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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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meines Gesichts kaum zu sehen ist.
    Und ich stelle mir vor, wie mein Leben wäre, wenn die Ereignisse jenes Tages vor fast dreißig Jahren nur ein wenig anders abgelaufen wären. Wenn Mum ein bisschen weniger
getrunken, wenn Vanessa einen Augenblick früher geschrien hätte, wenn Dad in seinem Arbeitszimmer gewesen wäre, anstatt im Garten herumzuschlendern. Vielleicht wäre ich gefunden worden – wäre gerettet worden –, bevor es passierte.
    Ich betrachte die unversehrte Seite meines Gesichts: die glatte, braune Haut, das mandelförmige braune Auge, die kleine Nase und den hohen Wangenknochen, und ich denke an das, was hätte sein können.
    Ich sehe die Freundinnen, die ich hätte haben können, wenn ich nicht solche Angst vor anderen Menschen und ihrem unerschöpflichen Vorrat an Grausamkeiten gehabt hätte. Ich würde nicht furchtsam vor dem Augenblick zurückzucken, wenn Fremde mich zum ersten Mal richtig sehen, würde nicht so tun, als würde ich nicht merken, wie gut (oder schlecht) sie ihr Schaudern verbergen. Vielleicht wüsste ich nicht, wie es ist, wenn mit dem Finger auf einen gezeigt, wenn über einen getuschelt wird.
    Vielleicht hätte ich sogar Verehrer gehabt, Freunde, hätte das Schimmern gegenseitiger Anziehung in den Augen eines Mannes gesehen, hätte unter Qualen auf Anrufe gewartet, vor Nervosität vor einem wichtigen ersten Date wäre mir vielleicht beinahe schlecht gewesen. Ich wäre noch keine dreißig und immer noch…
    So viele Leute haben versucht, mir mit der Hoffnung auf eine normale Zukunft Mut zu machen. Nicht jeder Mann interessiert sich nur für das Äußere, Clara, hatten sie gesagt. Du wirst jemanden kennenlernen, der sieht, was für ein wunderschöner Mensch du in deinem Inneren bist. Als ob es einen automatisch zu einem besseren Menschen macht, wenn man schwer entstellt ist. Als müsse das, was im Innern ist, zwangsläufig das wettmachen, was an der Oberfläche schiefgegangen ist.
    Diese gütigen Menschen irren sich. Ich bin innerlich nicht schön. Wie kann ich das sein, wenn die Menschen vor mir zurückschrecken, wenn Betrunkene auf meine Kosten derbe
Witze reißen und Teenager mir spottend und pfeifend auf der Straße hinterherlaufen? Wie kann ich auch nur normal sein, wenn ich Angst habe, Kleider in einem Geschäft zu kaufen, weil niemand mich freiwillig bedienen mag? Wie könnte eine schöne Seele es überleben, ein ganzes Leben lang so behandelt zu werden? Also bin ich nicht schön, innerlich oder äußerlich. Ich habe einen Komplex, so groß wie das britische Empire, wie meine Schwester mir gern und häufig in Erinnerung ruft. Ich bin quälend schüchtern, permanent unbeherrscht und völlig ichbezogen.
    An jenem Abend saß ich lange vor dem Spiegel, lange nachdem Matt bestimmt schon fest eingeschlafen war. Ich saß da und tat so, als sei mein Gesicht unversehrt und vollkommen, als könnte Matt mich nicht als die amüsante Kuriosität betrachten, die ich offensichtlich für ihn darstellte. Sondern als jemanden, den er vielleicht…

28
    Offiziell war der Mittwoch mein freier Tag. Natürlich war dies das erste Mal in vier Jahren, dass ich mir diesen Tag jemals freigenommen hatte, und so musste ich zuerst bei verblüfften, besorgten Mitarbeitern Spießruten laufen, ehe man mir erlaubte, den Hörer aufzulegen und mit dem weiterzumachen, was ich mir für heute vorgenommen hatte.
    Der erste Punkt auf meiner Liste war, Walter ausfindig zu machen. Nach meinem Morgenlauf (pünktlich und zur Abwechslung ohne besondere Vorkommnisse) und einem Besuch bei Violet und Bennie machte ich es mir mit dem Telefon und diversen Telefonbüchern bequem. Ich schlug unter Seniorenheimen, Pflegeheimen, Langzeitpflegeeinrichtungen, Betreutes Wohnen sowie unter Hospize und Geriatrische Kliniken nach, und bald hatte ich eine Liste mit fast 20 Kandidaten zusammen.
    Zwei Stunden später hatte ich mit so ziemlich jeder Einrichtung im Umkreis von 130 Kilometern gesprochen, die als potenzielle neue Bleibe für Walter in Frage kam, oder hatte um Rückruf gebeten. Beim Gespräch mit einem privaten Pflegeheim ganz in der Nähe von Axminster war ich einen Moment lang schon ganz aufgeregt gewesen, als die zuständige Pflegerin bestätigte, dass es dort jemanden namens Witcher gab. Fünf Minuten später fand ich heraus, dass es sich um eine Frau handelte und dass sie in Wirklichkeit Whittaker hieß.
    Um elf Uhr vormittags war mir klar, dass ich durchdrehen würde, wenn ich noch länger am Schreibtisch saß. An

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