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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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in der Nähe lebte und arbeitete, von fünf jungen Männern aus meinem Dorf vergewaltigt worden. Vier von ihnen waren vor dem Exeter Crown Court schuldig gesprochen und zu zehn bis fünfzehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Jüngste der Bande, Saul Witcher, war einer Haftstrafe entgangen, weil er erst fünfzehn war, obgleich ihn etliche der anderen als Anführer bezeichnet hatten. Die Geschworenen hatten beschlossen, Saul Glauben zu schenken, als er behauptete, er hätte bei der Vergewaltigung nicht mitgemacht.
    Um vier Uhr kam die Bibliothekarin herunter, um mir zu sagen, dass die Bibliothek demnächst schließen würde. Irgendetwas an der Art, wie ich zusammengesunken am Tisch hockte, verzagt und mit roten Augen, musste ihr Mitleid geweckt haben.
    »Suchen Sie nach etwas Bestimmtem?«, wollte sie wissen und warf einen raschen Blick auf ihre Uhr. Während ich meine Sachen zusammensuchte, erklärte ich kurz, was mich in die Bibliothek geführt hatte.
    »Nun ja, wissen Sie«, meinte sie und winkte mich zur Treppe, »viele Dörfer hatten damals ihre eigenen Gemeindeblätter. Was haben Sie noch mal gesagt, wo Sie wohnen?«
    Ich nannte mein Dorf und sah, wie sie die Stirn runzelte. Wieder sah sie auf die Uhr, dann wandte sie sich von der Treppe ab. »Augenblick«, sagte sie und marschierte zu einem großen Aktenschrank hinüber. Sie zog eine Schublade auf und
suchte darin herum. »Ah ja«, verkündete sie dann, richtete sich auf und schob ihre Brille auf der Nase hoch. »Die St. Birinius Gazette. Erschienen von 1895 bis 1972, jeden Monat. Ich fürchte, die haben wir hier nicht, wir haben einfach keinen Platz, aber eine ältere Dame namens Ruby Mottram besitzt jede einzelne Ausgabe, die jemals veröffentlicht wurde. Bestimmt erlaubt sie Ihnen gern, sie durchzusehen.«
    Das Letzte, wonach mir der Sinn stand, war, noch mehr verstaubte alte Zeitungen durchzugehen, doch die Frau war freundlich und ich nahm die Adresse, die sie für mich aufschrieb.
    Wieder im Auto, schickte ich mich an, nach Hause zu fahren und blickte nur flüchtig auf den kleinen Zettel, den mir die Bibliothekarin aufgedrängt hatte. Die Adresse war ein Altenheim, keine fünf Kilometer entfernt. Selbst das hätte mich nicht in Versuchung geführt. Doch mir war etwas eingefallen, was Violet gesagt hatte.
    »Die Leute, die dabei gewesen waren, haben nicht darüber gesprochen. Nicht einmal Ruby, und die war meine beste Freundin.«
    Ein Mädchen namens Ruby war an dem Abend in der Kirche gewesen, als diese abgebrannt war. Die Ruby auf diesem Zettel wohnte in einem Altenheim; sie konnte durchaus Violets Freundin sein. Archie, Saul und Harry Witcher hatten das Dorf kurz nach dem Brand verlassen. Vier junge Männer waren gestorben, an jenem Abend oder kurz danach. Ich beschloss, Ruby einen Besuch abzustatten.

    Das Copper Beech Residential Home roch nach Urin, synthetischem Lavendel und aus irgendeinem Grund, der sich mir nicht erschließen wollte, nach Sägemehl. Es war ein zweckdienlicher Bau aus den 70ern, und sobald ich über die Schwelle trat, kurz nach halb fünf, war mir klar, dass ich mir lieber eigenhändig die Kehle durchschneiden würde, als jemals an einem solchen Ort zu enden.
    Als wir den Flur hinabgingen, wich das Lavendelaroma dem
Geruch von Bleiche. Doch an der Kante, wo der Fliesenboden an die Scheuerleisten stieß, lag Staub, und jeder Lichtschalter war von einem dunklen Schmutzkreis umgeben.
    Wir kamen an einem Aufenthaltsraum vorbei. Mehrere Frauen und ein Mann saßen entlang der Wände auf Stühlen, die ziemlich unbequem aussahen. Keiner sprach, niemand las, niemand sah fern oder hörte Radio. Einer oder zwei hatten die Augen geschlossen, alle anderen starrten auf einen Punkt ein Stück vor ihnen, und ich fragte mich, was sie wohl sahen, wenn sie denn überhaupt etwas sahen. Es kam mir so vor, als würden ihre Körper verwesen, noch während sie dasaßen, ihre Herzen noch schlugen, die Lungen weiterpumpten.
    »In zwanzig Minuten gibt es Abendessen«, sagte die Frau in Schwesterntracht, die mich am Empfang begrüßt hatte. »Es ist uns lieber, wenn alle Besucher bis dahin gegangen sind. Dann kriegt man sie leichter zur Ruhe.«
    Sie blieb vor einer blassblau gestrichenen Tür stehen. Schrammen verunzierten den unteren Teil, während Schmierstreifen um die Klinke herum die Meinung bestätigten, die ich mir bereits über die Hygienestandards im Copper Beech Home gebildet hatte. Die Pflegerin stieß die Tür auf.
    »Sie haben Besuch,

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