Schlangenjagd
Kommen Sie schon, Susan, machen Sie es sich einfacher. Erzählen Sie mir von seinen Plänen.«
Als Teil ihrer Technik ritt Linda ständig darauf herum, wie einfach es sei, ihr Gewissen zu erleichtern, und dass Susan alles zu gewinnen und nichts zu verlieren hatte, wenn sie redete. Hätte Juan die Informationen nicht so schnell haben wollen, Linda hätte sich für eine andere Frage entschieden, eine die keinerlei Konsequenzen nach sich zog, nur um das Gespräch in Gang zu halten. Trotzdem machte sie Fortschritte. Der Trotz, der Susan Donleavys Miene noch vor Minuten beherrscht hatte, wich nun einem Ausdruck der Unsicherheit.
»Niemand wird es je erfahren«, fuhr Linda fort. »Erzählen Sie mir, was er vorhat. Ich nehme an, es ist irgendeine Art von Demonstration, irgendetwas, wobei Merrick Zeuge sein soll. Ist es das, Susan? Sie brauchen nur zu nicken, wenn ich Recht habe.«
Susans Kopf bewegte sich nicht, aber ihre Augen flackerten.
»Sehen Sie, das war doch gar nicht so schwer«, säuselte Linda, als hätte sie es mit einem Kind zu tun, das soeben eine bittere Medizin geschluckt hatte. »Was für eine Art von Demonstration? Wir wissen schon, dass es mit der Erwärmung des Benguelastroms zu tun hat.«
Ein schockierter Ausdruck breitete sich auf Susans Miene aus, und ihr Mund schnappte nach Luft.
»Richtig. Wir haben die Wellenkraftwerke und die Unterwasserheizaggregate gefunden. Sie wurden vor einiger Zeit stillgelegt. Ein Teil von Singers Plan ist also bereits gescheitert, aber das ist im Augenblick gar nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass Sie mir den Rest erzählen.«
Als Susan nicht redete, zuckte Linda übertrieben die Achseln. »Sie vergeuden nur meine Zeit! Ich versuche, Ihnen einen Gefallen zu tun, und Sie wollen nicht einmal sich selbst helfen. Schön. Wenn Sie es tatsächlich so wollen, dann soll es eben so sein. Mr. Smith.« Damit verließ Linda den Frachtraum mit Juan im Schlepptau. Er schloss die Luke und verriegelte sie.
»Mein Gott, du kannst einem richtig Angst machen«, sagte Juan.
Linda sah sich das Kamerabild auf ihrem BlackBerry an und schaute nicht hoch, als sie meinte: »Offenbar nicht genug. Ich hätte gedacht, dass sie zusammenbricht.«
»Was tut sie?«
»Sie bemüht sich, nicht in die Hose zu machen.«
»Warten wir jetzt, bis sich irgendetwas verändert?«
»In einer halben Stunde gehe ich wieder rein«, sagte Linda. »Damit hat sie genügend Zeit, über das nachzudenken, was auf sie zukommt.«
»Und wenn sie dann immer noch nicht reden will?«
»Ohne genügend Zeit, um sie richtig weich zu kochen, habe ich keine andere Wahl, als Drogen einzusetzen, was ich übrigens verabscheue. Es passiert zu leicht, dass der Kandidat anstatt die Wahrheit zu sagen, erzählt, was man hören will.« Linda blickte wieder auf den kleinen Bildschirm. »Andererseits …« Sie hielt eine Hand hoch, die Finger gespreizt, und zählte stumm ab. Als sie den letzten Finger krümmte, begann Susan Donleavy auf der anderen Seite der Luke zu schreien.
»Kommen Sie zurück! Bitte! Ich erzähle Ihnen, was er vorhat!«
Ein Schatten huschte über Lindas Miene. Anstatt mit ihrer Arbeit zufrieden zu sein, erschien sie traurig und enttäuscht.
»Was ist los?«, fragte Juan.
»Nichts.«
»Nun sag schon. Was ist?«
Sie schaute ihn an. »Ich hasse das. Menschen zu zerbrechen, meine ich. Sie zu belügen, um von ihnen zu kriegen, was ich haben will. Irgendwie bin ich nachher innerlich wie tot. Ich dringe in einen fremden Geist ein, um mir irgendwelche Informationen zu verschaffen, und am Ende weiß ich alles über den Betreffenden – wie er denkt, welche Hoffnungen und Träume er hat, jedes Geheimnis, das er niemals mit jemanden hatte teilen wollen. In zwei Stunden werde ich mehr über Susan Donleavy wissen als irgendein anderer Mensch auf dieser Welt. Aber es ist nicht so, als hätte sich ein Freund einem anvertraut. Es ist nichts anderes als ein Diebstahl, ein Diebstahl von Informationen. Und das hasse ich, Juan.«
»Ich hatte keine Ahnung«, sagte er leise. »Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dich nicht darum gebeten.«
»Deshalb habe ich es dir auch nie erzählt. Du hast mich eingestellt, weil ich einen ganz bestimmten Background habe und über Fähigkeiten verfüge, die niemand anders in der Mannschaft hat. Dass ich einen Teil meines Jobs hasse, heißt noch lange nicht, dass ich ihn nicht tun muss.«
Juan legte eine Hand auf ihre Schulter. »Bist du okay?«
»Ja, ja. Ich lasse sie noch ein
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