf. Treibsand und tückische Tümpel hinderten die Menschen und vor allem die Gespanne am Vorwärtskommen, sodass oft Umwege in Kauf genommen werden mussten. Einer dieser Umwege führte sie in einen Hinterhalt der Rebellen. Hinter ihnen erstreckte sich Sumpfgebiet und vor ihnen feuerte eine Handvoll Grauröcke eine plötzliche Salve auf die überraschten Nordstaatler ab.
    Joe, der einen Viererzug Maultiere führte, löste rasch die Deichsel, damit die Zugtiere in Panik fliehen konnten. Vermutlich würden sie nicht weit kommen mit dem schweren Geschirr und eine leichte Kriegsbeute für den Gegner werden. Aber nun musste er an sich selbst denken. Eine Kugel flog pfeifend an seinem Kopf vorbei. Er sprang zur Seite und warf sich hinter die Kanone in Deckung. Doch die versank bereits langsam im schlammigen Boden.
    Aus den Augenwinkeln sah er André auf sich zu robben, die Pistole in der rechten Hand. Er winkte ihn zu sich und streckte die andere Hand nach ihm aus, damit die Kanone ihn nicht mit in die Tiefe ziehen konnte. Joe griff beherzt zu und André zog seinen Freund vorsichtig zu sich heran. Sie wagten kaum, die Köpfe zu heben. Immer wieder zerfetzten Kugeln die Baumrinden um sie herum.
    Es gelang ihnen beiden, sich etwas abseits hinter einer umgestürzten Zypresse mit ausladenden Ästen in Sicherheit zu bringen. Überall um sie herum wurde wild geschossen, obwohl Ellingtons Männer gar kein Ziel fixieren konnten. André und Joe schossen nicht. Sie verhielten sich still, um selbst keine Zielscheibe zu bieten. Vielleicht waren sie Feiglinge, schoss es André durch den Kopf. „ Immerhin, wir sind schließlich auch keine Soldaten. Und das hier ist nicht unser Krieg.“ Gleichzeitig verspürte er ein schlechtes Gewissen, als er daran dachte, dass es im Grunde ein Befreiungskrieg für die Sklaven war und sein Freund gehörte letzten Endes auch dazu. Doch zum Philosophieren blieb keine Zeit. Behutsam zogen sie sich weiter in

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